2015-04
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Gesellschaft<br />
Reparieren ist angesagt<br />
Kindergarten besucht das Repaircafé in Siegen<br />
Zwanzig quirlige Kindergaren-Kids laufen in gesitteten<br />
Zweierreihen vom Bus ins Mehrgenerationenzentrum<br />
MGZ in der Siegener St. Johann-Strraße 7.<br />
Ziel ist das bereits im August eröffnete „Repaircafé“ des Vereins<br />
Alter Aktiv. Dort entdecken sie gleich die Arbeitstische<br />
mit allerlei Werkzeug darauf. Doch ehe sie sich das alles<br />
genauer anschauen<br />
dürfen,<br />
bringt<br />
Günter<br />
Westerholt,<br />
Diakon der<br />
Kirchengemeinde<br />
und<br />
Hobbytüftler,<br />
sie ins<br />
Technik ist spannend<br />
Bistro des<br />
MGZ. Zu einem „Repaircafé“ gehört wie der Name schon<br />
sagt, natürlich auch ein Café. Zuerst erfahren die kleinen Besucher<br />
bei Limo und Keksen, was die Experten des „Repaircafés“<br />
so alles machen und warum sie das tun. Sie hören, dass<br />
alle elektrisch betriebenen Kleingeräte einen Motor haben,<br />
der kann kaputt gehen oder einen Kabelschaden haben. Auf<br />
die Frage von Günter Westerholt: „Wenn der Motor keinen<br />
Strom bekommt, was passiert dann?, wissen die Kids sofort<br />
eine Antwort. „Nichts geht mehr“. Im „Repaircafé“, so erfahren<br />
die Kinder, versuchen die Experten herauszufinden,<br />
warum der Motor nicht mehr läuft. Dazu muss man aber<br />
das Gerät aufschrauben können. Das geht leider nicht bei<br />
allen Geräten. Was sonst noch so an elektrischen Helfern im<br />
Haushalt und auch an Spielgeräten kaputtgehen kann, auch<br />
das wisssen die Kinder ganz genau. Sie wissen auch, dass<br />
die kaputten Sachen dann meist im Müll landen und finden<br />
es toll, dass sie wieder ganz gemacht werden können. Wie<br />
einfach das manchmal geht, werden sie gleich erfahren.<br />
Gestärkt geht es ab zu den Tischen mit den Werkzeugen<br />
und Geräten. Hier wird es dann richtig spannend: Was<br />
ist ein Spannungsprüfer? Wozu braucht man den, und wie<br />
funktioniert der? Das zeigt der Experte den Kindern am<br />
Beispiel einer Glühbirne. Der Spannungsprüfer zeigt Grün,<br />
das heißt, die Lampe ist ganz und leuchtet. Was kann man<br />
alles mit einem Lötkolben anfangen? Wozu braucht man<br />
den? Auch das wird den Kindern vorgeführt. Was braucht<br />
man zum Öffnen der Elektrogeräte? Einen Schraubenzieher,<br />
richtig! Vieles können die Fünfjährigen schon selbst<br />
zuordnen und sind ganz bei der Sache.<br />
In einem nächsten Raum liegt ein auseinandergenommener<br />
kleiner Motor. Den haben Jugendliche ausgebaut, die<br />
hier auch werkeln und basteln. Im Innern des Motors entdecken<br />
die Kinder Kupferdraht, wertvoller Rohstoff also, wie<br />
Foto: Anne Alhäuser<br />
Foto: Anne Alhäuser<br />
Günter Westerholt ihnen erklärt. „Und wo landet so ein kaputtes<br />
Ding?“ fragt er. „Im Mülleimer“, antwortet eines der<br />
Kinder. „Und dann im Müllauto“, weiß ein anderes. „Ja, und<br />
dann?“ „Auf der Müllhalde!“ Auch das wissen die Kinder<br />
sehr genau. Ja, aber wieso ist das ein Problem? Das erklärt ihnen<br />
Günter Westerholt ausführlich. Rohstoffe werden immer<br />
weniger. Wenn wir die kaputten Geräte einfach wegwerfen,<br />
vernichten wir damit auch die wertvollen Rohstoffe, die noch<br />
darinstecken. „Und was machen wir, wenn es keine Rohstoffe<br />
mehr gibt?“, fragt Westerholt. „Dann gehen wir auf<br />
die Müllhalde und holen sie wieder raus“, erwidert ein ganz<br />
pfiffiges Kerlchen. Alle haben schnell begriffen, worum es<br />
im „Repaircafé“ geht. Reparieren statt wegschmeißen, Rohstoffe<br />
erhalten statt sie zu vernichten.<br />
An einem anderen Tag waren überwiegend „Oldies“ im<br />
„Repaircafé“. Neben einem wunderschönen alten Kofferradio<br />
aus den Sechzigern, das ein Senior repariert haben wollte,<br />
schoss an diesem Tag ein alter Plattenspieler aus den fünfziger<br />
Jahren den Vogel ab. Sein auch schon in die Jahre gekommener<br />
Besitzer gab an, dass er wohl noch einwandfrei liefe,<br />
aber die Lautstärke leider nicht mehr verstellbar sei. Das<br />
alte, spröde gewordene Bakeliträdchen zur Lautverstellung<br />
saß fest. Es würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zerbrechen,<br />
wenn man es mit Gewalt zu lösen versuche. Zu schade! Zur<br />
Freude seines Besitzers gelang es einem Experten, einen alten<br />
quietschgelben CD-Player wieder ans Laufen zu bringen.<br />
So wechseln sich Erfolg und Misserfolg ab.<br />
Was wie eine „nette Beschäftigungsidee“ daherkommt,<br />
ist sicher nicht die Lösung von Zukunftsproblemen, aber<br />
ein Anstoß zum Umdenken. Das haben die Erzieherinnen<br />
des Rosterberg-Kindergartens erkannt und pädagogisch genutzt.<br />
Ein „Repaircafé“ gibt es auch in Hilchenbach.<br />
Öffnungszeiten siehe Seite 58 Anne Alhäuser<br />
58 durchblick 4/<strong>2015</strong>