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Gottfried August Bürgers Einfluß August \filhelm Schlegel.

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-- 74 --<br />

,,Oötz" erschien erst Juni l7ZJ.) Denn die zeitgenrissische<br />

tsardendichtung bot sprachlich und inhaltlich etwas, das<br />

nur durch die Absicht an die altdeutsche Zeit erinnerte.<br />

Für die romantischen Dichter in ihrem Bestreben, das<br />

'ersunkene Mittelalter wieder zu lebendiger Anschaulichkeit<br />

zu erwecken, sollte das Archaisiere n gerad,ezu zu<br />

einem unentbehrlichen Kunstmittel werden (Beispiele fiir<br />

B.-s archaisierende Uebersetzung:<br />

Wzb. IV. 35: ,,Fürwahr! Eine Zage (fir Feigling)<br />

wär ich" (2. tg v. u.). A. a. 0. 6. Buch der llias. S. 33:<br />

,,Zeuch" (2.26 v. u.) u. a.)<br />

Kein Wunder, daß diese Uebersetzung den ungeteil_<br />

ten Beifall Schl.-s fand. Wenn übrigens B. damals, sich<br />

auf Herder berufend, den 5 füßigen Jambus seiner<br />

Uebersetzung mit Feuereiier verfocht, so hat er später<br />

diesen Standpunkt aufgegeben rnit den hexarnetrischen<br />

Fragmenten v. J. 1783. Jedoch auch die .lamben B._s<br />

rverden von Schl. günstig beurteilt (,,Bürger,. 1600 Rijck.<br />

VIIL l33). Seine hexanetrische Uebersetzung erführt<br />

a. a. O. das Urteil: (S. l34)l ,..-- unter allern. was er<br />

poetisch nachgebildet, ist nichts so frei von Manier, und<br />

sein langer Umgang mit dern Sänger hat ihm manches<br />

von seiner traulichen und naiven Weise zu eigen ge_<br />

macht." Am eingehendsten beschäftigt sich Schl. mit B.-s<br />

Homerübersetzung in der Rezension über ,,Homers<br />

Werke von Johann Heinrich Voß. Altona 179J.. (Rez. aus<br />

der Jenaischen allg. Literatwzeitung 1796) Böck. X 136 ff.<br />

Die neuere Voßische Uebersetzung wird der Bür_<br />

gerischen in Beispielen von je 32 Versen gegenübergestellt.<br />

Dabei kommt Schl. zu dem Resultat, daß Voß<br />

zwar .d,er gewandtere Metriker, der sprachkundigere<br />

Uebersetzer sei, daß B.-s Wiedegabe aber trotzdem innerlich<br />

treuer ,,uns bekannter und herzlicher anspreche,,,<br />

denn ,,Alles, was die deutsche Sprache, auch clie alte. an<br />

naiven, kräftigen, zutraulichen Wörtern und Wendungen<br />

hat, stand ihm zu Gebote";') ,,gerade, offen untl ohne<br />

Aengstlichkeit sagt seine Muse Alles, wie sie es empfand;<br />

er war selbst Volksdichter und vergaß nie, daß Homer es<br />

im höchsten Sinne des Wortes gewesen.'.<br />

1=<br />

- - t.) --<br />

Mit dem Bedauern, daß leider nur Bruchstücke vorhanden<br />

seien, schließt die Rezension ab.<br />

Gerade dasjenige Moment, auf das es B. am meisten<br />

ankam, die archaisierende Färbung der Sprache und ihre<br />

Ausgestaltung durch,,naive, kräftige, zutrauliche Wörter<br />

und Wendungen" ist als der Vorzug, der R. zum Dolmetsch<br />

Homers befähigte, hervorgehoben.<br />

Die Parallele zwischen dem ,,Volksdichter Homer"<br />

und dem ,,Volksdichter Bürger" knüpft weniger an die<br />

Uebersetzung an, als an die Rolle, die Homer als ,,Volksdichter"<br />

in der Theorie B.-s spielt. B. selbst vergleicht<br />

sich gerne mit seinem Vorbilde. Wzb. III 161: ,,In dem<br />

Sinne, wie ich ein Volksdichter, oder lieber ein popttlärer<br />

Dichter zu sein wünsche, ist Homer wegen der spiegelhellen<br />

Durchsichtigkeit und Tempöratur seines Gesangstromes,<br />

der größte Volksdichter aller Völker und Zeiten."<br />

(Vorrede zur 2. Ausg. der Ged. 1789.)<br />

Wzb. III. 20: ,,Man hat mich hier und da unsern<br />

Volksdichter, ia wohl gar den größten Volksdichter genannt."<br />

Das bedeute, rneint 8., eine Gleichstellung mit<br />

Homer, Ossian und Shakespeare. (,,Von der Popularität<br />

der Poesie" 1784.)<br />

Homer ist ein Volksdichter schon wegen der,,spiegelhellen<br />

Durchsichtigkeit", d. h. der Verständlichkeit. ,,Die<br />

Muse der Romanze" ist dieselbe, welche auch ,,die fiias<br />

und Odyssee gesungen hat." (Wzb. III. 11. Aus ,,Daniel<br />

Wunderlichs Buch" 1777) - kurz, Homer tritt immer in<br />

gleicher Verkleidung in B.-s Doktrin auf.<br />

Die Voßrezension Schl.-s v. J. 1796 erhebt dagegen<br />

noch keinerlei Einspruch, ia sie scheint eher zuzustimmen.<br />

Die Bürgerrezension v. J. 1800 (Böck. VIII 76 f.) geht<br />

darüber hinweg: ,,I)ie Frage, inwiefern Homers Rhapsodien<br />

ursprünglich volksmäßig waren, oder bloß für die<br />

Edlen und Großen gesungen wurden, würde uns hier zu<br />

weit führen." [Jm so deutlicher wird Schl. in den Berliner<br />

Vorlesungen 1802i03 (Min lll. 118. 37 f.), wo er<br />

(ebenso wie Min. III. 160 29 f.) schari scheidet zwischen<br />

Natur und VolkSpoesie. Naturdichter sei Homer nicht<br />

gewesen. Seine Werke bilden vielmehr ,,die erste Stufe<br />

eigentlicher Kunstpoesie", ebensowenig Volksdichter im<br />

G.A. Bürger-Archiv G.A. Bürger-Archiv

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