neue perspektiven? kreative kammerpunkte?
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Aktuelles aus der Forschung<br />
pathologische Symptome der<br />
Essstörung, Body Mass Index<br />
und subjektive Beurteilung der<br />
Behandlung systematisch erhoben.<br />
Zusätzlich wurde das Essverhalten<br />
der Töchter durch die<br />
Eltern beurteilt.<br />
Sowohl Patientinnen als auch<br />
teilnehmende Mütter und Väter<br />
erlebten die Gruppe als<br />
sehr positiv, keine Familie brach<br />
die Behandlung vorzeitig ab.<br />
Durchschnittlich nahmen 94%<br />
der Patientinnen und Mütter<br />
sowie 86% der Väter an den<br />
einzelnen Sitzungen teil.<br />
Essstörungsspezifische psychopathologische<br />
Symptome, die mit<br />
dem Eating Disorder Inventory<br />
gemessen wurden (z.B. Drive for<br />
Thinness, Bulimia, Maturity Fears,<br />
Interoceptive Awareness) sowie<br />
Body Mass Index verbesserten<br />
sich signifikant. Die Patientinnen<br />
fühlten sich durch ihre Mitpatientinnen<br />
gestützt, und konnten<br />
dadurch Gefühle und Gedanken<br />
auch gegenüber ihren<br />
Eltern besser kommunizieren. Die<br />
Eltern konnten Ratschläge durch<br />
andere Gruppenmitglieder besser<br />
annehmen und sich mit anderen<br />
Familien identifizieren. Die<br />
Einschätzung des Essverhaltens<br />
durch die Eltern verbesserte sich<br />
ebenfalls über den Behandlungszeitraum.<br />
Die Ergebnisse deuten daraufhin,<br />
dass sich die Gruppe<br />
gut im Stationsalltag implementieren<br />
ließ, von den Beteiligten<br />
positiv angenommen und als<br />
Bereicherung empfunden wurde.<br />
Auch bezüglich der Psychopathologie<br />
der Essstörung ergeben<br />
sich Hinweise auf positive<br />
Effekte der Gruppe.<br />
Kommentar: Wie die Autoren<br />
einschränkend ausführen,<br />
kann die Pilotstudie aufgrund<br />
der fehlenden Kontrollgruppe<br />
lediglich hypothesengenerie-<br />
40<br />
rend interpretiert werden, Belege<br />
für die Wirksamkeit lassen<br />
sich nicht ableiten.<br />
Auch fehlt eine systematische<br />
Kontrolle weiterer Therapiemaßnahmen,<br />
so dass nicht zu<br />
belegen ist, dass die Veränderung<br />
des BMI tatsächlich auf die<br />
Gruppe zurück zu führen ist.<br />
Gerade im stationären Setting<br />
ist eine Gewichtszunahme nicht<br />
zuletzt auch auf direktive Maßnahmen<br />
im Stationsalltag<br />
(Gewichtsmessung, Essverhalten,<br />
Restriktion bei fehlender<br />
Zunahme) zurückzuführen. Die<br />
Pilotstudie liefert darüber hinaus<br />
aber Hinweise auf eine Einstellungsänderung<br />
bezüglich<br />
der Gewichtszunahme. Weiterhin<br />
fehlt eine Katamnese sowie<br />
die Untersuchung der Familienatmosphäre<br />
(z.B. High<br />
Expressed Emotion: Überfürsorglichkeit<br />
bzw. hohe Kritikbereitschaft).<br />
Ein übliches Ziel<br />
von Familienpsychoedukation<br />
besteht in der Einstellungsänderung<br />
der Familie bezüglich<br />
der Erkrankung und damit einer<br />
Entlastung aller Beteiligten.<br />
Körperbildtherapie bei Essstörungen<br />
Vocks, S., Legenbauer, T., Troje,<br />
N, & Schulte, D. (2006). Körperbildtherapie<br />
bei Essstörungen.<br />
Beeinflussung der perzeptiven,<br />
kognitiv-affektiven<br />
und behavioralen Körperbildkomponente.<br />
Zeitschrift für Klinische<br />
Psychologie und Psychotherapie,<br />
35, 4, 286-295.<br />
Ein negatives Körperbild ist neben<br />
dem gestörten Essverhalten<br />
ein zentrales Merkmal einer<br />
Essstörung. Für die vorliegende<br />
Studie wurden 24 Patientinnen<br />
mit der Diagnose<br />
einer Anorexia Nervosa, Bulimia<br />
Nervosa bzw. einer nicht näher<br />
bezeichneten Essstörung<br />
vor und nach einer 10 Sitzungen<br />
umfassenden kognitiv-verhaltenstherapeutischenKörperbildtherapie<br />
sowie drei<br />
Monate nach Abschluss der<br />
Therapie untersucht. Im Zentrum<br />
standen dabei drei Komponenten<br />
der Körperschemastörung:<br />
perzeptive Komponente<br />
(Überschätzung der eigenen<br />
Körperdimensionen),<br />
kognitiv-affektive Komponente<br />
(negative Gedanken und Gefühle<br />
hinsichtlich des eigenen<br />
Körpers) und behaviorale<br />
Komponente (körperbezoge-<br />
nes Vermeidungs- und Kontrollverhalten).<br />
Die gruppentherapeutischen<br />
Sitzungen umfassten<br />
folgende Bausteine:<br />
Faktoren der Entstehung und<br />
Aufrechterhaltung des negativen<br />
Körperbildes, Identifikation<br />
und Modifikation dysfunktionaler<br />
auf den eigenen Körper<br />
bezogener Kognitionen, Körperkonfrontationsübungen<br />
per<br />
Spiegel und Video, Abbau<br />
des körperbezogenen Vermeidungs-<br />
und Kontrollverhaltens<br />
sowie Aufbau positiver körperbezogener<br />
Aktivitäten und<br />
Rückfallprophylaxe.<br />
Die Ergebnisse ergaben signifikante<br />
Verbesserungen der kognitiv-affektiven<br />
und der behavioralen<br />
Komponenten der<br />
Körperschemastörung. Die perzeptive<br />
Komponente veränderte<br />
sich lediglich bezüglich der<br />
Idealvorstellung in Richtung eines<br />
weniger schlanken Körpers.<br />
Auch nach Abschluss der Behandlung<br />
überschätzten die<br />
Patientinnen die eigenen Körperdimensionen,<br />
es fand auch<br />
keine Veränderung des Ausmaßes<br />
der Überschätzung statt.<br />
Die Essstörungssymptomatik<br />
selbst veränderte sich hin-<br />
Der innovative und effiziente<br />
Ansatz der gemischten Gruppen<br />
aus Angehörigen und<br />
Patientinnen ist vor allem für<br />
die stationäre Behandlung interessant,<br />
weil nicht gleichzeitig<br />
zwei Gruppen (für Patienten<br />
und Angehörige) angeboten<br />
werden müssen und sich auch<br />
Wartezeiten erübrigen können,<br />
bis genügend Patientinnen<br />
bzw. Angehörige jeweils für die<br />
Gruppen zur Verfügung stehen.<br />
sichtlich „essensbezogener Sorgen“,<br />
„gezügeltem Essverhalten“,<br />
sowie „Bulimie“ auf der<br />
Skala des Eating Disorder<br />
Inventory bzw. Eating Disorder<br />
Examination Questionnaire.<br />
Eine von Prä- zu Postmessung<br />
tendenzielle Reduktion der<br />
Anzahl der Essanfälle ließ sich<br />
zur Katamneseuntersuchung<br />
nicht mehr feststellen.<br />
Kommentar: Die Autoren führen<br />
einschränkend aus, dass<br />
die Studie eine erste klinische<br />
Evaluierung darstellt und Erkundungscharakter<br />
hat. Daher<br />
fehlt ein Vergleich mit einer unbehandelten<br />
Kontrollgruppe,<br />
die Belege für die Wirksamkeit<br />
liefern könnte. Ein Schönheitsfehler<br />
der Studie ist, dass der<br />
Body Mass Index (BMI) der<br />
Patientinnen nicht gemessen<br />
wurde, d.h. diese nicht gewogen<br />
wurden, sondern der BMI<br />
aus Angaben der Patientinnen<br />
hochgerechnet wurde. Wie weit<br />
diese Angaben zuverlässig sind,<br />
kann daher nicht bestimmt werden.<br />
Da dieses Maß aber nicht<br />
im Zentrum der Untersuchung<br />
stand, sondern die Körperschemastörung,<br />
liefert der BMI<br />
lediglich Zusatzinformation.<br />
Psychotherapeutenjournal 1/2007