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BILDUNG<br />

„Ein Minijob ist ein normales Teilzeitverhältnis“<br />

Rechtsberater Torsten Kleine über die Rechte von geringfügig Beschäftigten<br />

Rechtsberater Thorsten Kleine von der Arbeitnehmerkammer.<br />

Foto: Stefan Schmidbauer<br />

Das Modell des Minijobs ist in<br />

Deutschland weit verbreitet. Umso<br />

überraschender ist es, dass mit dieser<br />

Form der Teilzeitbeschäftigung so viele<br />

Irrtümer <strong>und</strong> Unwissenheit verb<strong>und</strong>en<br />

sind. Torsten Kleine ist Rechtsberater der<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen. Im Interview<br />

er<strong>kl</strong>ärt er unter anderem die <strong>kl</strong>assischen<br />

Merkmale eines Minijobs <strong>und</strong> korrigiert<br />

geläufige Irrtümer.<br />

Wie definiert sich der Minijob?<br />

Aus arbeitsrechtlicher Sicht gibt es tatsächlich<br />

keine <strong>kl</strong>are Definition des Begriffs.<br />

Mit dem Teilzeitbefristungsgesetz wird<br />

lediglich <strong>kl</strong>argestellt, dass teilzeitbeschäftigt<br />

auch alle sind, die einer geringfügigen<br />

Beschäftigung nachgehen. Was genau eine<br />

geringfügige Beschäftigung ist, ergibt sich<br />

wiederum aus dem Sozialrecht. Im § 8 SGB<br />

IV heißt es: „Eine geringfügige Beschäftigung<br />

liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt aus<br />

einer Beschäftigung regelmäßig im Monat<br />

nicht 450 Euro übersteigt.“ Diese Definition<br />

spielt auf die Geldgeringfügigkeit an<br />

<strong>und</strong> beschreibt eben jene Art von Beschäftigung,<br />

die oft als 450-Euro-Job bezeichnet<br />

wird. Ein weiteres Merkmal kann zudem<br />

die Zeitgeringfügigkeit sein. Dabei handelt<br />

es sich um jede Beschäftigung, „die innerhalb<br />

eines Kalenderjahres auf längstens<br />

drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer<br />

Eigenart begrenzt zu sein pflegt“. Man kann<br />

also festhalten, dass es zwei Formen von<br />

Minijobs gibt, nämlich einmal nach dem<br />

Entgelt <strong>und</strong> einmal nach der Zeit.<br />

Ein Minijob als Ergänzung zur Vollzeitbeschäftigung:<br />

Ist diese Kombination für<br />

alle Arbeitnehmenden möglich?<br />

Ja, gr<strong>und</strong>sätzlich können alle Arbeitnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit<br />

ausüben. Allerdings stellen sich<br />

dabei mehrere Fragen. Zum einen, ob <strong>und</strong><br />

inwieweit der Minijob Auswirkungen auf<br />

den Hauptberuf hat. Es ist stets ratsam, die<br />

zusätzliche Aufnahme eines Minijobs dem<br />

Arbeitgebenden mitzuteilen.<br />

Hat es steuerliche Konsequenzen, einen<br />

Minijob ergänzend zur Vollzeitbeschäftigung<br />

auszuüben?<br />

Ja, bei den Einnahmen aus einem Minijob<br />

handelt es sich um reguläres steuerpflichtiges<br />

Einkommen. Es gibt jedoch zwei verschiedene<br />

Möglichkeiten der Besteuerung.<br />

Welche sind das?<br />

Die erste Möglichkeit ist die Form, die man<br />

auch von der Vollzeitbeschäftigung kennt,<br />

nämlich über die Lohnsteuerabzugsmerkmale<br />

<strong>und</strong> die Steuerer<strong>kl</strong>ärung. Eine andere<br />

Möglichkeit wäre, den Minijob mit einer<br />

Pauschalbesteuerung zu veranlagen. Praktisch<br />

bedeutet das, mit dem Arbeitgebenden<br />

zu verabreden, dass zwei Prozent vom<br />

monatlichen Bruttolohn pauschal als Steuern<br />

gezahlt werden.<br />

Gibt es weitere Irrtümer zum Thema<br />

Minijob, die Ihnen häufig begegnen?<br />

Ja, besonders vehement hält sich die Annahme,<br />

Minijobbende hätten keine Rechte,<br />

<strong>und</strong> das sowohl bei den Arbeitgebenden<br />

als auch bei den Arbeitnehmenden. Viele<br />

Minijobbende sind beispielsweise richtig<br />

erstaunt, wenn sie von ihrem Urlaubsanspruch<br />

erfahren, obwohl sie vielleicht nur<br />

einen Tag in der Woche arbeiten. Auch der<br />

vorhandene Kündigungsschutz ist vielen<br />

nicht bewusst. Doch ein Minijob ist ein<br />

normales Teilzeitverhältnis, <strong>und</strong> gesetzlich<br />

ist <strong>kl</strong>ar festgelegt, dass jemand wegen seiner<br />

Teilzeitbeschäftigung arbeitsrechtlich<br />

nicht diskriminiert werden darf.<br />

Welche für Minijobbende relevanten<br />

Neuheiten <strong>und</strong> Veränderungen sind für<br />

dieses Jahr noch geplant?<br />

Zum 1. Oktober <strong>2022</strong> ist eine dynamische<br />

Anhebung des Mindestlohnes <strong>und</strong> der Minijob-Entgeltgrenze<br />

geplant. Das heißt, mit<br />

der geplanten Anhebung des gesetzlichen<br />

Mindestlohns auf 12 Euro pro St<strong>und</strong>e soll<br />

auch die Minijob-Grenze entsprechend auf<br />

520 Euro monatlich erhöht werden. (JF)<br />

INFO<br />

Am 17. Mai lädt die Arbeitnehmerkammer<br />

von 18 bis 19.30 Uhr zu einer digitalen Veranstaltung<br />

zum Thema Minijobs ein.<br />

Anmeldungen sind möglich unter:<br />

recht @ arbeitnehmerkammer.de.<br />

Für Ihr gutes Recht!<br />

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