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Credit Suisse bulletin, 2003/06
Credit Suisse bulletin, 2003/06
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AKTUELL<br />
Foto: Martin Stollenwerk, Quelle Charts Seiten 29, 30: GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern, Sorgen-Barometer, Stand Oktober 20<strong>03</strong> (N = jeweils ca. 1000)<br />
verursachten Problemen, unter denen<br />
unsere Kinder am meisten zu leiden haben<br />
werden, die Umwelt mit 24 Prozent am<br />
meisten genannt wurde. Mit anderen Worten<br />
scheint die Sorge um die bedrohte Umwelt<br />
zwar vorhanden zu sein, aber immer weniger<br />
als akute Bedrohung der Gegenwart.<br />
Nochmals schlechtere Noten als schon<br />
im Vorjahr müssen sich führende Wirtschaftsleute<br />
und Politiker gefallen lassen.<br />
So gaben 57 Prozent (Vorjahr 53) der<br />
Befragten zu Protokoll, dass sie oft das<br />
Gefühl hätten, die Wirtschaft versage in entscheidenden<br />
Fragen. Bezogen auf die<br />
Politik waren die Oft-Nennungen bei gleicher<br />
Fragestellung 53 Prozent (Vorjahr 49).<br />
Im Sorgenbarometer wird jeweils auch für<br />
alle wichtigen politikrelevanten Institutionen<br />
die Vertrauensfrage gestellt. Dabei sprechen<br />
nur gerade 18 Prozent der Stimmbürgerinnen<br />
und -bürger den politischen Parteien<br />
ihr persönliches Vertrauen aus. Das ist nur<br />
gerade ein Prozent mehr als bei den<br />
Massenmedien mit 17 Prozent. Weniger als<br />
ein Drittel der Bevölkerung vertraut ihren<br />
Vertretern im Nationalrat (30 Prozent) und<br />
Die vollständige Sorgenbarometer-Studie finden<br />
Sie unter www.credit-suisse.com/emagazine<br />
im Ständerat (29 Prozent). Der Bundesrat<br />
bringt es bei ebenfalls sinkender Tendenz<br />
auf 37 Prozent. Nach dem Rekordtief von<br />
2001 (33 Prozent) ist das Vertrauen in die<br />
Banken 20<strong>03</strong> seit letztem Jahr erneut um<br />
sechs auf nunmehr 47 Prozent gewachsen.<br />
Eine vorsichtige Zurückhaltung macht<br />
sich bei der Einschätzung der persönlichen<br />
und allgemeinen Wirtschaftsentwicklung<br />
breit. So gehen 77 Prozent davon aus,<br />
dass es ihnen persönlich in zwölf Monaten<br />
gleich gehen wird wie heute. Dabei sank<br />
die Zahl der Optimisten («geht mir besser»)<br />
von 18 auf 14 Prozent und diejenige der<br />
Pessimisten («geht mir schlechter») von<br />
13 auf 8 Prozent. Als verhalten optimistisch<br />
können die Zahlen bei der allgemeinen<br />
Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
in den kommenden zwölf Monaten<br />
gewertet werden. Dort sank die Zahl der<br />
Pessimisten von 37 auf 22 Prozent. Gleichzeitig<br />
stieg der Anteil der Optimisten von<br />
12 auf 16 Prozent und derjenige der Leute,<br />
die eine gleich bleibende Situation erwarten,<br />
von 44 auf 58 Prozent.<br />
❙<br />
«Die Leute müssen wieder an eine<br />
Zukunft glauben können»<br />
Ständeratspräsident Fritz Schiesser nimmt Stellung zu den Resultaten<br />
des Sorgenbarometers 20<strong>03</strong>. Er wünscht sich für die Schweiz<br />
eine positivere Grundstimmung. Interview: Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />
Daniel Huber: Was war Ihre grösste Sorge im<br />
vergangenen Jahr?<br />
Fritz Schiesser Ganz spontan hätte ich wahrscheinlich<br />
bei der Sorgenbarometer-Befragung<br />
die allgemeine Wirtschaftslage als<br />
meine grösste Sorge angegeben. Natürlich<br />
gehört in dieses Umfeld auch die Arbeitslosigkeit.<br />
Insofern hat mich diese Topplatzierung<br />
nicht so überrascht.<br />
Hat Sie etwas anderes überrascht?<br />
Während ich das Gesundheitswesen noch<br />
so weit vorne erwartet hätte, überrascht<br />
mich zum Beispiel der dritte Platz von AHV<br />
und Altersvorsorge. Auch im Wahlkampf<br />
war es keines der viel diskutierten Themen.<br />
Die Brisanz dieser Problematik wurde unterschätzt.<br />
Vielleicht ging es auch einfach<br />
unter in der ganzen Debatte um die Erhöhung<br />
des AHV-Alters. Weiter vorne hätte ich<br />
eigentlich die Bundesfinanzen erwartet. Dasselbe<br />
gilt für die Globalisierung. Ganz<br />
Der Bauernsohn Fritz Schiesser gehört<br />
mit 49 Jahren bereits zu den erfahrensten<br />
Politikern im Bundeshaus. Der Notar<br />
und Rechtsanwalt schaffte 1990 mit nur<br />
36 Jahren den Sprung vom Glarner Landrat<br />
in den Ständerat, wo er der FDP-Fraktion<br />
angehört. Er wohnt in Haslen, Glarus,<br />
und ist Vater eines neunjährigen Sohnes.<br />
Fritz Schiesser präsidiert 2004 den<br />
Ständerat.<br />
Fritz Schiesser macht<br />
sich Sorgen über das<br />
schwindende Vertrauen<br />
in die politischen<br />
Institutionen.<br />
offenbar wird unsere Wahrnehmung in Bezug<br />
auf Gewichtung dieses Problems weniger<br />
von der Masse der Globalisierungskritiker<br />
als vielmehr von deren Lautstärke geprägt.<br />
Total verblüfft hat mich die schwindende<br />
Sorge um die Umwelt. Dass nur noch<br />
14 Prozent der Schweizer die bedrohte Natur<br />
als eines der wichtigsten Probleme erachten,<br />
hätte ich nie geglaubt.<br />
Wird damit nicht auch das Argument widerlegt,<br />
der heisse Sommer habe zum Wahlsieg<br />
der Grünen beigetragen? Vielleicht haben<br />
es die Grünen geschafft, die gesamten<br />
14 Prozent, welche die Natur als wichtigste<br />
Sorge nannten, zu mobilisieren. Aber der<br />
heisse Sommer scheint tatsächlich nicht so<br />
entscheidend gewesen zu sein, wie viele<br />
meinten.<br />
Obwohl in diesem Jahr nur an zweiter Stelle,<br />
ist das Gesundheitswesen seit Jahren eine<br />
der grössten Sorgen der Schweizerinnen<br />
und Schweizer. Wann bekommen die Politiker<br />
dieses Problem endlich in den Griff? Ehrlich<br />
gesagt könnte ich momentan nicht behaupten,<br />
wir bekämen das Problem nächstens<br />
in den Griff. Da sind Entwicklungen im<br />
Gange, die wir nicht oder nur wenig kontrollieren<br />
können. Dazu gehören der Kostenanstieg<br />
durch den kontinuierlichen Fortschritt<br />
der Medizinaltechnik, die Entwicklung<br />
neuer Medikamente, aber auch demografische<br />
Tatsachen. Die neue Revision des<br />
Krankenversicherungsgesetzes mag diese<br />
Credit Suisse Bulletin 6-<strong>03</strong> 31