Im Tal der BroklandSau
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22. Ein Tag am Meer
Eine Krähe weckte sie aus ihren Träumen. Als sie die Gardinen
öffnete, saßen bereits zwei Elstern im Garten, das
Eichhörnchen, ein Zaunkönig stimmte ein Lied an und eine
Singdrossel sang mit - alle Vögel waren schon da, ihr ein
Liedchen zu singen. Sie war noch etwas zerknautscht, waren
sie den Tag zuvor doch auf einer Beerdigung. Ihr Schatz hatte
schon den Frühstückstisch gedeckt. Er überraschte sie mit
einem Tag am Meer. Es war wohl Emma, die ihm diesen
Vorschlag zugeflüstert hatte. Emma liebte das Meer und Blaue
Feder auch.
An ihrem Geburtstag wünschte sie sich immer einen Tag am
Meer. Ans Meer zu fahren, war wie Nachhausekommen. Mag
sein es lag an den Sternen. Blaue Feder war eine Fische-
Geborene und Fische fühlen sich nun mal im Wasser wohl. Ein
bisschen blauer Himmel war schon zu sehen. Ihre Stimmung
klarte sich langsam auf. Am Meer tauchten sie in die Weite und
lachten mit den Lachmöwen. Sie genossen die frische Luft und
tauchten in den gleichmäßigen Rhythmus der Brandung. Blaue
Feder begrüßte die Meermutter und die Meermutter begrüßte
sie. Sie tauchte ins Meer und schaute ein wenig zurück auf ihr
vergangenes Lebensjahr, sah sie sich viel reisen. Es war
erstaunlich, konnte sie doch schlecht laufen. Im Frühjahr hatte
sie in den Wiesen gebadet und war mit Luisa Francia und ein
paar Frauen fett, frech und fröhlich in ihren Körper gereist. Im
Sommer war sie im Tal der Sprudelnden Quellen und an den
Externsteinen. Dann war sie mit ihrem Schatz im Land der
Schwäne und im Herbst hatte sie sich mit ein
paar Frauen und Cambra am Alten Feuer gewärmt. Ihr Garten
war währenddessen verwildert.
Dann schaute sie ein wenig in das kommende Jahr und ihr kam
der, Begriff ‚Konsolidierung‘ in den Sinn. Sie kannte diesen
Begriff im medizinischen Sinne, wenn ein Knochen gebrochen
war und wieder zusammenwuchs, sich verdichtete und
stabilisierte. Noch wusste sie nicht, was es für sie die bedeuten
würde, aber sie würde es herausfinden. Mittlerweile konnte sie
wieder laufen, aber ihr war so gar nicht nach Reisen. Sie wollte
lieber daheimbleiben, durch das Tal der BroklandSau pirschen,
die Wege erkunden, sich in Moorkuhlen suhlen, weiter den
Vögeln lauschen, an wilden Kräutern schnüffeln. Sie sah sich in
ihrem Atelier den Pinsel schwingen oder die Nähnadel und das
Erlebte in Farbe und Form bringen. Nur ins Land der Schwäne
wollten sie noch einmal, weil es ihnen dort so gut gefallen hatte.
Nach ihrem Besuch am Strand von St.Peter war es Brauch in
ihr Lieblingslokal Andresen achtern Diek in Katingsiel zu fahren.
In dem friesischen Langhaus befindet sich eine Kachelstube mit
Delfter Fliesen. Bis zur Deckenhöhe bedeckten einheitliche
Fliesen mit nur einem Muster die Wände. Das Muster wurde als
‚Sonne, Mond und Sterne‘ bezeichnet. Vielleicht fühlte sich
Blaue Feder deshalb hier so wohl, liebte sie
Sternengeschichten, wie Emma. Vielleicht lag es ab er auch an
dem leckeren Eierkrog und dem selbstgebackenen Kuchen.
Dort saßen sie gemütlich, und in den Öfen bollerte das Feuer.
Hinterher gingen sie noch auf dem Deich spazieren. tauchten in
ein Meer von Nonnengänsen und begrüßten kleine neue
Deichbewohnern. Blaue Feder war selig. Es war ein gelungener
Start in ihr neues Lebensjahr.