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2015-04

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Gesellschaft<br />

● Nur ein Land, das auch die eigenen Interessen im<br />

Blick behält, kann auf Dauer attraktiv bleiben für genau<br />

die Zuwanderer, die es vielleicht dringend braucht.<br />

● Nur ein Land, das bestrebt ist, seine Kultur und Tradition<br />

zu bewahren und zu pflegen, kann einen Rahmen für<br />

Integration vorgeben und glaubhaft Integration einfordern. 1)<br />

„Wir schaffen das!“<br />

Das Bekenntnis der Bundeskanzlerin vom 15. Sept. <strong>2015</strong><br />

lässt einige Fragen offen: Wer ist gemeint und was ist zu<br />

schaffen? Sind nur die „Herkunftsdeutschen“ angesprochen?<br />

Die Flüchtlinge? Oder alle gemeinsam? Falls Integration gemeint<br />

ist: Was genau ist damit gemeint? Wie soll das geschehen<br />

– mit welchem Aufwand - und in welchem Zeitraum?<br />

Welche Herausforderungen auf Deutschland zukommen,<br />

vermittelt der folgende Überblick:<br />

Städtebau und Wohnungsbau<br />

Einer Prognose des Bundesinnenministeriums zufolge<br />

werden in diesem Jahr mehr als 800 000 Asylbewerber nach<br />

Deutschland kommen, für die laut Schätzung des Bundesbauministeriums<br />

jährlich (fünf Jahre lang) 400000 Wohnungen<br />

zu bauen sind.<br />

Das ist fast doppelt so viel wie bisher und damit ist das<br />

Risiko von Ghetto-Bildungen, der räumlichen Absonderung<br />

einer Bevölkerungsgruppe verbunden. Diese, als Segregation<br />

bezeichnete Ausgrenzung, läuft einer Integration zuwider.<br />

Wenn sich die Segregation mit einer deutlichen Ungleichverteilung<br />

von Lebenschancen und gesellschaftlichen Privilegien<br />

verbindet, kann sie zu Ausgrenzung und Diskriminierung führen.<br />

Diese Entwicklung wird durch das sog. „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“<br />

vom 20. Oktober <strong>2015</strong> begünstigt. 2)<br />

Arbeit<br />

Nach Schätzungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und<br />

Berufsforschung ist davon auszugehen, dass langfristig 55<br />

Prozent der Geflüchteten in Deutschland erwerbstätig sein<br />

können (Claudia Walther, Bertelsmann-Stiftung).<br />

Fehlende Deutschkenntnisse bleiben vorerst eine große<br />

Hürde für den Zugang zum Arbeitsmarkt, auch wenn ein<br />

ausreichendes Angebot an allgemeinen und berufsbezogenen<br />

Sprachkursen geplant ist. Viele Flüchtlinge werden illegale<br />

oder prekäre Arbeitsverhältnisse akzeptieren (müssen) - vor<br />

allem Personen ohne Aufenthaltsrecht bzw. Arbeitserlaubnis.<br />

Hinzu kommt der absehbare, durch Digitalisierung<br />

beförderte Umbruch in der Arbeitswelt: „Prinzipiell gilt:<br />

Je schlechter die Schulbildung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass man ersetzt wird. 80 Prozent ohne Abschluss,<br />

aber ‚nur‘ 18 Prozent mit Promotion.“ 3)<br />

Bildung<br />

Nur wenige geflüchtete Eltern (schätzungsweise zehn<br />

bis 15 Prozent) geben ihre Kinder in Kitas, denn für die<br />

entwurzelten Eltern ist zunächst ganz wichtig, die Familie<br />

zusammenzuhalten.<br />

Das Deutsche Studentenwerk schätzt, dass etwa 20<br />

Prozent der Flüchtlinge in Deutschland studieren wollen.<br />

Obwohl einzelne Herkunftsländer (z.B. Syrien) ein hohes<br />

Bildungsniveau haben, liegt im Umgang mit der deutschen<br />

Sprache und der lateinischen Schrift eine große Barriere. Der<br />

Anteil von Analphabeten ist bei Flüchtlingen aus anderen<br />

Herkunftsländern teils sehr hoch. Insbesondere bei Frauen.<br />

Religion<br />

Der Islam wird in Deutschland künftig eine wichtigere<br />

Rolle spielen, denn viele Flüchtlinge sind Muslime, und für<br />

viele ist die Religion wichtiger Bestandteil ihrer Identität.<br />

Zu den Rechten jeder Religionsgemeinschaft gehören<br />

auch Pflichten. So müssen sich die Vertreter des Islam auf<br />

Ansprechpartner einigen und gemeinsam bereit sein, mit<br />

dem Staat in vielen Bereichen zusammenzuarbeiten und<br />

ihm gewisse Kontrollmöglichkeiten einzuräumen.<br />

Gesundheit<br />

Mindestens die Hälfte der in Deutschland ankommenden<br />

Flüchtlinge ist nach Schätzungen der Bundespsychotherapeutenkammer<br />

(BPtK) psychisch krank: Die meisten leiden<br />

unter einer posttraumatischen Belastungsstörung oder unter<br />

Depressionen.<br />

Zivilgesellschaft<br />

Zivilgesellschaft ist die Welt der privaten Initiativen,<br />

der Vereine, der Kollegen, Freunde und Nachbarn. Sie gilt<br />

als der „Dritte Sektor“ neben der Wirtschaft und der Politik.<br />

Vor allem hier kann und muss eine „Schule der Demokratie“<br />

dazu einladen, Probleme zu thematisieren, an die<br />

sich staatliche Stellen nicht herantrauen oder mit denen sie<br />

überfordert sind. Vereine und Initiativen können Aufgaben<br />

wahrnehmen wenn es darum geht, zivile Werte mit Zivilcourage<br />

zu verteidigen.<br />

Erich Kerkhoff<br />

Quellen: 1) Hans Jörg Schrötter: Einwanderungspolitik in Deutschland, S. 14, EDITION LINGEN-<br />

STIFTUNG. 2) Artikel 6: Änderung des Baugesetzbuchs. 3) FOCUS, 12. Sept. <strong>2015</strong>: Kollege Roboter<br />

Wie wäre es?<br />

Wie wäre es, wenn wir mit der Macht der guten Gedanken,<br />

das Licht in uns am Leben erhalten?<br />

Wir müssten doch nur die größer werdende Flamme,<br />

mit Liebe, Mut und Rückgrat verwalten,<br />

und zusehen, dass die Herzen nicht erkalten.<br />

Es würde zwangsläufig brechen das Schweigen,<br />

denn wir würden den Feinden das Licht in uns zeigen.<br />

Die Fackeln würden wie Leuchttürme im Dunklen stehen,<br />

sie würden so hell leuchten, dass die Menschen verstehen,<br />

und ganz besonders die Schwachen sie sehen.<br />

Vielleicht wäre so der Frieden ja gar nicht nicht mehr weit,<br />

und das, auch noch nach der Weihnachtszeit.<br />

Eva Schumacher<br />

4/<strong>2015</strong> durchblick 23

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