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Flensburg Journal - 235 April 2022

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Wissenswertes über Flensburgs Kinos

Puschenkino – ein Begriff, den

heute nur noch die ältere Flensburger

Generation kennt. Woher

diese Bezeichnung kommt? Das

lesen Sie unter anderem im weiteren

Text.

Die Anfänge

Im Jahr 1896 begann Flensburgs

Kinogeschichte: mit der

Kinetoskop-Ausstellung in der

Großen Straße Nr. 1. Mit Edison-Filmvorführapparaten

wurden

Einzelfotobilder in schneller

Folge an einem Okular mit

Vergrößerungsglas am Betrachter

vorbeigeführt.

Am 05. Dezember 1896 zeigten

das Colosseum mit dem

„Animatographen“ und am 06.

Dezember das Tivoli mit dem

„Videographen“ in Kurzfilmen

lebende Bilder. Der Nordische

Hof in der Norderstraße 76 und

die Harmonie in der Toosbüystraße

21 folgten. In den Folgejahren

kamen Wanderkinos

hinzu, die zehnminütige Filme

zeigten. Das erste feste Kino

namens Kosmorama eröffnete

am 08. September 1906 in der

Nikolaistraße 10. Es verfügte

über 123 Sitzplätze, die fest

verschraubt waren, und eine

Ofenheizung sowie elektrische

Beleuchtung. Zur musikalischen

Untermalung der gezeigten

Stummfilme gab es ein Klavier

im Vorführraum. Der Besitzer

war der Aalimporteur und

Fischräucherer Jens Raun.

Bis zum Jahresende 1906 eröffneten

noch vier weitere Kinos:

das Urania auf dem Holm 42,

das Neustädter Biograph Theater

in der Neustadt 42-44, das Electro

Biograph in der Angelburger

Straße 28 und das Walhalla in

der Norderstraße 40-42.

Kino boomt

Da der Kino-Boom anhielt, eröffneten

weitere Kinos in Flensburg.

Das waren das Bioskop

Theater, Holm 11, das Me tropol

Theater, Große Straße 83 und

das Edison Theater, Holm 47, das 1910

als erstes Kino in Flensburg den Einzelfilm

„Onkel Toms Hütte“ zeigte.

Das Palast Theater, Holm 35, war zu der

Zeit mit 230 Plätzen das größte Kino

Flensburgs. Auch in Privatwohnungen

gab es mittlerweile Filmvorführungen.

Im Volksmund nannte man sie passenderweise

Puschenkinos.

Im Jahr 1911 wurde in der Großen Straße

39-41 der Neubau Lichtspielhaus Opera

eröffnet. Später wurde es in Germanica

und danach in Central Tonfilmtheater

umbenannt. Bis 1969, also fast 59 Jahre,

kam es dort zu vielen Filmvorführungen.

In der Harrisleer Straße 3a eröffnete

das Lichtspielhaus Norden. Im Jahr

1917 existierten im gesamten Deutschen

Reich bereits 3.130 Kinos – eine

stattliche Zahl. In Flensburg eröffneten

zwischen den Jahren 1919 und 1921

noch einige weitere Kinos: das Eden,

später Corso, Holm 19/21 und das Colosseum,

Große Straße 12. Im Jahr 1927

kamen das Gloria (später Kammerlichtspiele)

und das Roxy, Norderstraße 45,

hinzu. Des Weiteren gab es die Schauburg,

das spätere Capitol, in der Neustadt

50. Das nun räumlich größte Kino

Flensburgs, das Colosseum in der Großen

Straße 12, bot immerhin 1.000 Sitzplätze.

Der erste Tonfilm „Atlantis“ von

E. A. Dupont wurde am 04. März 1930

im Gloria Palast, Norderstraße 45, gezeigt.

Die Zeit der Klavierbegleitungen

war mittlerweile vorbei. Viele Kinos

schlossen sogar vorübergehend, weil

die Beschaffung der neuen Technik sehr

teuer war. Zu Beginn des Dritten Reichs

wurden im Colosseum häufig NS-Propagandafilme

gezeigt. Viele jüdische

Schauspieler und Regisseure erhielten

Berufsverbot.

Kino – ein beliebtes

Freizeitvergnügen

Nach Kriegsende eröffnete am 24. August

1945 das Colosseum wieder. Es

zeigte den UFA-Film „Die Brücke Noltenius“.

Gut zehn Jahre später kam das

Palast Theater an der Ecke Bismarckstraße/Adelbyer

Kirchenweg dazu, von

1955 bis ins Jahr 2003 als Kino genutzt.

Es folgten die Mürwiker Lichtspiele –

später in Pali umbenannt – bis 1980, das

Programmkino Odeon bis 1986, später

(1996) wurde es umbenannt in das Kino

51 Stufen, das heute noch existiert. Von

1984 bis 2001 gab es das Kino City in

der Toosbüystraße 21. Die letzte Neueröffnung

eines Kinos erfolgte schließlich

im Jahr 2000 mit dem Kinopolis am

ZOB, später umbenannt in Kinoplex und

heute UCI. Das Colosseum schloss 1984

und wurde abgerissen. Das Roxy wurde

später zu einer Diskothek umgebaut.

Früher hatte man die große Auswahl,

wenn man mal ins Kino wollte, heute

gibt es in Flensburg dagegen „nur“ noch

zwei Kinos: das 51 Stufen im Deutschen

Haus und das UCI am ZOB.

Auch die Filmtechnik

entwickelt sich

3D-Filme – den genauen Zeitpunkt habe

ich nicht mehr in Erinnerung – es muss

so Ende 1949/Anfang 1950 gewesen

sein, dass in Flensburg im Urania Kino

die ersten 3D-Filme gezeigt wurden.

Es waren Western, in denen die amerikanische

Armee und Siedler gegen die

Indianer kämpften. Beim Kartenkauf

bekamen die Kinobesucher eine spezielle

Brille ausgehändigt, die ein rotes

und ein grünes Kunststoffglas hatte.

Zur Filmvorführung wurden diese aufgesetzt.

Der Effekt war erstaunlich:

Die Pfeile, Speere und Streitäxte, die

die Indianer verschossen und warfen,

kamen direkt auf die Kinobesucher zugeflogen.

Das Szenario wirkte so echt,

dass die staunenden Zuschauer die

Köpfe zur Seite neigten oder sich sogar

wegduckten. Irgendwann war es damit

vorbei. Seit einigen Jahren sind erneut

Filme in 3D wieder „in“ – allerdings auf

dem neuesten Stand der Technik!

Text: Kurt Tomaschewski

FLENSBURG JOURNAL • 04/2022

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