Im Tal der BroklandSau
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Blaue Feder ging erst einmal an der BroklandSau entlang und
schreckte eine Entenmutter mit ihren Kindern auf. Die Enten
stoben auseinander. Es tat ihr leid. Sie hatte viel Nachwuchs –
wie schön. Auf der abgemähten Wiese fand sie eine zweite
Feder. Eine graue Feder eines Graureihers. Sie fühlte sich den
Graureihern sehr verbunden. Schon flog einer an ihr vorbei
hinüber zum Moor. Aber mochte sie nicht alle Vögel?
Ihr ging der Satz durch den Kopf:
‚Ich bin alle Vögel.‘
Was wollte ihr dieser Satz sagen? Mit dem Herzen verstand sie
ihn, aber nicht mit dem Verstand. Das Mädesüß blühte und
verströmte seinen Duft. Sie stand noch eine Weile bei den
Viechern. Wieder hatte sie nichts zum Knabbern dabei und die
Viecher kommentierte es mit einem beifälligen ‚Jaja!‘
Ein Nachbar fuhr mit seinem Trecker vorbei und hatte ‚die‘
Holzleiter für den Badesee hinten drauf. Jedes Jahr brachte er
die Leiter im Sommer zur Moorkuhle. Blaue Feder freute das.
Manchmal sind es so die kleinen Dinge, die das Herz erfreuen.
Nun war die Badesaison eröffnet. Blaue Feder war nicht danach,
in den kalten See zu springen. Die Kuhle Nr. 49 brauchte immer
sehr lange, bis sie sich aufwärmte. Sie war tief und kalt. Deshalb
brauchte man auch die Leiter, um rein und rauszukommen. Ein
paar Wasserläufer eröffneten die Saison und sie konnte schon
die Kinder, Groß und Klein, schreien hören, wenn sie ins Wasser
sprangen. Blaue Feder liebte ihr kleines Bullerbü. Hier war alles
etwas übersichtlicher als in der Großen Stadt und jeder hatte so
seinen Job. Sie war die, die mit der Kamera durch die Gegend
lief, so wie andere ihren Hund ausführten. Sie mochte ihr Leben.
Es war vielleicht manchmal etwas anders, als sie es sich dachte,
aber irgendwie lebendig – so wie der Tag heute. Sie setzte sich
an den Großen Mondsee und meditierte mit der Storchenfeder
in der Hand so vor sich hin, als eine ganze Horde von
Graureihern einfiel. Blaue Feder beobachtet sie und dachte
wieder bei sich:
‚Ich bin alle Vögel. Ich bin alle Blumen und Bäume. Ich bin
alle Tiere. Ich bin die Natur. Ich bin die Liebe und ich bin das
Leben. Ich bin in allem und fließe durch alles.‘
Sie ließ los und gab sich dem Fluss des Lebens hin. Das Leben
berührte sie mal wieder tief und ein paar Tränen kullerten die
Wangen herunter. Manchmal müssen auch die Tränen fließen.
Bei ihr wohl etwas öfters, als bei anderen. Das lag vermutlich an
den Sternen.
Ja, sie würde ihren Geschichten-Blog öffnen, so wie er eben war,
weil das Leben ebenso war wie das Leben eben war auch ohne
eine ‚Blaue Feder‘. Sie machte sich auf den Heimweg. Kurz
wurde sie noch einmal an den See gelockt. Sie pflückte ein paar
Stängel des wohlriechenden Mädesüß. Sie liebte ihren Geruch.
Sie würde sich das Mädesüß ans Fenster hängen und trocknen
für schöne Träume. Da erblickte sie eine kleine völlig zerzauste
Feder im Gras. Sie wollte sie erst gar nicht aufheben. Doch dann
nahm sie sie auf und strich sie glatt und musste lachen. Du
kannst es Dir schon denken - es war und ist eine Feder des
Eichelhähers. Da kullerten wieder die Tränen – war und ist das
Leben nicht wundervoll?
‚Voll das Leben!‘