BS 02-2023
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SCHIFFSTECHNIK<br />
Silberstreif am Horizont<br />
Blickt man auf die Aufträge und Ablieferungen der<br />
deutschen Binnenwerften im vergangenen Jahr, so wird<br />
eines deutlich: Aufträge konnten insbesondere im Bereich<br />
Behördenfahrzeuge, Forschungs- sowie Fahrgastschiffe<br />
generiert werden. Oft konnten diese mit einem innovativen<br />
Antrieb aufwarten<br />
Zu den Highlights unter den Schiffbauprojekten,<br />
die im Jahr 2<strong>02</strong>2 abgeschlossen<br />
wurden, zählt beispielsweise<br />
das Planierschiff »Chicago«. Das von der<br />
Hamburger Hafenbehörde HPA (Hamburg<br />
Port Authority) bei der Hitzler<br />
Werft in Auftrag gegebene Schiff kann bis<br />
zu zwei Stunden emissionsfrei und geräuschlos<br />
im Batteriemodus betrieben<br />
werden. Die restliche Betriebszeit wird es<br />
mit dem emissionsarmen Kraftstoff GTL<br />
gefahren. In Zukunft könnte der Antrieb<br />
des Planiergerätes außerdem auf klimaneutrale<br />
E-Fuels umgestellt werden.<br />
Ein weiteres Highlight hatte ebenfalls<br />
die Lauenburger Hitzler Weft zu vermelden:<br />
Nämlich den Auftrag zum Bau<br />
des Forschungsschiffes »Coriolis«. Der<br />
Neubau für das Geesthachter Helmholtz-<br />
Zentrum Hereon wird eine Brennstoffzelle<br />
an Bord haben. Ihre Energie entnimmt<br />
sie einem pulverartigen Wasserstoff,<br />
dem sogenannten Metallhydrid.<br />
Ähnlich innovative Neubauaufträge<br />
konnte die Schiffbau- und Entwicklungsgesellschaft<br />
Tangermünde (SET) verbuchen.<br />
So wurde die am Elbe-Havel-Kanal<br />
sitzende Werft vom Hamburger Verkehrsunternehmen<br />
Hadag beauftragt,<br />
drei neue Fähren für die Elbe zu bauen.<br />
Die Fährschiffe werden über einen Plug-<br />
In-Hybrid-Antrieb verfügen. Um einen<br />
Teil ihres Betriebs emissionsfrei zu bestreiten,<br />
werden sie mit Batterien ausgestattet.<br />
Außerdem werden die Schiffe<br />
»H2-ready« sein. Sodass sie in Zukunft<br />
mit Wasserstoff betrieben werden können.<br />
Mit einem konventionellen Dieselmotor<br />
angetrieben, aber nicht weniger<br />
spektakulär, waren für die SET-Werft des<br />
weiteren der Stapellauf und die Taufe ihres<br />
allersten Neubaus für die Bundeswehr,<br />
der »Schleswig«.<br />
In puncto innovative und umweltfreundliche<br />
Antriebssysteme hatte auch<br />
die Stralsunder Werft Ostseestaal im vergangenen<br />
Jahr einige Projekte vorzuweisen.<br />
So hat der Schiffbauer ein mit<br />
Elektro-Motoren angetriebenes Passagierschiff<br />
an Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft<br />
(ZSG) abgeliefert. Zusätzlich<br />
dazu verfügt das Schiff über eine Photovoltaik-Anlage,<br />
um aus Sonnenenergie<br />
grünen Strom erzeugen zu können. In<br />
diesem Jahr wird Ostseestaal außerdem<br />
zwei Schwesterschiffe an die ZSG liefern.<br />
Rückblickend betrachtet, hat das Auftragsbuch<br />
der rund 50 deutschen Binnenwerften<br />
in den letzten drei Jahren jedoch<br />
stark abgenommen. Hatten sie im<br />
Jahr 2019 noch 61 Aufträge im Wert von<br />
322 Mio. € in Order. Waren es 2<strong>02</strong>0 63<br />
Einheiten im Wert von 145 Mio. €. Ein<br />
Jahr später wies das Auftragsbuch insgesamt<br />
nur noch 49 Schiffe im Wert von<br />
78 Mio. € auf. Ein großes Loch hat die<br />
Corona-Pandemie in die Aufträge gerissen,<br />
vor allem in den Flusskreuzfahrtschiffbau<br />
– bis dato das boomende Segment<br />
der Branche. Im Jahr 2<strong>02</strong>2 hat sich<br />
dieser Schiffbaubereich nicht erholen<br />
können. Doch schon Anfang 2<strong>02</strong>3 brachte<br />
ein neuer Auftrag für die Neptun Werft<br />
einen kleinen Hoffnungsschimmer. So<br />
vermeldeten die Rostocker Schiffbauer<br />
am 1. Februar einen Auftrag der Flusskreuzfahrtreederei<br />
Viking. Dieser umfasst<br />
den Bau eines innovativen Flusskreuzfahrtschiffes<br />
für die Seine. Das<br />
Schiff soll die strengsten Abgasvorschriften<br />
der Europäischen Union erfüllen<br />
und wie vier Schwesterschiffe, die<br />
bereits 2<strong>02</strong>0 abgeliefert worden sind,<br />
über ein Hybrid-Antriebssystem mit Batterien<br />
verfügen. Der neue Flusskreuzer<br />
soll Platz für 168 Passagiere bieten und<br />
mit einer Länge von 125 m in der Lage<br />
sein, auch im Pariser Stadtzentrum anzulegen.<br />
Die Ablieferung ist für März 2<strong>02</strong>5<br />
geplant. Dieser Auftrag ist nicht nur ein<br />
Silberstreif am Horizont, sondern auch<br />
ein Beleg dafür, dass die deutschen Binnenwerften<br />
vor allem mit ihrer Expertise<br />
bei innovativen und umweltfreundlichen<br />
Antrieben punkten können. AW<br />
Binnenschifffahrt <strong>02</strong> | 2<strong>02</strong>3<br />
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