Im Tal der BroklandSau
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18. Die ErdApfelSau
Der Blaue Handschuh
Es war der Freitag nach dem Neumond. Es stürmte und goss es
in Bächen. Blaue Feder wollte trotzdem eine Runde gehen, um
nach einer merkwürdigen Woche tief durchzuatmen und sich ein
bisschen erden. Im Gebüsch sah sie die ersten
Schneeglöckchen, ein Stück weiter die ersten Krokusse und
dann einen Blauen Handschuh. Er erinnerte sie an Fatimas
Hand. Ein Wintergoldhähnchen machte auf sich aufmerksam.
Das Wintergoldhähnchen war der König des Winters oder die
Königin. Er oder sie trug den Geist des alten Jahres. Dieser
kleinste Vogel Europas wurde auch König der Vögel genannt
wegen seiner kleinen gelben Krone. Doch bevor das neue Jahr
kam, musste das alte Jahr sterben. Der Schnee war schon
getaut und nun schmolz auch das Eis auf den Seen. Blaue Feder
entdeckte, auch die kleine ‚Erle‘ aus ihrer Rotkehlchen-
Geschichte war gefällt und viele andere Bäume. Sie nahm einen
Zweig des gefällten Baumes, der schon Knospen hatte, mit nach
Hause. Es machte sie traurig. Sie ging zum Weißdorn, der nun
weit sichtbar dastand. Im Weißdorn steckte nun ein Nagel.
Früher lag der Weißdornhain versteckt hinter Geißblattranken
und Brombeerbüschen. Was früher verborgen war, war nun ans
Licht gezerrt worden. Sie setzte sich zum Weißdorn und schloss
die Augen. Die Weißdornfrau sagte, es sei viel im Umbruch, sie
solle versuchen im Herzen zu bleiben und einfach schauen, was
geschah, ohne es zu bewerten. Als Blaue Feder aus dem Wald
heraustrat, sah sie ein Reh. Ein vertrauter Gruß, der ihr Mut
machte. Der Wind wehte heftig und es regnete immer mehr. So
ging sie nach Hause. Sie schaute noch einmal bei den sieben
Pappelschwestern vorbei, von denen nur noch fünf standen.
Überall waren die Knicke herunter geschnitten, waren die Bäume
gefällt. Alles sah kahl aus und nicht sehr einladend.
Auch der wilde Apfelbaum war reichlich beschnitten worden und
stand nackt da. Auf der Wiese sah sie einen Schwarm
Wacholderdrosseln. Die stimmten sie etwas froher. Wenn auch
das, was Blaue Feder gesehen hatte, nicht so erfreulich war, so
hatte ihr doch die frische Luft gutgetan. Sie war bis auf die Haut
durchgeregnet und ihr Körper freute sich. Eigentlich braucht es
keine Bücher, tragen wir alles Wissen in uns. Es braucht nur
einen Körper, der wahrnimmt. Als Blaue Feder diesen Text
schrieb, saß ein tropfnasser Eichelhäher auf der Walnuss vor
ihrem Fenster und wärmte sich im Schein ihrer Lampe. Sie ging
in ihr Atelier und setzte sich an die zweite Sau. Sie nahm einen
Kartoffelsack jüngeren Datums, der nicht so dreckig war. Die
anderen Säcke mussten erst einmal gewaschen werden – Sau
hin oder her. So wurde die ErdApfelSau geboren.
Sie aß gerne Kartoffeln. Das konnte Blaue Feder gut verstehen,
liebte auch sie Kartoffelgerichte. Die ErdApfelSau suhlte sich
gerne im Matsch und sang gerne lauthals ihre Lieder. Die Beiden
würden sich wohl gut verstehen. Blaue Feder hatte den Eindruck,
die ErdApfelSau würde ihr noch viel erzählen, wovon sie keine
Ahnung hatte. Vielleicht würden sie zusammen den Löffel
schwingen. Viele Redewendungen kreisen um den Löffel…
Lirum, larum Löffelstiel…, die Suppe auslöffeln…, einen großen
Schöpflöffel voll von etwas…, die Weisheit mit Löffeln
gefressen…, mit einem goldenen Löffel im Mund zur Welt
gekommen…, der Rotzlöffel…, die Löffel spitzen…, Steck
deinen Löffel nicht in andrer Leute Töpfe…. ich bin's so satt, als
hätt' ich's mit Löffeln gegessen… und am Ende wird der Löffel
abgeben. An diesem Tag, als die ErdApfelSau kam, gab es
Kartoffelpuffer mit Apfelmus zu Mittag.