Flensburg Journal - 235 April 2022
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MITTENDRIN Generation
50 plus
schenkt bekommen hat, und ihn umgehend
auf dem Grund eingepflanzt hat.
Der erwähnte Baum ist ein „bottle brush
tree“, leuchtet feuerrot, und ist ein echter
Hingucker. Der Kontakt zur Familie
in Deutschland ist nie abgerissen, häufig
wurde sich gegenseitig besucht.
Karens aktueller
Deutschlandbesuch
Karens Mutter lebte seit vielen Jahren
in der Nähe von Bielefeld, in Rheda-Wiedenbrück.
Mutter und Tochter
waren in ständigem Kontakt, das Internet
gibt es längst her – neben Telefon
und diversen anderen Kanälen, miteinander
günstig zu kommunizieren. So
bekam Karen natürlich im Laufe des
letzten Jahres mit, dass die Gesundheit
ihrer mittlerweile doch betagt gewordenen
Mutter immer mehr zu wünschen
übrig ließ. Gemeinsam mit ihrem Ehemann
Craig wollte sie die Mutter noch
im Jahr 2021 erneut besuchen und sich
eine Zeitlang um sie kümmern. Die Reisevorbereitungen
waren schon ziemlich
weit vorangeschritten, Anfang Dezember
sollte es losgehen, doch dann
kam den Shuggs die Corona-Pandemie
dazwischen: Ursprünglich wollte Craig
seine Frau einen Monat lang begleiten,
hatte sich schon bei seinem Arbeitgeber
die nötigen Wochen freigenommen,
doch als die neue Corona-Variante Omikron
sich rasend ausbreitete, war ihm
die Reise ins ferne Europa unter den
Umständen doch zu heikel, er fürchtete,
dass man ihn möglicherweise später
nicht so ohne Weiteres wieder in Australien
einreisen lassen würde. So sagte
er schweren Herzens ab, Karen flog allein
nach Deutschland.
„Ich bin froh, dass ich die letzten Wochen
und Monate mit meiner Mutter
verbringen durfte. Sie wurde schwächer
und schwächer, bis sie schließlich
friedlich einschlief. Natürlich bin sehr
traurig über den Tod meiner geliebten
Mutter – doch ich durfte sie auf ihren
letzten Schritten in diesem Leben begleiten.
Das ist mir sehr viel wert, und
ich konnte mich in Ruhe und Frieden
von ihr verabschieden“, erzählt Karen
gefasst.
Vor einigen Tagen fand die Trauerfeier
statt, Karen blieb noch solange an
Mutters letztem Wohnort, um alles
Erforderliche regeln zu können. Einige
Tage wird Karen noch bei ihren Familienangehörigen
hierzulande verbringen,
ehe es in der letzten März-Dekade
per Flugzeug zurück nach Hause, nach
Australien, für sie gehen wird. „Das
Ambulante
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Zuverlässig. Gut. Gepflegt.
wird eine ziemlich anstrengende Tour,
frühmorgens – nach erfolgreichem
PCR-Test – mit dem Zubringer von
Düsseldorf nach Frankfurt, dann von
Frankfurt mit Singapore Airlines nach
Singapur, und schließlich die letzte
Etappe aus der asiatischen Metropole
nach Melbourne!“ Sie kennt die Route
längst zur Genüge, ist dann aber auch
froh, wenn sie endlich wieder australischen
Boden betreten und ihre Liebsten
in die Arme schließen kann!
Deutsche und Australier –
verschiedene Mentalitäten?
Was unterscheidet Deutsche von Australiern?
Karen überlegt, lässt sich Zeit
mit einer Antwort. „Die Deutschen sind
genauer, penibler, halten sich viel eher
und häufiger an vorgegebene Regeln.
Die Aussies sind dagegen entspannter,
lässiger, auch kontaktfreudiger.
Letzteres hat vielleicht mit dem Duzen
zu tun, im Englischen ist jeder „you“,
das Ansprechen und Fragenstellen fällt
einfach leichter.“ Beispiele? „Deutsche
bleiben bei roten Ampeln stehen – auch
wenn weit und breit kein anderer zu sehen
ist. Ähnliches gilt für die Leinenpflicht
für Hunde, bei Nichtbefolgen
wird man gleich auf sein Fehlverhalten
hingewiesen“, schmunzelt Karen. „Andererseits
kann die Lässigkeit der Aussies
einen aber auch nerven, manchmal
würde man sich schon eine gewisse
Ernsthaftigkeit wünschen“, weiß sie
aus eigener Erfahrung. „Doch sind die
Unterschiede oft gar nicht sooo groß –
es gibt überall auf der Welt eben solche
und solche Menschen!“
„Meine australischen Freunde beneiden
mich, wenn ich von Deutschland erzähle
und Fotos und Schnappschüsse herumzeige;
sie sind ganz begeistert von
meinen Flensburg-Fotos, die mittelalterlichen
Häuser in der Innenstadt,
Kopfsteinpflaster – für sie ist
ein Hauch der langen Geschichte
dieser Stadt darin sichtbar.
Umgekehrt beneiden mich die
Deutschen um das Leben in
Australien, die tollen Ozeane,
die Artenvielfalt, die Weite des
Kontinents.“
Welche typisch deutschen Eigenarten
hast Du Dir in „down
under“ bewahrt? „Nun, insbesondere
das Weihnachtsfest
mit seinen Traditionen lebt in
meiner Familie weiter! Auch
wenn Ende Dezember in Australien
Hochsommer herrscht –
mit entsprechenden Temperaturen
– wird Weihnachten wie
früher gefeiert; ich kümmere
mich um unser Festmahl, mit
Rotkohl und Klößen, was beides
dort gar nicht so leicht zu
besorgen ist. Mein Mann Craig
ist für den Glühwein zuständig.
Auch der Tannenbaum und Geschenke
gehören dazu!“
Und Karen ergänzt: „Wir halten
das Deutschtum jetzt nicht
speziell stets hoch, freuen uns
aber immer, wenn wir mal die
Sprache hören, oder mal zufällig
auf deutschsprechende
Menschen treffen. Daneben
bleiben wir durch unsere guten
Kontakte nach Deutschland
immer über Ereignisse auf dem
alten Kontinent auf dem Laufenden.“
Das Flensburg Journal bedankt
sich bei Karen für ein hochinteressantes
und sehr entspanntes
Gespräch – wäre schön, später
mal wieder voneinander zu hören!
Mit Karen schnackte Peter Feuerschütz,
Fotos: B. Nolte, privat
46 FLENSBURG JOURNAL • 04/2022