BS 02-2023
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BDS<br />
Bundesverband der Selbständigen Abteilung Binnenschiffahrt e. V.<br />
Vertreten durch den Vorsitzenden Torsten Stuntz, MS »Stella Maris« und die stellvertretenden<br />
Vorsitzenden Nikolaus Hohenbild, Detlef Maiwald, Stephen Mnich, Gebr. Mnich OHG<br />
Geschäftsstelle und Schriftleitung: Andrea Beckschäfer, Sekretariat Birgit Kühn<br />
August-Bier-Str. 18 | 53129 Bonn | Tel. <strong>02</strong>28 / 746377 | Fax <strong>02</strong>28 / 746569 | zentrale@bds-binnenschiffahrt.de<br />
Studie belegt Bedarf an Flottenerneuerung<br />
Im Rahmen des Masterplans Binnenschifffahrt wurde eine Studie<br />
zur Prüfung einer Förderung für kleine und/oder konstruktiv optimierte<br />
Binnenschiffe in Auftrag gegeben. Anfang Dezember<br />
2<strong>02</strong>2 wurde diese Studie veröffentlicht. Ende Februar wird sie in<br />
einer Sondersitzung des Beirats Masterplan erörtert werden. Die<br />
Studie wurde von Planco, DST, SGKV und MARLO erstellt.<br />
Gleich zu Beginn machen die Verfasser deutlich, dass es sich um<br />
zwei weitgehend voneinander unabhängige Fragestellungen handelt.<br />
Der Bedarf nach kleinen Schiffen (in der Betrachtung vor allem<br />
Schiffe bis 1.350 t) resultiert aus kleinen Partiegrößen und aus<br />
Restriktionen der Fahrtgebiete. Er sei weitgehend unabhängig von<br />
Niedrigwasserereignissen und über das ganze Jahr vorhanden.<br />
Einsatzgebiete seien vor allem das westdeutsche Kanalnetz, für<br />
das bis 2030 ein Flottenbedarf von 378 kleinen Binnenschiffen<br />
prognostiziert wird, und das nordostdeutsche Wasserstraßennetz,<br />
insbesondere die Elbe und der Elbe-Seiten-Kanal, wo 233 kleine<br />
Binnenschiffe gebraucht werden. Bis 2030 wird ein Defizit von<br />
179 Schiffen erwartet, das in Niedrigwasserjahren wie 2018 auf<br />
209 Schiffe steigt. Als Gütergruppen für diese Schiffe werden Baustoffe<br />
und Agrargüter mit Partiegrößen von weniger als 1.000 t sowie<br />
Container, Schwergut und großvolumige Güter gesehen.<br />
Dagegen resultiert der Bedarf nach konstruktiv optimierten<br />
Schiffen aus niedrigwasserbedingten Einschränkungen beim<br />
Einsatz »normaler« Schiffe und den zu befürchtenden Versorgungsengpässen.<br />
Außerhalb der Niedrigwasserperioden besteht<br />
hingegen kein Bedarf. Gleichzeitig müssen die Schiffe im<br />
Ganzjahresbetrieb wirtschaftlich einsatzfähig sein.<br />
Die Nachfrage beschränkt sich im wesentlichen auf den Rhein<br />
und auf große Schiffe. Bis 2030 wird für den Mittel- und Oberrhein<br />
ein Bedarf von 280 konstruktiv optimierten Binnenschiffen von<br />
über 100 m Länge und mehr als 2.000 t Tragfähigkeit identifiziert.<br />
Das zu erwartende Defizit wird mit 27 Schiffen angegeben. Der Bedarf<br />
für solche Schiffe wird bei chemischen Erzeugnissen, Mineralöl,<br />
Erzen und Containern gesehen, um die Versorgungssicherheit<br />
der Großindustrie in Niedrigwasserphasen gewährleisten zu können.<br />
Die relevante Schiffsgröße liegt bei einer Tragfähigkeit von<br />
mehr als 2.000 t und Partiegrößen von mehr als 1.000 t.<br />
Vorschläge für Maßnahmen<br />
Die Verfasser zeigen auf, dass mit einer finanziellen Förderung<br />
die Kostennachteile neuer bzw. modernisierter kleiner Schiffe reduziert<br />
werden könnte, unter der Voraussetzung, dass diese entsprechend<br />
hoch ausfällt, um wirtschaftlich interessant zu sein.<br />
Ohne geeignete Gegenmaßnahmen, so prognostizieren sie, wird<br />
der Bestand an kleinen Schiffen deutlich zurückgehen und ein nennenswertes<br />
Defizit an kleinem Schiffsraum entstehen. Es wird hervorgehoben,<br />
dass es neben den Bestandsmärkten, die gesichert<br />
werden müssten, neue Marktbereiche wie Stadtlogistik, Feederdienste<br />
in Ergänzung des Seehafenhinterlandverkehrs und kontinentale<br />
Transportrelationen für kleine Binnenschiffe geben könnte.<br />
Zudem seien angesichts steigender Kosten für fossile Energie<br />
energieeffiziente Transportalternativen auch abseits des Rheins<br />
wichtig.<br />
Für die Studie wurden die verschiedenen in Frage kommenden<br />
vorhandenen Förderprogramme geprüft. Dabei kommen die Autoren<br />
zu dem Ergebnis, dass keines dieses Programme geeignet ist,<br />
die mangelnde Investitionsbereitschaft in kleine Binnenschiffe zu<br />
erhöhen. Vorgeschlagen wird daher:<br />
• die Auflage eines neuen, zielgerichteten Förderprogramms für<br />
kleine Binnenschiffe, das bei der Beschaffung neuer, aber auch<br />
der Modernisierung vorhandener Binnenschiffe ansetzt,<br />
• eine hohe Investitionsförderung, die die wirtschaftliche Rentabilität<br />
der Investition deutlich verbessert,<br />
• ein erleichterter Zugang zu Kapital etwa durch Darlehen oder<br />
Bürgschaften öffentlicher Banken, was allerdings nicht allein,<br />
sondern nur in Kombination mit anderen Maßnahmen als<br />
sinnvoll angesehen wird,<br />
• eine Alt-für-Neu-Regelung, um alte durch neue Schiffe zu ersetzen,<br />
gegebenenfalls ergänzt durch Anreize mit einer deutlich<br />
über dem Marktpreis liegenden Prämie,<br />
• alternativ dazu eine Freistellung des Veräußerungsgewinns des<br />
alten Binnenschiffs, wenn dieser in die Wiederbeschaffung eines<br />
neuen kleinen Binnenschiffs reinvestiert wird.<br />
Als Laufzeit eines Neubauförderprogramms werden mindestens<br />
fünf Jahre vorgeschlagen, um die Umsetzung des erwarteten Bedarfs<br />
von 179 Ersatzneubauten realisieren zu können. Ausgehend<br />
von rund 3,5 Mio € Investition pro Schiff und einer Förderquote<br />
von 80 % müssten für 50 % des Bedarfs (90 Schiffe) 252 Mio. €<br />
zur Verfügung gestellt werden und für 100 % des Bedarfs<br />
504 Mio. € (179 Schiffe) .<br />
Mit Blick auf konstruktiv optimierte Binnenschiffe stellt die<br />
Studie fest, dass anders als bei kleinen Binnenschiffen deren Bau<br />
und Beschaffung nicht primär von Finanzierungsfragen abhängt,<br />
da finanzkräftigere Akteure den Einsatz derartiger Schiffe voranbringen<br />
und dieser bereits eine Eigendynamik bekommen habe.<br />
Es handele sich um größere, deutlich jüngere Schiffstypen, die regelmäßig<br />
modernisiert und erneuert werden. Hier gehe es vor allem<br />
um eine Unterstützung und Beschleunigung der bisherigen<br />
Entwicklung. Bestehende Förderprogramme seien dafür gut<br />
nutzbar. Das Förderprogramm zur nachhaltigen Modernisierung<br />
von Binnenschiffen wird als geeignet angesehen – eine Anpassung<br />
bzw. Erweiterung der Fördertatbestände und des Fördervolumens<br />
solle aber erwogen werden.<br />
Darüber hinaus werden weitere Maßnahmen aufgezeigt, die einen<br />
Anreiz zu Investitionen und konstruktiv optimierte Binnenschiffe<br />
leisten könnten. Dazu zählen laut Studie steuerliche Erleichterungen,<br />
eine Betriebsförderung und veränderte Besatzungsvorschriften<br />
mit dem Ziel, die Mindest-Crewstärke zu verringern und<br />
damit Kosten zu senken.<br />
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