neue perspektiven? kreative kammerpunkte?
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Berlin<br />
Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer<br />
gekräfte leisten, reicht als Unterstützung für<br />
die Bewältigung der Erkrankung aus. Das<br />
fehlende Drittel der Krebspatienten gilt als<br />
belastet und profitiert von niederschwelligen<br />
psychosozialen Beratungsangeboten. Dazu<br />
gehören supportive Gespräche, in denen<br />
versucht wird die Belastungen zu differenzieren<br />
(z.B. Ängste in konkrete Befürchtungen<br />
zerlegen) und einen Raum für die Empfindungen<br />
in der <strong>neue</strong>n Situation zu geben.<br />
Zudem können Gespräche, die der<br />
Informationsvermittlung (z.B. psychische<br />
Aspekte onkologischer Erkrankungen, Sortieren<br />
und „Übersetzen“ von medizinischen<br />
Fakten, Vermittlung von psychosozialen Anlaufstellen)<br />
dienen, hilfreich sein. Aber auch<br />
das Vermitteln von Entspannungstechniken,<br />
Visualisierungsverfahren und <strong>kreative</strong> Therapien<br />
gehört zur niederschwelligen psychologischen<br />
Unterstützung belasteter<br />
Krebspatienten.<br />
Psychoonkologische Begleitung<br />
im Brustzentrum<br />
Die psychoonkologische Versorgung von<br />
Brustkrebspatientinnen im stationären Setting<br />
stellt neben der Versorgung durch Ärzte,<br />
Pflegeteam und Physiotherapeuten eine<br />
wichtige Hilfestellung dar und kann eine<br />
adäquate Krankheitsverarbeitung der betroffenen<br />
Frauen zeitnah unterstützen. In vielen<br />
Brustzentren wird den betroffenen Patientinnen<br />
psychosoziale Unterstützung auf<br />
verschiedenen Ebenen angeboten: in Form<br />
von sozialrechtlichen Beratungen, maltherapeutischen<br />
Angeboten (Kunsttherapie)<br />
aber auch durch Patientenseminare und<br />
psychologische Beratungen.<br />
In den psychologischen Beratungsgesprächen,<br />
die direkt nach der Diagnosestellung,<br />
nach der Operation oder auch im Rahmen<br />
der ambulanten Chemotherapie angeboten<br />
werden, wird den Patientinnen<br />
Raum für ihre Krankheitsverarbeitung gegeben.<br />
Das kann bedeuten, die Diagnose<br />
Brustkrebs zu realisieren und zu beginnen,<br />
diese für sich anzuerkennen, gemeinsam<br />
nach relevanten und hilfreichen Informationen<br />
zu suchen oder auch Gefühle<br />
wie Trauer, Wut und Angst sowie Gedanken<br />
zur momentanen Situation auszusprechen.<br />
Immer verbunden mit dem Ziel,<br />
bereits bestehende Ressourcen im Umgang<br />
mit der Erkrankung zu aktivieren und<br />
zu erhalten.<br />
60<br />
Viele der betroffenen Frauen sehen sich<br />
aufgrund der Diagnose Brustkrebs in einer<br />
gedanklichen und emotionalen Auseinandersetzung<br />
mit dem Tod, denn damit<br />
wird ‚Krebs’ in unserer Gesellschaft noch<br />
immer automatisch assoziiert. Hinzu kommt,<br />
dass sich viele Patientinnen in ihrer körperlichen<br />
Unversehrtheit verletzt fühlen, vor<br />
allem nach dem vollständigen Verlust ihrer<br />
Brust oder aufgrund von Beeinträchtigungen<br />
durch operative Therapiemaßnahmen<br />
(wie z.B. die Entfernung der axillären Lymphknoten)<br />
oder medizinisch empfohlene<br />
Folgebehandlungen (wie die Chemotherapie,<br />
die Radiatio oder die antihormonelle<br />
Therapie). Diese Eingriffe in den Körper werden<br />
häufig als Bedrohung des Selbstwertgefühls<br />
aufgefasst. Keine andere Erkrankung<br />
als Brustkrebs gilt als stärkerer Angriff<br />
auf die weibliche Identität und Attraktivität.<br />
Für das medizinische Fachpersonal in<br />
Krankenhäusern ist es häufig wenig offensichtlich,<br />
dass die Patientinnen einen Autonomieverlust<br />
erleben. Er kann sich im Rahmen<br />
der medizinischen Behandlung in einem<br />
Abhängigkeitsgefühl von Ärzten und<br />
Pflegenden sowie einem Kontrollverlust bemerkbar<br />
machen. Hier kommt den Patientinnen<br />
der intensive kommunikative Austausch<br />
der unterschiedlichen Berufsgruppen<br />
in Form von Teambesprechungen<br />
und gemeinsamen Visiten zu Gute.<br />
Die Brustkrebserkrankung kann je nach<br />
Verlauf auch zu deutlichen Rollenveränderungen<br />
in der Partnerschaft, der Familie<br />
oder auch im Berufsleben führen. Für<br />
die betroffenen Frauen werden zeitweise<br />
oder auf längere Sicht Lebensentwürfe<br />
und Zukunftsziele im persönlichen und<br />
beruflichen Bereich in Frage gestellt. Viele<br />
Patientinnen fürchten zudem eine soziale<br />
Isolierung und Stigmatisierung, denn nicht<br />
selten erleben sie als Reaktion auf ihre<br />
Erkrankung Unsicherheit, Befangenheit<br />
und sogar einen Rückzug des sozialen<br />
Umfelds, das sich angesichts des Umgangs<br />
mit dem Thema Krebs hilflos und überfordert<br />
fühlt.<br />
Die Reaktionen auf das psychologische<br />
Angebot fallen unterschiedlich aus. Viele<br />
Patientinnen können sich schnell auf die<br />
Beratungen einlassen, ihre Bedürfnisse<br />
äußern und sich in den Gesprächen ent-<br />
lasten. Mit dem Gesprächsangebot für<br />
jede Brustkrebspatientin wird das Gefühl<br />
einer weiteren Stigmatisierung vermieden.<br />
Andere Frauen benötigen Zeit zum Überlegen,<br />
da sie sich im ersten Moment überfordert<br />
fühlen, über ihre Situation zu sprechen<br />
und sich einen späteren Zeitpunkt<br />
für eine Beratung wünschen. Für einige<br />
Frauen ist eine psychologische Begleitung<br />
weder zu diesem noch zu einem anderen<br />
Zeitpunkt vorstellbar, da sie ihren Weg<br />
durch die Krebserkrankung alleine bzw. mit<br />
Hilfe der Familie meistern oder die Inanspruchnahme<br />
des Psychologen als weitere<br />
Schwächung des Selbstwertgefühls ansehen<br />
und somit abwehren.<br />
Neben den Beratungen zur Krankheitsverarbeitung<br />
und Kriseninterventionen<br />
spielen die Gespräche mit den Partnern<br />
und den Kindern der Patientinnen eine<br />
wichtige Rolle. Schließt sich eine Chemotherapie<br />
an, kann die Patientin in diesem<br />
Zeitraum ebenfalls psychologisch begleitet<br />
werden. Das beinhaltet die Anleitung<br />
zu Entspannungs- und Visualisierungsverfahren.<br />
Auf Wunsch und bei Bedarf der<br />
Frauen wird im Hinblick auf die weitere<br />
ambulante Versorgung der Kontakt zu<br />
niedergelassenen Psychotherapeuten mit<br />
psychoonkologischer Zusatzqualifikation,<br />
zu psychosozialen Beratungsstellen für<br />
Betroffene und Angehörige sowie zu anderen<br />
psychoonkologischen Angeboten<br />
(Qi Gong, Sportgruppen, Selbsthilfegruppen<br />
etc.) hergestellt.<br />
Ambulante gruppentherapeutische<br />
Begleitung am<br />
Beispiel Integratives Mentales<br />
Gesundheitstraining<br />
Zu den bekanntesten Gruppenangeboten<br />
für Krebspatienten gehören die Simontonkurse<br />
und das Bochumer Gesundheitstraining.<br />
Beide setzen auf Entspannung und<br />
Visualisierungen, die das Immunsystem<br />
stärken sollen. Die Patienten werden ermutigt,<br />
mehr Aufmerksamkeit auf ihre innere<br />
Weisheit zu legen, und durch die Achtsamkeit<br />
für die eigenen Bedürfnisse und Ziele<br />
ihre Selbstheilungskräfte zu fördern.<br />
Wir wollen hier ein Integratives Mentales<br />
Gesundheitstraining vorstellen, das in der<br />
Berliner Beratungsstelle der Gesellschaft für<br />
Psychotherapeutenjournal 1/2007