neue perspektiven? kreative kammerpunkte?
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Schleswig-<br />
Holstein<br />
Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer<br />
Entwicklung<br />
1998 fand in Bad Segeberg eine erste<br />
Konferenz, initiiert durch die Nordelbische<br />
Landeskirche, auf der man sich mit der<br />
Thematik regional bezogen fachlich und<br />
politisch beschäftigte, statt. Damals, noch<br />
vor dem Psychotherapeutengesetz, war<br />
die Berufsgruppe der psychotherapeutisch<br />
arbeitenden Psychologen durch den Berufsverband<br />
der Psychologen (BDP) auf<br />
dieser Konferenz vertreten.<br />
Insbesondere die Geistlichen in Schleswig-<br />
Holstein, die sich heute Notfallseelsorger<br />
nennen, schufen Strukturen, die insbesondere<br />
besonders belastete Berufsgruppen<br />
wie Polizei oder Feuerwehr betreuen. In<br />
Zusammenarbeit mit den Organisationen<br />
wurden Netzwerke kollegialer Ansprechpartner<br />
entwickelt und verschiedene Kriseninterventionsmaßnahmen<br />
für deren<br />
Mitarbeiter angeboten.<br />
Auch heute sind es vorwiegend Seelsorger,<br />
aber auch in Kurzlehrgängen fortgebildete<br />
Mitarbeiter der Rettungsdienstorganisationen,<br />
die, oft in Teams, akut psychisch<br />
belastete Personen betreuen. Schleswig-<br />
Holstein stellte, z.B. nach der Tsunami-Katastrophe,<br />
ein Team bestehend aus leitenden<br />
Notfallseelsorgern des Landes, Feuerwehleuten,<br />
Rettungsdienstmitarbeitern, einem<br />
Arzt und (immerhin) einer Psychologie-Studentin.<br />
Mit der Schaffung des Berufes des Psychologischen<br />
Psychotherapeuten hat sich<br />
die Situation verändert. Die Versorgung akut<br />
psychisch verletzter Personen kann eine<br />
heilkundliche Tätigkeit sein und fällt damit<br />
in den gesetzlichen Auftrag der approbierten<br />
Psychotherapeuten.<br />
Strukturelle Maßnahmen<br />
2005 berief die Bundespsychotherapeutenkammer<br />
Herrn Dipl.-Psych. Werner Wilk<br />
zum Vorstandsbeauftragten für Notfallpsychotherapie.<br />
Unter seiner Leitung wurde<br />
die Vorstandskommission „Notfallpsychotherapie“<br />
eingesetzt. Sie entwickelte die<br />
Empfehlungen zu Fortbildungs- und<br />
Schulungsinhalten „Psychotherapeutische<br />
Akutversorgung im Notfall“ und „Sofortmaßnahmen<br />
der psychologischen Ersten<br />
Hilfe“.<br />
94<br />
2006 wurde Dr. J. T. Kowalski als Beauftragter<br />
vom Vorstands der PKSH gegenüber<br />
der Notfallkommission der BPTK benannt.<br />
Im Oktober fand ein erstes Treffen<br />
der Beauftragten der Länderkammern in<br />
Düsseldorf statt, auf der der aktuelle Sachstand<br />
dargestellt und die Möglichkeiten eines<br />
koordinierten Vorgehens diskutiert<br />
wurden.<br />
Die Psychotherapeutenkammer Schleswig-<br />
Holstein sieht es als ihre Aufgabe an, Strukturen<br />
zu schaffen, die die Versorgung akut<br />
belasteter Menschen ermöglichen und<br />
Kolleginnen und Kollegen fachlich für diese<br />
spannende Aufgabe zu schulen.<br />
Für die Versorgung einer großen Anzahl<br />
Betroffener in Großschadens- oder Katastrophenlagen<br />
sollen Kolleginnen und<br />
Kollegen zu Notfallpsychotherapeuten und<br />
Leitenden Notfallpsychotherapeuten fortgebildet<br />
werden. Obwohl die gesetzlichen<br />
Grundlagen dafür bestehen, wird die Einbindung<br />
dieser Funktionen z.B. in die bestehenden<br />
Strukturen der Katastrophenschutzpläne<br />
des Landes eine Herausforderung<br />
für die Psychotherapeutenkammer.<br />
Am Institut für Medizinische Psychologie<br />
und Medizinische Soziologie des Universitätsklinikums<br />
Schleswig-Holstein, Campus<br />
Kiel, wurde 2004 ein <strong>neue</strong>r Forschungsschwerpunkt<br />
zur akuten notfallpsychotherapeutischen<br />
Versorgung psychisch<br />
traumatisierter Patienten etabliert. Durch<br />
ein Gesamtkonzept, in das die bestehenden<br />
ambulanten therapeutischen Angebote<br />
ebenso wie die Ambulanz integriert<br />
werden, soll eine Versorgungslücke geschlossen<br />
werden.<br />
Im Rahmen der Arbeit der Traumaambulanz<br />
wird Betroffenen unmittelbar psychotherapeutische<br />
Erst-Intervention und<br />
Akuttherapie angeboten, ohne die in der<br />
psychotherapeutischen Versorgung bekannten<br />
Wartezeitprobleme.<br />
Dieses Angebot ist in Schleswig-Holstein<br />
einmalig, in Hamburg hat die Idee am UKE<br />
bereits Nachahmer gefunden.<br />
Die Etablierung der Ambulanz wird wissenschaftlich<br />
begleitet. Sowohl Aspekte der<br />
Versorgungsforschung als auch die klas-<br />
sische Therapieforschung werden untersucht.<br />
Neben den Effekten der Vernetzung<br />
auf die Versorgungssituation geht es z.B.<br />
um die Entwicklung <strong>neue</strong>r frühdiagnostischer<br />
Verfahren der akuten Belastungsstörung.<br />
Vernetzungsarbeit<br />
Die eingerichtete Ambulanz versteht sich<br />
als erste fachliche Stelle in der Versorgung<br />
akut psychisch Belasteter. Nach der Erstdiagnostik<br />
soll bei Bedarf möglichst umgehend<br />
die Weiterbehandlung durch niedergelassene<br />
Kollegen oder gegebenenfalls<br />
in entsprechenden Fachkliniken erfolgen.<br />
Dazu soll ein Schleswig-Holstein-weites<br />
Netzwerk etabliert werden. Mit Beginn<br />
2007 werden, in Abstimmung mit der PsychotherapeutenkammerSchleswig-Holstein,<br />
die bestehenden Ressourcen erfasst<br />
und analysiert. Psychotherapeutisch arbeitende<br />
Kolleginnen und Kollegen werden<br />
nach ihren Möglichkeiten der Versorgung<br />
von psychisch Traumatisierten befragt. So<br />
kann eine schnelle Weitervermittlung an<br />
kompetente Stellen erfolgen. Diese Maßnahmen<br />
erlauben es auch, Ausbildungsbedarf<br />
zu ermitteln und gegebenenfalls<br />
interessierten Kolleginnen und Kollegen<br />
Seminarangebote zu machen.<br />
Fortbildung<br />
Fortbildungen für die Arbeit mit psychisch<br />
traumatisierten beziehen sich meist auf<br />
chronisch erkrankte Patienten. Angebote<br />
zum Umgang mit akut traumatisierten gibt<br />
es zumeist auf der Ebene der Laienhilfe<br />
(Stichwort: Debriefing).<br />
Die PKSH plant daher in Zusammenarbeit<br />
mit der Traumaambulanz die Ausbildungsaktivitäten<br />
in diesem Bereich zu<br />
verstärken. Neben der rein fachlich psychotherapeutischen<br />
Arbeit wird es auch<br />
erforderlich sein, geeignete Kolleginnen<br />
und Kollegen auf Leitungsaufgaben vorzubereiten.<br />
Hierzu gehört insbesondere die<br />
Vermittlung von Kenntnissen z.B. über die<br />
Organisationsformen von Rettungsdiensten,<br />
Polizei und Feuerwehr (die so genannte<br />
Stabsarbeit). Auch der Erwerb von<br />
Feldkompetenz gehört dazu. Dazu könnten<br />
Kollegen z.B. bei Großschadensübungen<br />
als Notfallpsychotherapeuten teilnehmen.<br />
Psychotherapeutenjournal 1/2007