30.12.2012 Aufrufe

Gottfried August Bürgers Einfluß August \filhelm Schlegel.

Gottfried August Bürgers Einfluß August \filhelm Schlegel.

Gottfried August Bürgers Einfluß August \filhelm Schlegel.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

-88*<br />

manzen, sie sind gleichsarn Nachklang unrl lekter Widerhall<br />

des älteren Naturgesanges, der sich besonders in<br />

ritterlichen Dichtungen ergoß. _."<br />

Der Gedanke, daß mit der. Flucht der Dichtullg in clie<br />

breiten Schichten des Volkes ein Verfall der inneren und<br />

äußeren Form, eine künstlerische Etrtartung verbunden<br />

sein mochte, daß es sich auch um getrübte uncl rnißverstandene<br />

Abbilder höfischer Kunst handeln könne, aus<br />

denen sich erst durch die Tradition neue poetische Werte<br />

bildeten, wird nicht angedeutet. Schl. vernimmt nur den<br />

,,letzten Widerhall des älteren Naturgesanges,.. Er kennt<br />

ltur eine ,,volkstümliche " Romanze oder Ballade. War<br />

diese Ansicht, historisch genommen, gewiß zu verstehen,<br />

so war sie in einem allgemeineren Sinne nicht zutrefiend.<br />

l)enn die Balladen Goethes, Schillers, zum 'l'eil B.-s selbst,<br />

hätten ihm durch die scharfe Abgrenzung cler Motive,<br />

dürch den planmäßigen Aufbau, durch clie achtsame<br />

Durchführung der metrischen Form, zeigen können, dall<br />

neben der Volksballade eine Kunstballacle möglich sei,<br />

oder daß diese aus jener sich entwickeln krinne, ja, dalj<br />

es sehr vollkommene Balladen geben könne, die ohne<br />

einen höheren Grad von Ilildung garnicht zu verstehen<br />

seien, die also ganz unvolksmäfJig seien.<br />

Wenn es Schl. gamicht in deu Sinn gekomnrcn ist,<br />

der Volksballade die Kunstballade gegeniiberzustellen,<br />

so ist dies dadurcl"t zu erklären, daß er trotz seiner feinsinnigen,<br />

äu[Jerst selbstündige' kritischen F-ähigkeit, in<br />

diesem Punkte so in B.-sche Gedanken verstrickt bHeb,<br />

claß er eben in cler Balladendichtung nrr das .,Volksmäßige",<br />

den Nachhall der Naturpoesie wahmaltm, tlaß<br />

die dichterische Möglichkeit der Kunstballade für ihn<br />

schlechterdings nicht bestand.<br />

Diese Auffassung liegt seiner Kritik der Ij.-schen<br />

Balladen zu Grunde. Gewiß, B. wird mit Recht getadelt,<br />

wo er derb und manieriert wirkt, aber außerclem wird<br />

er überall da angegriffen, wo er sich von der Einfaclrheit<br />

und Volksmäßigkeit, wie Percy sie bietet, entiernt, wo<br />

er von der Objektivität und Schlichtheit der Volksballade<br />

zu der Subjektivität und Planmäßigkeit der Kunstballade<br />

überseht (tsöck. VIII. S. 9t):<br />

- E9 --<br />

,,Eittfachlteit kattlt tnan ihr rlicltt zuschreibetr (der<br />

Ilalladendichtung B.-s)". Der Einfalt des Volksgesailges<br />

sei nichts mehr zuwider, als statt des stillen Zutrauens,<br />

die Sache werde an sich schon wirken, sie durch ein lautes,<br />

clavon gemachtes Aufheben aufzudringett.<br />

'l'riebe<br />

(Böck. VIII 82): ,,I)em sorglos dichtenden ge-<br />

Iang, wozu nur der absichtsvolle Meister zurückkehrt:<br />

rnit den unscheinbarsten IVIitteln das größte attszurichten'"<br />

Hier läßt sich die Untersclteidurtg zwischen ,,tlaiv"<br />

uncl ,,volkstümlich", welche Schl. nirgends deutlich ior<br />

muliert, durchfühlen. Die Wirkung des ,,sorglos dichtenden<br />

'friebes",<br />

d. h. der naiven l)ichtung, wird nur wieder<br />

erreicht clurch den .,absichtsvollen Meister," d. h. Curch<br />

tlen volksrnäl3igen I)ichter, welclter die naive Weisc<br />

genau nacltzubilden versteht.<br />

'Iheoretisch<br />

stimmetr tl. und Schl' überein: Vott<br />

beiden wird die naive l)ichtung als Urbild atnerkannt, die<br />

volksmäßige l)atstellttttg itls Mittel, sich ienem Urbilde<br />

zu rriihern.<br />

In seiner Produktiorl ist Il. indes tttrbervuljt auf dett<br />

noch unbeschrittenen Weg der Kunstballade gelangt'<br />

und dahin mochte Schl. ihm nicht folgen.')<br />

So hat auch schiller seine Kunstballadett naclt Schl.-s<br />

Meinung,,gegen den Willen der Minerva" gediclrtet (AIrm.<br />

1828. ,,Bürger" 1800 Böck. VIll. 72). Ja, da Scltiller<br />

iiberhaupt nicht auf Volksmü[Jigkeit ausging, müssen sie<br />

roch übler geraten sein als die Bür'gers. a. a. O.:<br />

,,Es hat aber hiebei (bei der Verurteilung ll.-s durclt<br />

Schiller) eine Nemesis gewaltet, und Bürgern ist, zwar erst<br />

rrach seinem Tode, die vollständigste Genugthuung zu<br />

Theil geworden, indem nun die Vergleichung zwischen<br />

der I-enore, dem wilden Jäger, der l'ochter des Pfarrers<br />

zu 'l'aubenhain.<br />

den Weibern von Weinsberg uncl dem<br />

Fridolin. dem ]'aucher. dem Ritter von llhodus u. s. w.<br />

angestellt werden kann." Demnach würde diese \/ergleichung<br />

durchaus zu Schillers Ungunsten ausfallen.<br />

Ganz abgesehen von Schl.-s persönlichem Verhältnis<br />

zu Schiller legt die Stelle Zeugnis dafür ab, r,vie weit sich<br />

G.A. Bürger-Archiv G.A. Bürger-Archiv

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!