bull_03_06_Luxus
Credit Suisse bulletin, 2003/06
Credit Suisse bulletin, 2003/06
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LUXUS<br />
und auf Sars zurück. Die Erholungen zeigen jeweils eine Abnahme<br />
der Unsicherheit und einen gewissen Nachholeffekt sowie die Zusatznachfrage<br />
wegen Discountangeboten der Tourismusindustrie.<br />
In den letzten zwei Jahren trat die sonst enge Korrelation zwischen<br />
Yen-Kurs und japanischen Auslandsreisen in den Hintergrund, weil<br />
andere Beweggründe (geopolitische Unsicherheit, Nachholeffekte)<br />
vorübergehend dominierten. Diese Korrelation dürfte jedoch in den<br />
kommenden Monaten wieder bestimmend werden und deutet, neben<br />
den übrigen positiven Signalen, auf eine Fortsetzung der Erholung<br />
im Tourismussektor hin, die sich auch positiv auf die Nachfrage nach<br />
<strong>Luxus</strong>gütern auswirkt.<br />
Die geopolitischen Risiken scheinen gegenwärtig zwar abzunehmen,<br />
verharren indessen aber nach wie vor auf hohem Niveau.<br />
Objektiv ist es kaum möglich zu beurteilen, ob die Risiken nun hoch<br />
oder eher gering sind im Vergleich mit andern Zeitperioden; die<br />
subjektiv empfundene Verunsicherung hat aber sicherlich nach<br />
Ende des Irak-Krieges abgenommen und die Risikoaversion an den<br />
Aktienmärkten ist zurückgegangen, wie die substanzielle Outperformance<br />
der einschlägigen Indizes weltweit zeigt. Bezogen auf die<br />
<strong>Luxus</strong>güterindustrie spricht man hier von einem so genannten «feel<br />
Good-factor», der angestiegen ist und zu einer Belebung der Nachfrage<br />
führt.<br />
Sicherheitsrisiken bestehen aber nach wie vor zuhauf: Nordkorea,<br />
Naher Osten, internationaler Terrorismus, um nur einige zu nennen.<br />
Ein grösserer Terroranschlag könnte für die <strong>Luxus</strong>güterindustrie<br />
jederzeit zu einem Rückschlag führen. Anderseits spielen Gewöhnungseffekte,<br />
die in diesem Fall wahrscheinlich zur Folge haben,<br />
dass bei einem nächsten Terroranschlag die Betroffenheit geringer<br />
ist als beim ersten und auch die Reisepläne in geringerem Mass<br />
beeinflusst werden.<br />
Halbjahresresultate bringen positive Überraschungen<br />
Für die Kursentwicklung im <strong>Luxus</strong>gütersektor sind neben den<br />
gesamtwirtschaftlichen Aspekten natürlich auch die Leistungen<br />
der einzelnen Unternehmen entscheidend und das, was sie auf<br />
der Gewinnlinie erreichen. Die Halbjahresresultate haben den Analysten<br />
einen Einblick in den Erfolg der einzelnen Unternehmensstrategien<br />
erlaubt.<br />
An der Spitze steht LVMH – Moët Hennessy - Louis Vuitton – mit<br />
einer Zunahme des Reingewinns im ersten Halbjahr 20<strong>03</strong> gegenüber<br />
der Vorjahresperiode um satte 24 Prozent. Das kommt nicht<br />
von ungefähr, sondern ist der sichtbare Erfolg der Fokussierungsstrategie,<br />
die der Konzern seit über einem Jahr konsequent umsetzt.<br />
Das heisst, dass Einheiten und Marken verkauft werden (zum Beispiel<br />
das Auktionshaus Phillips, der Champagnerhersteller Pommery oder<br />
einige Kosmetikmarken), die nicht zum Kerngeschäft gehören oder<br />
zu wenig fokussiert sind. Zusätzlich wurde die Einzelhandelsdivision<br />
(Kosmetikkette Sephora, Retailkette DFS an grossen Touristendestinationen)<br />
grundlegend restrukturiert.<br />
Die Swatch Group hat auf der Umsatzebene im ersten Halbjahr<br />
20<strong>03</strong> die Markterwartungen und die Konkurrenz deutlich übertroffen.<br />
Im Sektorvergleich unterstreichen die Resultate die unangefochtene<br />
Stellung des Konzerns im Markt für Fertiguhren. Strategisch wurde<br />
in den letzten Jahren das Portefeuille mit Prestigemarken im<br />
obersten Preissegment (Breguet, Blancpain, Glashütte, Jaquet<br />
<strong>Luxus</strong>gütergigant LVMH fokussiert auf Nobelmarken<br />
LVMH ist mit einer Marktkapitalisierung von über 27 Milliarden Euro<br />
der grösste <strong>Luxus</strong>güterkonzern weltweit. 2002 erzielte das Unternehmen<br />
einen Umsatz von 12,7 Milliarden Euro in den Divisionen<br />
Weine & Spirituosen, Mode & Lederwaren, Parfums & Kosmetik,<br />
Uhren & Schmuck und in der Retaildivision.<br />
Der Fokus auf Nobelmarken in der Division Getränke (Dom Perignon,<br />
Moët & Chandon, Krug) hat 2002 zu einem Anstieg der Marge auf<br />
über 33 Prozent geführt. Dieser Anstieg ist auf die Verschiebung<br />
zu Marken mit höheren Margen zurückzuführen.<br />
Das Wachstum der Marke Louis Vuitton hat sich trotz einer zweimaligen<br />
währungsbedingten Preiserhöhung in Japan um sechs<br />
Prozent im Frühjahr und Herbst 2002 weiter beschleunigt. Die<br />
Zuwachsrate liegt im zweistelligen Bereich und die Betriebsgewinnmarge<br />
dürfte bei von der Konkurrenz unerreichten 48 Prozent<br />
liegen. Andere Marken (Donna Karan, Fendi, Céline, Loewe, Marc<br />
Jacobs) in dieser Division sind weniger profitabel und bieten Potenzial<br />
für eine weitere Fokussierung.<br />
Droz) ergänzt, welche sehr hohe Zuwachsraten erzielen und deren<br />
Potenzial noch weitgehend unausgeschöpft ist.<br />
Bulgari hat die Marktteilnehmer ebenfalls positiv überrascht, auch<br />
wenn vor allem Sondereffekte (höhere Bestellungen von Retailern<br />
nach Irak-Krieg und Sars, tieferer Marketingaufwand) dahinter stehen<br />
dürften. Es besteht bei Bulgari die Gefahr, dass die Marke über zu<br />
viele Produkte für den Massenmarkt verwässert wird und sie so ihr<br />
Prestige und ihre Exklusivität schleichend einbüsst.<br />
Richemont ist gegenwärtig in einer Restrukturierungsphase, die<br />
mit relativ hohen Risiken verbunden ist. Das Flaggschiff des Konzerns,<br />
die Marke Cartier, zeigt Anzeichen von Schwäche; eine Neupositionierung<br />
wird zurzeit angestrebt, die Marken Dunhill und Lancel<br />
sind nicht profitabel. Montblanc ist zwar ein gutes Beispiel für<br />
die erfolgreiche Positionierung einer Marke, ausgehend von einer<br />
Produktekategorie in ganz verschiedenen <strong>Luxus</strong>gütersegmenten,<br />
die Resultate des Gesamtkonzerns zeigen jedoch bis jetzt unterdurchschnittliche<br />
Ergebnisse auf der Gewinnlinie.<br />
Diese und weitere Faktoren beeinflussen die Kursentwicklung<br />
einer <strong>Luxus</strong>güteraktie. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass<br />
die Aktien steigen werden, wenn sich ein gutes Weihnachtsgeschäft<br />
abzeichnet. Man kann nur davon ausgehen, dass ein gutes Weihnachtsgeschäft<br />
die Kurse der <strong>Luxus</strong>güteraktien zwar stützt, deren<br />
Verlauf aber von vielen Faktoren abhängig ist.<br />
Es empfiehlt sich zurzeit eine Übergewichtung von <strong>Luxus</strong>güteraktien<br />
im Portefeuille des Anlegers. Diese Empfehlung beruht<br />
einerseits auf einer Beurteilung der allgemeinen Konjunkturentwicklung<br />
weltweit sowie der Zunahme des Tourismus vor allem aus<br />
Asien und Japan, anderseits auf strategischen Entscheiden des<br />
Managements von einigen <strong>Luxus</strong>güterunternehmen, die zu einer<br />
überdurchschnittlichen Gewinnentwicklung in den kommenden Jahren<br />
beitragen können. LVMH und Swatch Group dürften das grösste<br />
Potenzial aufweisen.<br />
❙<br />
Harald Zahnd<br />
Tel. 01 334 88 53, harald.zahnd@credit-suisse.com<br />
Fotos: Gee Ly<br />
20 Credit Suisse Bulletin 6-<strong>03</strong>