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neue perspektiven? kreative kammerpunkte?

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Aktuelles aus der Forschung<br />

gramme, die sich auf den Umgang<br />

mit depressiven Gedanken<br />

und Suizidgedanken beziehen,<br />

wie z.B. Krisenberatung<br />

am Telefon, Informationsvermittlung<br />

zu Depression für<br />

Hausärzte, Gruppenaktivitäten<br />

und Psychoedukation nur Frauen<br />

erreichen. Programme, die<br />

sich eher auf Suizidpläne und<br />

42<br />

Impulsivität konzentrieren, wirken<br />

auf beide Geschlechter. Als<br />

Ursache dafür werden geschlechtsspezifische<br />

Effekte diskutiert,<br />

die darauf hinweisen,<br />

dass Suizidalität bei Männern<br />

in größerem Maße als bei Frauen<br />

durch serotonerge Dysfunktionen,<br />

Aggression, Alkoholismus,<br />

Substanzmißbrauch<br />

und daraus resultierende Impulsivität<br />

mitbestimmt wird.<br />

Kommentar: Die Untersuchung<br />

verwendet ein interessantes<br />

quasi-experimentelles<br />

Design. Unklar ist, durch welche<br />

Maßnahmen die Verringerung<br />

des Suizidrisikos erreicht<br />

wurde: War die Inter-<br />

Behandlung von Sozialphobie bei Kindern: Langzeiteffekte<br />

Beidel, D., Turner, S. & Young,<br />

B. (2006). Social Effectiveness<br />

Therapy for Children: Five<br />

Years Later. Behavior Therapy,<br />

37, 416-425.<br />

Soziale Phobien erweisen sich<br />

als prognostisch ungünstig für<br />

die Entwicklung von Kindern<br />

und Jugendlichen, da sie neben<br />

grundsätzlichen Problemen<br />

und Schwierigkeiten bei der<br />

Lebensbewältigung, einer Einschränkung<br />

der Lebensqualität<br />

auch zu einer Reihe von Folgeerkrankungen<br />

(insbesondere<br />

Substanzmissbrauch) führen<br />

können. Die Studie untersucht<br />

die langfristige Wirksamkeit einerkognitiv-verhaltenstherapeutischenPsychotherapie<br />

bei Kindern mit einer Sozialphobie<br />

im Katamnesezeitraum<br />

von 3, 4 und 5 Jahren. Im 5-<br />

Jahres-Zeitraum, in dem die Patienten<br />

mittlerweile zwischen 13<br />

und 20 Jahren alt waren, fand<br />

eine umfassende Diagnostik<br />

statt sowie ein Vergleich zu einer<br />

parallelisierten Kontrollgruppe,<br />

die keine psychischen<br />

Auffälligkeiten aufwies (life-time).<br />

Über 80% der 31 Patienten<br />

erfüllten nach 5 Jahren die<br />

Kriterien für eine Sozialphobie<br />

nicht mehr, waren also dies-<br />

bezüglich vollständig remittiert.<br />

Von diesen remittierten rund<br />

1/3 erst im Katamnesezeitraum.<br />

Ob dieser Effekt auf die Behandlung<br />

oder andere Faktoren<br />

(z.B. Folgebehandlungen,<br />

Spontanremission) zurück zu<br />

führen ist, lässt sich nicht mit<br />

Bestimmtheit sagen. Auch die<br />

selbsteingeschätzte Ängstlichkeit<br />

und andere psychopathologische<br />

Symptome verbesserten<br />

sich zunehmend nach der Behandlung<br />

und blieben während<br />

des gesamten Katamnesezeitraums<br />

stabil.<br />

Im Vergleich zwischen Kontrollund<br />

Behandlungsgruppe zeigten<br />

sich bezüglich einem globalem<br />

Maß zum psychosozialen<br />

Funktionsniveau zwar signifikante<br />

Unterschiede zugunsten<br />

der Kontrollgruppe, die<br />

Werte der Behandlungsgruppe<br />

lagen jedoch im Normalbereich<br />

und lassen auf ein gut angepasstes<br />

soziales Funktionsniveau<br />

schließen.<br />

Es ließen sich keine Unterschiede<br />

bezüglich der allgemeinen<br />

Psychopathologie eruieren. Ein<br />

Vergleich der beiden Untersuchungsgruppen<br />

hinsichtlich<br />

der sozialen Fertigkeiten (erhoben<br />

anhand von Verhaltens-<br />

beobachtung in schwierigen<br />

Rollenspielsituationen) zeigte<br />

bessere Fertigkeiten der Kontrollgruppe.<br />

Wurden für diese<br />

Auswertung lediglich diejenigen<br />

Patienten berücksichtigt, die auf<br />

die Behandlung angesprochen<br />

hatten (treatment responder),<br />

waren die ehemaligen Patienten<br />

genauso sozial kompetent<br />

wie die psychisch unauffällige<br />

Kontrollgruppe. Dies könnte<br />

dahingehend interpretiert werden,<br />

dass soziale Fertigkeiten<br />

zwar schwierig zu verändern<br />

sind, jedoch gleichzeitig ein Kriterium<br />

für das Ansprechen auf<br />

eine Behandlung (treatment<br />

response) darstellen können<br />

und damit Hinweise auf eine<br />

günstige Prognose liefern.<br />

Besonders hervorzuheben ist,<br />

dass die 5-Jahres-Katamnese<br />

zu einem besonders sensitiven<br />

Alter für die Entwicklung einer<br />

Sozialphobie, also zu einem<br />

kritischen Zeitpunkt für einen<br />

möglichen Rückfall erhoben<br />

wurde. Die guten Ergebnisse<br />

unterstreichen also die Effektivität<br />

und Wirksamkeit einer<br />

frühzeitigen Behandlung von<br />

Sozialphobien bei Kindern, um<br />

eine normale psychosoziale<br />

Entwicklung zu ermöglichen.<br />

Dies ist besonders wichtig, weil<br />

vention durch den Hausarzt<br />

und die konsiliarische Tätigkeit<br />

des Psychiaters wirksam oder<br />

eher die Psychoedukation?<br />

Welche Intervention neben<br />

der Diagnostik führte der<br />

Hausarzt durch? Diese Fragen<br />

lassen sich anhand der Veröffentlichung<br />

nicht beantworten.<br />

Ergebnisse aus anderen Untersuchungen<br />

belegen, dass eine<br />

Sozialphobie im Kindesalter, vor<br />

allem mit Beginn vor dem 11.<br />

Lebensjahr, nicht spontan remittiert,<br />

sondern bestehen<br />

bleibt. Eine sozialphobische<br />

Episode dauert durchschnittlich<br />

18 Jahre, im Gegensatz zu einer<br />

depressiven Episode, die<br />

durchschnittlich 1 Jahr lang<br />

anhält.<br />

Kommentar: Die Studie liefert<br />

weitere Belege dafür, dass<br />

verhaltenstherapeutische Interventionen<br />

effiziente und effektive<br />

Maßnahmen für die Behandlung<br />

von Sozialphobien<br />

bieten, die auch im Langzeitverlauf<br />

wirksam bleiben und zu<br />

einem stabilen Funktionsniveau<br />

führen. Aus methodischer Sicht<br />

ist anzumerken, dass die ursprüngliche<br />

Kontrollgruppe<br />

(Prä- und Post-Zeitpunkt) nicht<br />

katamnestisch untersucht wurde,<br />

statt dessen eine <strong>neue</strong><br />

Kontrollgruppe rekrutiert wurde.<br />

Optimalerweise wird die<br />

Wirksamkeit einer Behandlung<br />

durch den Vergleich von zwei<br />

gleichbleibenden Gruppen vor,<br />

direkt nach der Behandlung<br />

sowie im Katamnesezeitraum<br />

über die gesamte Dauer überprüft.<br />

Psychotherapeutenjournal 1/2007

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