neue perspektiven? kreative kammerpunkte?
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Kammer zur aktuellen Gesundheitspolitik: Kritik – Protest – Gespräche<br />
Das auslaufende Jahr 2006 und der Beginn<br />
des Jahres 2007 standen ganz im<br />
Zeichen der Auseinandersetzung um das<br />
Wettbewerbsstärkungsgesetz. Die Kammer<br />
legte ihre Kritikpunkte sowohl der Gesundheitssenatorin,<br />
der Fachabteilung Gesundheit,<br />
den gesundheitspolitischen Sprechern<br />
in der Bremer Bürgerschaft als auch<br />
den Bremer Bundestagsabgeordneten vor.<br />
Die Wirren in der Bremer Gesundheitspolitik<br />
(Rücktritt des zuständigen Staatsrates<br />
und der Senatorin innerhalb weniger<br />
Wochen und Neubesetzung dieser Ämter)<br />
schränkten die Gesprächsmöglichkeiten<br />
allerdings erheblich ein. Der Kammervorstand<br />
nutzte aber die Foren und<br />
Gesprächsmöglichkeiten außerhalb offizieller<br />
Termine, um die Anliegen der Psychotherapeuten<br />
verständlich zu machen.<br />
So gelang es zu erreichen, dass sich das<br />
Land Bremen im Bundesrat wesentlicher<br />
Psychotherapeutenjournal 1/2007<br />
bundesweit abgestimmter Forderungen<br />
der Psychotherapeutenschaft annahm.<br />
Die PKHB beteiligte sich außerdem an der<br />
Protestveranstaltung im Bremer Veranstaltungssaal<br />
„Glocke“ am 04.12.2006 unter<br />
der Losung „Patient in Not – diese Reform<br />
schadet allen“. Dazu hatten zahlreiche<br />
Organisationen des bremer Gesundheitswesens<br />
eingeladen. Als Vertreter der<br />
Psychotherapeutenkammer sprach Karl<br />
Heinz Schrömgens zu den Anwesenden.<br />
Mit großer Heiterkeit, aber auch mit Nachdenklichkeit<br />
wurden die einleitenden Worte<br />
aufgenommen.<br />
Schrömgens bezog sich auf Gedanken<br />
aus der systemischen Therapie, indem er<br />
Interventionstechniken erläuterte, mit denen<br />
das Ziel verfolgt werde, das kranke<br />
System so zu verstören, dass es sich selbst<br />
Bremen<br />
neu organisiert und zu einer tauglicheren,<br />
sprich gesunderen Lösung gelangt.<br />
Nach seinem Eindruck scheine die herrschende<br />
Politik in diesem Lande gegenwärtig<br />
dieses Konzept zu verfolgen,<br />
allerdings ohne dafür ausgebildet zu sein.<br />
Es werde wild interveniert, in der Hoffnung,<br />
dass sich dieses System neu und<br />
besser organisieren möge. Es erinnere<br />
zuweilen an den Tanz am Rande eines<br />
Vulkans. Im Weiteren legte er die zentralen<br />
Kritikpunkte aus psychotherapeutischer<br />
Sicht dar, ohne auf eine differenzierte<br />
Darstellung zu verzichten. Zugleich<br />
betonte er die Gesprächsbereitschaft gegenüber<br />
den Akteuren aus der Gesundheitspolitik.<br />
Es gab Beifall, im Nachgang<br />
aber durchaus kritische Stimmen aus<br />
dem ärztlichen Lager, die sich eine fundamentalere<br />
Oppositionshaltung gewünscht<br />
hätten.<br />
Bremen: Früherkennungsuntersuchungen sollen verbindlich gemacht werden<br />
Kritische Position der Bremer Kammer<br />
Der „Fall Kevin“ hat weit über Bremen hinaus<br />
eine alarmierende Wirkung: Offensichtlich<br />
ist es um die Prävention von<br />
Kindesmisshandlung und -vernachlässigung<br />
nicht annähernd so gut bestellt wie<br />
nötig. Dies gilt vermutlich nicht nur für Bremen,<br />
sondern ebenso für andere Bundesländer.<br />
Zu den regionalen politischen Konsequenzen<br />
gehören neben den in der Presse<br />
veröffentlichten Ankündigungen, Umstrukturierungen<br />
im Jugendamt vornehmen<br />
zu wollen, auch der Vorstoß des Bremer<br />
Senats, die Früherkennungsuntersuchungen<br />
U1 – U9 verbindlich machen<br />
zu wollen. Überregional kam zu einer Bremer<br />
Initiative im Bundesrat, der sich bereits<br />
im Frühjahr 2006 in einer Entschließung<br />
für eine höhere Verbindlichkeit der Untersuchungen<br />
ausgesprochen und von der<br />
Bundesregierung die Umsetzung dieser<br />
Maßnahme gefordert hatte. Auf Landesebene<br />
entschied sich der Senat in Bremen<br />
die nötigen Voraussetzungen für eine Verpflichtung<br />
zur Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen<br />
zu schaffen.<br />
Die Bremer Psychotherapeutenkammer<br />
hat sich sowohl in ihrer Stellungnahme<br />
an die Presse als auch in einer an den<br />
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit<br />
und Soziales gerichteten Erklärung der<br />
Position der Bremer Kinder- und Jugendärzte<br />
angeschlossen, die ein verbindliches<br />
Einladungswesen zu den Früherkennungsuntersuchungen<br />
u.a. wegen der Kontrollfunktion<br />
für die Ärzte für sehr problematisch<br />
und darüber hinaus für unzureichend<br />
halten. Dabei konnte sie sich inhaltlich<br />
auf ein Positionspapier der Bundespsychotherapeutenkammer<br />
zum Thema<br />
„Prävention von Kindesmisshandlung<br />
und Vernachlässigung“ beziehen, das anlässlich<br />
der o.g. Entschließung des Bundesrates<br />
im Mai 2006 erstellt und den zuständigen<br />
Gremien zugeleitet worden war.<br />
Dieses umfassende und informative Papier<br />
setzt sich nicht nur kritisch mit der Frage<br />
auseinander, wie sinnvoll und effizient eine<br />
Art Screening durch die Kinderärzte<br />
überhaupt sein kann. Eine kurze Bestandsaufnahme<br />
gibt Aufschluss über Häufigkeit,<br />
Schutz- und Risikofaktoren von Misshand-<br />
lung und Vernachlässigung. Es werden<br />
Forderungen nach einer Verbesserung des<br />
Frühwarnsystems begründet, die über ein<br />
verbindliches Einladungswesen weit hinausgehen<br />
und die Zuständigkeit beim öffentlichen<br />
Gesundheitswesen verortet. Die BPtK<br />
kritisiert in diesem Zusammenhang die Einsparungen<br />
im Bereich der Jugendhilfe, weist<br />
erneut auf die Unterversorgung in der Kinder-<br />
und Jugendlichenpsychotherapie hin.<br />
Die Notwendigkeit niedrigschwelliger Hilfeangebote<br />
sowie einer besseren Vernetzung<br />
der Hilfesysteme werden betont. Abschließend<br />
wird ein Überblick über ausgewählte<br />
regionale Präventionsprojekte aus verschiedenen<br />
Bundesländern aufgeführt.<br />
Es ist naheliegend, dass die Bremer Psychotherapeutenkammer<br />
diesen Standpunkt<br />
ausdrücklich unterstützt. Das Positionspapier<br />
als fundierte Hintergrundinformation<br />
zum Thema wurde deshalb der<br />
Bremer Presse zugeleitet. Mit einem ergänzenden<br />
Anschreiben, das die inhaltliche<br />
und aktuelle Bedeutung für Bremen<br />
unterstreicht, wurde das Papier auch der<br />
senatorischen Behörde übergeben.<br />
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Bermen