ultreïa - Schweizerischen Vereinigung der Freunde des Jakobsweges
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PELERINAGE ET ANIMAUX<br />
Pilgern und Tiere/ Pèlerinage et Animaux<br />
Hoch zu Pferd zum Grab <strong>des</strong> Apostels<br />
„Der Jakobsweg ist kein Ausflug für<br />
Reitanfänger“, beginnt Guy von <strong>der</strong><br />
Weid, „es braucht grosse Erfahrung<br />
im Umgang mit Pferden und eine<br />
Vertrautheit zwischen Tier und<br />
Mensch.“ Für Guy ist das Reiten<br />
schon seit seiner Kindheit ein wichtiger<br />
Teil <strong>des</strong> Lebens. Im Militär<br />
diente er als Kavallerieoffizier, und<br />
er reitet noch heute als aktives Mitglied<br />
<strong>der</strong> Freiburger Dragoner, einer<br />
Ehrenformation in historischen<br />
Uniformen (www.cadrenoiretblanc.<br />
ch).<br />
Unterwegs mit Pilgersegen<br />
Ende Juni 2002 traten die Dragoner<br />
am eidgenössischen Jodlerfest<br />
auf. Nach dem offiziellen Teil vertauschte<br />
Guy die Uniform mit dem<br />
Pilgerkleid und wechselte vom Dragonerrappen<br />
auf den bereits gesattelten<br />
Pilgerschimmel Minos. Guy<br />
trat so nochmals vor die Truppe,<br />
<strong>der</strong> Feldprediger erteilte ihm den<br />
Pilgersegen, er nahm Abschied<br />
von Familie und <strong>Freunde</strong>n, wendete<br />
sein Pferd und ritt los Richtung<br />
Santiago.<br />
Bis Genf war Guy ganz allein unterwegs.<br />
Unterkunft fand er in Bauernhöfen<br />
seiner Dragonerfreunde.<br />
Nach <strong>der</strong> Grenze liess er sich durch<br />
einen PW mit Pferdeanhänger begleiten.<br />
Der Reiter bestimmte am<br />
Morgen mit den jeweiligen Fahrern<br />
das Tagesziel, untertags blieben<br />
sie bei Bedarf über das Mobiltelefon<br />
miteinan<strong>der</strong> verbunden.<br />
Ausnahmsweise, so einmal bei<br />
einem drohenden heftigen Gewitter,<br />
konnte <strong>der</strong> Pilger so auch Hilfe<br />
anfor<strong>der</strong>n. Das Begleitfahrzeug<br />
führte neben Ersatzhufeisen (auch<br />
beim Beschlagen muss sich ein Pilger<br />
auskennen) und weiterem Material<br />
Zusatzfutter mit. „Beson<strong>der</strong>s<br />
im Sommer ist das Gras oft zu wenig<br />
nahrhaft, um das Pferd bei <strong>der</strong><br />
grossen Beanspruchung bei Kräften<br />
zu halten“, berichtet Guy und erzählt<br />
von <strong>der</strong> Begegnung mit einem<br />
berittenen Pilger, <strong>des</strong>sen Tier nur<br />
noch aus Haut und Knochen bestand<br />
und <strong>der</strong> darum die Reise vorzeitig<br />
abbrechen musste. Für Minos<br />
mussten zudem pro Tag rund<br />
40 Liter nicht chlorierten Wassers<br />
bereit stehen. Friedhöfe waren ein<br />
guter Tipp.<br />
Morgens um 8.30 Uhr waren die<br />
Vorbereitungen jeweils beendet.<br />
Die ersten zwei Kilometer ging Guy<br />
zu Fuss. Etwa um 17 Uhr traf das<br />
Paar am Ziel ein. Meist konnten<br />
die beiden bei Bauern übernachten.<br />
Sonst schlief Guy in Herbergen.<br />
In grösseren Städten stellte er<br />
seinen Vierbeiner für zwei Nächte<br />
in einem Reitstall ein. So kam auch<br />
das Pferd zu seinen Ruhetagen, und<br />
Guy konnte unbeschwert die Sehenswürdigkeiten<br />
erkunden.<br />
Da Guy und Minos ähnliche Tagesleistungen<br />
(rund 35 km) wie schnelle<br />
Fusspilger vollbrachten, war das<br />
Duo auf dem Weg bald recht bekannt,<br />
und so wurden die beiden<br />
nach zweieinhalb Monaten vor <strong>der</strong><br />
Kathedrale in Santiago de Compostela<br />
entsprechend gefeiert.<br />
Erfahrung ist entscheidend<br />
Reiterfahrung, Sinn für das Machbare<br />
und Vertrautheit mit dem Tier<br />
sind für einen Langstreckenritt<br />
22 ULTREÏA No 48 -Nov 2011