HANSA 10-2023
MSC-Einstieg bei HHLA · Niedersachsens Häfen · HullPIC 2023 · Peter Gast Schiffahrtsregatta · Offshore-Marktkompass · VDMA · NMK · London Shipping Week · Methanol-Neubau für Maersk
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VERSICHERUNGEN | INSURANCE<br />
2022 war ein Spitzenjahr<br />
In der Transportversicherung legten die Prämieneinnahmen<br />
auf 35,8 Mrd. $ zu. Die IUMI verzeichnet so niedrige<br />
Schadenquoten wie lange nicht. Von Michael Hollmann<br />
2022 könnte für die Waren- und Schiffsversicherer weltweit als<br />
eines der besten Jahre der vergangenen Dekaden in die Geschichte<br />
eingehen. Das ergibt sich aus den vorläufigen Kennzahlen<br />
und Hochrechnungen der International Union of Marine Insurance<br />
(IUMI) für das letzte Zeichnungsjahr, die kürzlich auf dem Jahreskongress<br />
des Verbandes in Edinburgh veröffentlicht wurden.<br />
Danach hat sich der positive Trend seit 2020 weiter verstärkt.<br />
Die vorläufigen Bruttoschadenquoten, die das Verhältnis von<br />
Schadenkosten zu Prämieneinnahmen anzeigen, liegen demnach<br />
bei nur 44,2 % für Warentransport und bei 32,8 % für Seekasko.<br />
Bei einem typischen Zuwachs durch Nachmeldung von Schäden<br />
wie im langfristigen Trend ergäben sich abschließend Schadenquoten<br />
von 48 % bzw. 55 %.<br />
In dieser Quote sind die Verwaltungskosten der Versicherer sowie<br />
Courtagen noch nicht enthalten. Rechnet man hierfür noch<br />
einmal 30 Prozentpunkte hinzu, kommt man auf eine kombinierte<br />
Schaden-Kosten-Quote von höchstens 85 %. Damit bliebe den<br />
Versicherern noch eine Marge von 15 % auf die Prämieneinnahmen.<br />
Für die Risikoträger in dem Segment, das in den vergangenen<br />
zwei Jahrzehnten überwiegend rote Zahlen produzierte,<br />
liefe es damit in Summe auf einen Milliardengewinn hinaus.<br />
Bei einem um 8 % auf 35,8 Mrd. $ gewachsenen Prämienaufkommen<br />
für alle Sparten zusammen – neben Ware/Transport<br />
und Seekasko auch Offshore-Energie und Verkehrshaftung –<br />
würde sich der Überschuss für das 2022er Zeichnungsjahr auf<br />
rund 5,4 Mrd. $ weltweit belaufen. Die IUMI liefert hierfür allerdings<br />
keine eigene Prognose.<br />
»Transportversicherer haben über Jahre hinweg sehr schwache<br />
Erträge erzielt, aber seit 2020 geht es aufwärts«, stellte die Statistikexpertin<br />
der IUMI Astrid Seltmann fest. Ausschlaggebend dafür sei<br />
die Erholung im weltweiten Handel und Verkehr nach Corona bei<br />
INTERNATIONAL UNDERWRITING ASSOCIATION<br />
Londoner Markt stark gewachsen<br />
Der Company Market in London – also das Versicherungsgeschäft<br />
in der Metropole außerhalb des Lloyd’s-Marktes – ist weiter im<br />
Aufwind. Laut dem zuständigen Branchenverband, der International<br />
Underwriting Association (IUA), kletterten die Prämieneinnahmen<br />
im Zeichnungsjahr 2022 um 25 % auf 37,6 Mrd. £. Das<br />
stärkste Wachstumssegment bildet die »Marine«- bzw. Transportversicherung,<br />
deren Prämientopf um 33 % gegenüber dem Vorjahr<br />
und damit überproportional stark auf 5,1 Mrd. £ anschwoll. Das<br />
Segment weist seit 2019 eine rasante Zunahme aus und hat inzwischen<br />
ein doppelt so großes Prämienvolumen wie im Durchschnitt<br />
der Jahre 20<strong>10</strong>-2018. Größtes Subsegment ist Marine Energy<br />
mit 1,88 Mrd. GPB Prämieneinnahmen, gefolgt von Warentransport/Cargo<br />
(0,88 Mrd. £), Haftung/Liability (0,78 Mrd. £) und Seekasko<br />
(0,51 Mrd. £). Nebensparten (»other«): 1,03 Mrd. £. <br />
gleichzeitig verringerten Risikokapazitäten der Versicherer gewesen.<br />
In der Folge hätten die Preise in der Transportversicherung<br />
deutlich angezogen, vor allem bei Seekasko. Die stärksten Zuwächse<br />
bei den Prämieneinnahmen gab es im vergangenen Jahr laut IU-<br />
MI aber in der Warenversicherung mit 8,3 % auf weltweit<br />
20,5 Mrd. $. In den Segmenten Offshore-Energie und Seekasko betrugen<br />
die Steigerungen 7,3 % und 5,7 %. Die Schadenentwicklung<br />
hingegen habe bislang nur vergleichsweise leicht zugenommen und<br />
sei alles in allem noch moderat. Allerdings stellt sich die IUMI angesichts<br />
der Inflation, der zunehmenden Naturkatastrophen und<br />
der steigenden Fallzahl schwerer Brände in der Schifffahrt auf weitere<br />
Kostensteigerungen in der Zukunft ein.<br />
Dieses Jahr verläuft aus Sicht einiger großer Marktteilnehmer,<br />
die Kennzahlen für das Transportsegment veröffentlichen, bislang<br />
ebenfalls gut. So wies die Versicherungsbörse Lloyd’s of London<br />
für das erste Halbjahr mit 262 Mio. GBP einen zehnmal so hohen<br />
Überschuss in ihrer Transportsparte (»Marine, Aviation, Transport«)<br />
aus wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die bei<br />
Lloyd’s aktiven Risikoträger hatten ihr Prämienvolumen in den<br />
Segment kräftig auf fast 2,3 Mrd. GBP ausgeweitet, während die<br />
Schadenkosten trotz Geschäftsausweitung nahezu stabil blieben.<br />
Mit Blick auf das Seekaskosegment wies Ilias Tsakiris, Vorsitzender<br />
des IUMI Ocean Hull Committee und CEO des Versicherers<br />
Hellenic Hull, auf eine Reihe neuer Risiken hin. Dazu<br />
gehöre das Wachstum der sogenannten »dark fleet« von Schiffen,<br />
die ohne gültige Versicherungsdeckung operieren und sich auf illegale<br />
Transporte zum Beispiel von russischem Öl konzentrieren.<br />
Sollten solche Schiffe in Kollisionen mit regulärer Tonnage verwickelt<br />
seien, könnten sich riesige Deckungslücken für Schiffseigner<br />
und ihre Versicherer auftun. Einen Vorgeschmack darauf<br />
habe die Explosion des Aframax-Tankers »Pablo« im vergangenen<br />
Jahr vor Malaysia gegeben. Das zur dark fleet zählende<br />
Schiffe konnte keine internationalen Bergungsdienste in Anspruch<br />
nehmen und ankert jetzt ausgebrannt vor der Küste des<br />
südostasiatischen Landes. »Es bereitet den Behörden dort große<br />
Kopfschmerzen«, so Tsakiris. Des Weiteren hob der Experte die<br />
mit der Transformation der Schifffahrt und dem Einsatz alternativer<br />
Kraftstoffe verbundenen neuen Risiken hervor. Die zu deckenden<br />
Versicherungswerte dürften aufgrund erhöhter Baukosten<br />
und einer größeren Komplexität in der Schifffahrt deutlich<br />
ansteigen.<br />
<br />
Abstract: A bumper year for marine underwriters<br />
All lines of business in marine insurance recorded an uplift in premium<br />
income and improved loss ratios in the 2022 underwriting<br />
year. The International Union of Marine Insurance (IUMI) projects<br />
ultimate loss ratios of only 55 % for hull and 48 % for cargo.<br />
Global premium income in 2022 leapt by 8.3 % to 35.8 billion $<br />
14 <strong>HANSA</strong> – International Maritime Journal <strong>10</strong> | <strong>2023</strong>