OEFB Corner 02/2021
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COVERSTORY<br />
MARCEL SABITZER<br />
„Ich muss die<br />
Gruppe mitreißen!“<br />
GEPA-PICTURES.COM<br />
Im Nationalteam hat sich<br />
Marcel Sabitzer zu einem<br />
Antreiber und Leadertyp<br />
entwickelt, der sich für<br />
das Wohl der Mannschaft<br />
einsetzt.<br />
ÖFB CORNER: Beam dich gedanklich mal<br />
zurück in das Flugzeug, als ihr 2016 von<br />
der EURO nach Hause gereist seid. Welcher<br />
Gedanke überwog: Geil, dass ich mit<br />
22 Jahren bei der EURO dabei war, oder<br />
Shit, wir sind viel zu früh ausgeschieden?<br />
MARCEL SABITZER: Im Flieger herrschte<br />
pure Ernüchterung. Die Stimmung war<br />
kaputt, alle waren enttäuscht und dachten<br />
darüber nach, wie das passieren konnte. Ich<br />
auch. Ich habe ja relativ viel gespielt, deswegen<br />
war mir bewusst, dass das Ausscheiden<br />
zum Teil auch an mir lag. Danach wollte ich<br />
nur noch flüchten, zu Hause hätte ich es nicht<br />
ausgehalten.<br />
Wohin?<br />
In die USA. Dort habe ich mich mit ein paar<br />
Kollegen getroffen, David (Alaba) und Kevin<br />
(Wimmer). Wir haben viel geredet, so etwas<br />
geht nicht spurlos an einem vorbei. So weit<br />
kann man gar nicht wegfliegen, als dass es<br />
einen nicht verfolgt.<br />
Deine Situation in Leipzig, wohin du ein<br />
Jahr zuvor gewechselt warst, war dagegen<br />
erfreulich, ihr seid in die Bundesliga aufgestiegen.<br />
Eine aufwühlende Melange …<br />
Echt schwierig, ich kann mich gut erinnern.<br />
Ich kam mit einem sehr guten Gefühl zur<br />
Nationalmannschaft, hatte eine riesige Vorfreude.<br />
Und dann scheidest du sang- und<br />
klanglos aus. Ein Sommer mit gemischten<br />
Gefühlen.<br />
Hätte dir damals jemand prophezeit, wie<br />
die nächsten fünf Jahre verlaufen würden:<br />
CL-Halbfinale, Titelkämpfe, zwei DFB-<br />
Pokal-Finalspiele …<br />
… hätte ich unterschrieben, keine Frage. Es<br />
ging schon verdammt steil nach oben, vor<br />
allem auf Klubebene. Wie ich mich als<br />
Mensch und Fußballer entwickelt habe,<br />
macht mich schon zufrieden. Vor allem aber<br />
bin ich dankbar, dass ich verletzungsfrei<br />
geblieben bin. Das ist das Kapital eines Fußballers,<br />
damit du dich entwickeln kannst.<br />
Schaut man sich die Noten des deutschen<br />
Fachmagazins „kicker“ an, sieht es so<br />
aus, als wärst du von Jahr zu Jahr besser<br />
geworden.<br />
Ich habe mir Noten nie wirklich zu Herzen<br />
genommen, das sind Einzelmeinungen von<br />
Journalisten (grinst). Und manchmal ärgert<br />
es mich auch, weil sich viele Leute von den<br />
Noten leiten lassen. Ich fühle mich gut, habe<br />
speziell in den letzten beiden Jahren Schritte<br />
nach vorn gemacht. Wenn sich das in den<br />
Noten widerspiegelt, ist das ein angenehmer<br />
Nebeneffekt. Ich versuche immer, mich in<br />
den Dienst der Mannschaft zu stellen und<br />
die Aufgaben des Trainers zu erfüllen.<br />
Sehen wir derzeit den besten Marcel<br />
Sabitzer, den es je gab?<br />
Die Frage bekomme ich öfter gestellt, kann<br />
sie aber nie richtig beantworten. Ich fühle<br />
mich wohl, habe Spaß, will weiter befreit<br />
spielen, ohne groß nachzudenken.<br />
Ende April gab es in Leipzig einige Turbulenzen<br />
rund um den Trainerwechsel von<br />
Julian Nagelsmann und Jesse Marsch.<br />
Wie hast du diese Tage erlebt?<br />
Es war wirklich einiges los. Gerade als Kapitän<br />
bekommst du ja manche Sachen mehr<br />
mit, es gab Sitzungen und Gespräche. Es<br />
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CORNER <strong>02</strong>/21