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Credit Suisse bulletin, 2003/06
Credit Suisse bulletin, 2003/06
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der weltwirtschaftlichen Erholung mahnen<br />
zur Vorsicht.<br />
Bei den Bauinvestitionen wird die Entwicklung<br />
heterogen verlaufen. Im Wohnungsbau<br />
zeigen sich seit diesem Sommer Lichtblicke.<br />
Sowohl die Zahl der neu erstellten und<br />
im Bau befindlichen Wohnungen als auch<br />
die Baubewilligungen legen wieder etwas zu.<br />
Zudem sollten der tiefe Leerwohnungsbestand<br />
sowie Renditeüberlegungen sich<br />
2004 erfreulich auf die Nachfrage auswirken.<br />
Dagegen wird der kommerzielle Bau durch<br />
Überkapazitäten an Büroräumen, insbesondere<br />
in der Region Zürich, belastet bleiben.<br />
Die grossen Infrastrukturprojekte werden zwar<br />
weitergeführt, zusätzliche Impulse sind aber<br />
wegen der Sparanstrengungen der öffentlichen<br />
Körperschaften nicht in Sicht.<br />
Impulse kommen vom Ausland<br />
Angesichts der gedämpften Aussichten für<br />
die Binnenkonjunktur richten sich die Hoffnungen<br />
auf die Auslandsnachfrage. Sind sie<br />
berechtigt? Seit rund zwei Jahren machen<br />
der Schweizer Exportindustrie ihre grosse<br />
Abhängigkeit von Deutschland, ihre starke<br />
Ausrichtung auf Investitionsgüter und der<br />
hohe Anteil der Finanzwirtschaft am Dienstleistungsexport<br />
zu schaffen. Hier zeichnet<br />
sich eine Wende ab. Deutschland wird sich<br />
aus der Stagnation herausarbeiten, die globale<br />
Investitionsnachfrage wird sich beleben,<br />
und die internationalen Finanzmärkte werden<br />
auf Erholungskurs bleiben. Somit wird die<br />
Exportwirtschaft 2004 unter einem günstigeren<br />
Stern stehen als die vorangegangenen<br />
drei Jahre.<br />
Die Schweizerische Nationalbank (SNB)<br />
wird weiterhin versuchen, die Konjunktur mit<br />
ihrer Geldpolitik zu stützen und Aufwertungsdruck<br />
auf den Franken zu vermeiden. Von<br />
den vier wesentlichen Determinanten der<br />
Geldpolitik – Konjunktur, Preisstabilität,<br />
Wechselkurs und Geldmengenentwicklung –<br />
spricht lediglich letztere für eine gewisse<br />
Straffung der Zügel. Anderseits erwarten wir<br />
für 2004 eine mittlere Inflationsrate, die mit<br />
0,7 Prozent nur sehr geringfügig über dem<br />
diesjährigen Durchschnitt von 0,6 Prozent<br />
liegen wird, und einen Frankenkurs, der<br />
handelsgewichtet an Wert zulegen dürfte.<br />
Vieles spricht somit dafür, dass die SNB die<br />
Zinsen bis ins nächste Jahr hinein tief halten<br />
und nur langsam auf einen restriktiveren<br />
Kurs umschwenken wird.<br />
«Die Schweiz braucht klare<br />
Signale einer Besserung.»<br />
Alois Bischofberger (rechts) und Martin Neff,<br />
Economic and Policy Consulting<br />
Mit einer Zunahme des Bruttoinlandproduktes<br />
um 1 Prozent wird die schweizerische<br />
Wirtschaft ihr Potenzialwachstum im nächsten<br />
Jahr zum vierten aufeinander folgenden<br />
Mal verfehlen. Den Pfad in Richtung eines<br />
höheren Wachstums würde sie vor allem<br />
dann einschlagen, wenn sich die europäischen<br />
Volkswirtschaften dem Wachstumsrhythmus<br />
jenseits des Atlantiks anschliessen<br />
könnten. Das ist nicht sehr wahrscheinlich.<br />
Anderseits würde die Erholung noch<br />
gedämpfter ausfallen, wenn die globalen<br />
Auftriebskräfte, ausgehend von Amerika,<br />
schon in den ersten Monaten 2004 nachliessen<br />
oder wenn die Schweizer Verbraucher,<br />
von Zukunftsängsten gelähmt, ihre Ausgaben<br />
so stark einschränkten, dass daraus ein<br />
Rückgang des realen Konsums resultierte.<br />
Einen solchen Rückgang hat es in den vergangenen<br />
23 Jahren allerdings nur 1993<br />
gegeben. Wir gehen deshalb von einem<br />
positiven, wenn auch schwachen Wachstum<br />
des Konsums aus.<br />
Abgaben dämpfen Konsum<br />
Um die Frage zu beantworten, ob der Konsum<br />
wieder zur alten Form zurückfindet,<br />
muss zunächst Klarheit über den Begriff des<br />
privaten Konsums herrschen. Er hat rein<br />
rechnerisch ein Gewicht von 60 Prozent<br />
am gesamten Bruttoinlandprodukt. Das<br />
unterstreicht seine Bedeutung im Konzept<br />
der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung<br />
(VGR). Zudem ist er über die Zeit betrachtet<br />
weniger schwankungsanfällig als andere<br />
BIP-Komponenten und wirkt so stabilisierend<br />
auf den Konjunkturverlauf.<br />
Wer sich weniger mit statistischen Erhebungskonzepten<br />
und Methoden beschäftigt,<br />
versteht unter privatem Konsum in der Regel<br />
aber nicht genau das, was die Statistik der<br />
VGR schliesslich ausweist. Häufig werden<br />
damit «reine» Konsumausgaben gleich<br />
gesetzt; also Güter und Leistungen, die ein<br />
Konsument in einem Geschäft – ganz nach<br />
seinen Präferenzen – käuflich erwerben<br />
kann. In der Wirtschaftsstatistik spiegelt sich<br />
dieser «reine» Konsum zu einem grossen Teil<br />
in den Detailhandelsumsätzen wider. Doch<br />
die machen nur einen Teil des statistisch<br />
ausgewiesenen privaten Konsums aus. Wo<br />
bleibt also der Rest?<br />
Die Verbrauchserhebung des Bundesamtes<br />
für Statistik liefert erste Hinweise. Abgaben<br />
und «Zwangssparen» schöpfen zum Beispiel<br />
bereits mehr als ein Drittel des Konsumpotenzials<br />
ab. Massgeblich daran beteiligt sind<br />
die Pensionskassen- und andere Versicherungsbeiträge<br />
sowie Steuern und Gebühren.<br />
Mit Blick über die Grenzen ist das Niveau<br />
dieser Abgaben aber weniger besorgniserregend<br />
als die Tatsache, dass ihr Anteil in<br />
den Achtzigern und Neunzigern weit überproportional<br />
zugenommen hat.<br />
Mindestens weitere 20 bis 30 Prozent<br />
der Haushaltsausgaben dürften auf Güter<br />
oder Dienste entfallen, die gewissen Regulierungen<br />
unterliegen. Allein die Miete verschlingt<br />
heute gut 17 Prozent des durchschnittlichen<br />
Bruttohaushaltseinkommens,<br />
netto sind es gar gut ein Viertel. Marktverzerrungen<br />
durch Regulierungen engen die<br />
Wahlmöglichkeiten des Konsumenten bei<br />
seinen Kaufentscheidungen für ein jeweils<br />
bestimmtes Güter- und Dienstleistungsbündel<br />
ein. Alternativen werden eingeschränkt.<br />
In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung<br />
werden damit Konsumausgaben für<br />
Kategorien von Gütern oder Diensten einbezogen,<br />
bei denen nicht mehr von einem<br />
ökonomisch rationalen Kaufentscheid gesprochen<br />
werden kann.<br />
Somit haben wir es mit einer Art «Crowding-out-Effekt»<br />
zu tun – konkret mit der<br />
Verdrängung des autonomen Konsums zu<br />
Gunsten eines mehr oder weniger institutionalisierten<br />
Basiskonsums. Der Effekt wird<br />
noch verstärkt durch den Prozess der zuneh-<br />
Foto: Martin Stollenwerk<br />
48 Credit Suisse Bulletin 6-<strong>03</strong>