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Gottfried August Bürgers Einfluß August \filhelm Schlegel.

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76-<br />

Sinne eines Dichters für die niederen Stände bei schon<br />

vorhandener höherer Kultur, wohl aber Volksdichter im<br />

Sinne eines Dichters, der der ganzen Nation angchörte,<br />

,,für Menschen aus allen Ständen verständlich,,. als<br />

solcher sogar der größte Volksdichter. B. ist hier mit<br />

keinem Wort erwähnt und doch ist er unverkennbar der<br />

Ausgangspunkt dieser Betrachtung. Naturpoesie -<br />

Volksdichtung - (auch Balladen werden als niedere<br />

Volksdichtungen erwähnt) - diese Gedankenfolge, in<br />

Verbindung gebracht mit Flomer, weist deutlich genug<br />

auf ihn hin. Das 1800 noch offen gelassene problenr, ob<br />

Homers Rhapsodien ursprünglich volkstiimlich \\.aren<br />

oder bloß ,,für die Edlen und Großen gesungen wurden,,,<br />

wird anders formuliert: War Homer ein Naturdichter?<br />

Nein; denn seine äußere und innere Form setzt schon<br />

Kunst voraus. War er ein Volksdichter? Gewiß, jedoch<br />

im Sinne eines Dichters für die gesamte Nation. (Nur einmal<br />

wird Homer wegen seiner realistischen l)arstellung<br />

volkstümlich genannt. Vergl. Böck. VIII lg8: .,Da Homer<br />

der populärste aller Dichter war, weil seine Dichtung<br />

vom Leben ausging, und darauf zurückführte..,)<br />

So rückt das B.-sche Problem: Homer ein Votksdichter<br />

- in den Bannkreis romantischen Denkens und<br />

wird einem weiteren Kreise nahegelegt. Schon die Re,<br />

zension des Voßischen Homer verdierit in dieser Beziehung<br />

Beachtung. Rudolf Huym (Romantische Schule<br />

S. 172) nennt sie ,,die ausführlichste und gründlichste.,<br />

aus der langen Reihe der Rezensionen, die Schl. bis zum<br />

.1. 1800 verfaßt habe. Mehrere Monate habe er auf ihre<br />

Ausarbeitung verwendet; das Aufsehen. welches sie<br />

machte, sei berechtigt gewesen.<br />

io't'<br />

Der germanistische Zug in B.-s Wesen kam, wie gezeigt<br />

wurde, schon in seiner ersten Homerübersetzung<br />

zum Ausdruck. Das Studium der Literatur von Otfried<br />

bis Opitz hatte er empfohlen als Muster eines kräftigen,<br />

deutschen Stils. An anderer Stelle kommt sein Wohlgefallen<br />

an den klingenden althochdeutschen Endungen<br />

zum Ausdruck (Hübnerus redivivus Wzb. III 66 Abs. 3):<br />

.,Herr Adelung meint zwar Wunder, \vas unsere<br />

Sprache an Wohlklang dadurch gewonnen, daß dieses e<br />

so manches a, i, o, u der alten Lingua Franziska t'erdrängt<br />

hat, daß wir z. B. statt Githanko Gedanke, statt<br />

Frankono Franken, u. s. w. sagen. Allein - das sey<br />

dem Apoll geklagt! Der große König wußte gar rvohl,<br />

was er mit seinem lebena, für leben, sagen wollte, worüber<br />

man gleichwohl gespottet hat."<br />

Die Stelle spiegelt sich wieder in Schl.-s Vorlesungen<br />

(Min. 1.311 f.): ,,Vor Alters hat die deutsche Sprache sonore<br />

Vokale in den Ableitungs- und Biegungssylben gehabt,<br />

aber sie im Fortgang verloren (Ottfried. Friedrich<br />

II. Vorschlag)". Man vergleiche ierner eine Stelle<br />

in Schl.-s Vorlesungen (Min. lll. 42 2.22 t.):<br />

,,Der erste in Deutschland einheimische Dichter, von<br />

dem wir wissen, ist Ottfried. - Das Studium dieses<br />

Buchs, welches aber garnicht leicht ist, muß nicht bloß<br />

dem Sprachforscher, sondern auch dem Dichter lehrreich<br />

seyn, der auf neue Bildung seiner Sprache aus ihren<br />

Quellen ausgeht. - Sehr deutlich sieht man hier so viele<br />

lateinische Wörter auf ihrem Uebergang ins Deutsche,<br />

am merkwürdigsten aber, ia am beneidenswerthesten sind<br />

die tönenden Endungen auf offene Vokale, a, o, i, u, die<br />

wir jetzt den südlichen Sprachen überlassen müSsett."<br />

Die Empfehlung Otfrieds als Studium fiir Dichter, das<br />

Lob der klingenden Endungen, der Vergleich mit südlichen<br />

Sprachen, dies alles weist mit zwingender Deutlichkeit<br />

aui B.-s Aeußerungen hin.<br />

An dem Klopstockkultus und der Bardenbegeisterung<br />

des ,,Hains" hatte B. keinen Teil. Aber die Versuche,<br />

welche in diesem Kreise aufkamen, die Dichtungen der<br />

Minnesinger nachzubilden, wurden freudig von ihm aufgenommen.<br />

Freilich hat Schl. recht, wenn er sagt, (Böck. VIII.<br />

tl6), die von Minne redenden Lieder B.-s hätten mit den<br />

alten Minnesingern nichts gemein, würden aber ein heiteres,<br />

von Bürgern selbst entworfenes Bild des \{innesingers<br />

darbieten.<br />

Indes ist es doch Ernst Elster gelungen, nachzu'<br />

weisen, daß Walter von der Vogelweide unverkennbare<br />

G.A. Bürger-Archiv G.A. Bürger-Archiv

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