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ultreïa - Schweizerischen Vereinigung der Freunde des Jakobsweges

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TOUR D’HORIZON / RUNDSCHAU<br />

Nur wo du zu Fusse warst, warst du<br />

wirklich.<br />

Man reist, um an ein Ziel zu kommen<br />

– man wan<strong>der</strong>t, um unterwegs<br />

zu sein. Viele Menschen sind offensichtlich<br />

fasziniert von <strong>der</strong> Erfahrung<br />

<strong>des</strong> Auf-dem-Wege-Seins, die<br />

ihnen das Wan<strong>der</strong>n vermittelt. Sie<br />

sehen darin ein Sinnbild für ihr Leben.<br />

Das Leben ist ein Weg. Schritt<br />

für Schritt geht je<strong>der</strong> seinen Weg,<br />

trägt je<strong>der</strong> seine Lasten mit. Es gibt<br />

Umwege, Irrwege, Durststrecken,<br />

beschwerliche und leichte Wege.<br />

Man geht miteinan<strong>der</strong>, aufeinan<strong>der</strong><br />

zu. Man geht Wege, die an<strong>der</strong>e<br />

vorausgegangen sind. Sie haben<br />

Wegzeichen aufgestellt, damit wir<br />

unseren Weg finden.<br />

Weg als Metapher für unser Leben<br />

umgreift alles, was uns begegnet<br />

und geschieht, was wir erkunden<br />

und erleiden, was wir entwerfen<br />

und erreichen. Etwas bewegt uns.<br />

Wir setzen uns in Bewegung, wir<br />

haben Beweggründe und handeln<br />

verwegen. Wir wandeln Wege und<br />

<strong>des</strong>halb wandeln wir uns. Weggefährten<br />

gehen mit uns. Wegzehrung<br />

brauchen wir und Wegweiser. Was<br />

wir ausgeschritten haben, wird uns<br />

zur Erfahrung. Wir setzen etwas in<br />

Gang, wollen Fortschritt und Wandel.<br />

1<br />

Auf dem Wege<br />

1 Schnei<strong>der</strong>, Jan Heiner, Weg und<br />

Bewegung: zur religionspädagogischen<br />

Ausfaltung eines christlichen<br />

Leitmotivs. Katechetische Blätter 105<br />

[1980], S. 172 f.<br />

Beim Wan<strong>der</strong>n wird die Gemeinschaft<br />

neu erfahrbar. Die körperliche<br />

Anstrengung verbindet miteinan<strong>der</strong>,<br />

stärker, als das manchmal<br />

Gespräche vermögen. Menschen<br />

verschiedenster Prägung wachsen<br />

beim Wan<strong>der</strong>n zusammen, sie<br />

werden solidarisch, Weggefährten.<br />

Wan<strong>der</strong>n formt den Menschen mit<br />

Leib und Seele. Alle Sinne werden<br />

angesprochen. Der ganze Mensch<br />

ist einbezogen, er erfährt sich auf<br />

dem Weg, lebendig, noch einer<br />

Wandlung fähig. […]<br />

Beim Gehen werden die tiefsten<br />

Schichten <strong>des</strong> menschlichen Bewusstseins<br />

angesprochen. Gehen<br />

heisst, auf etwas sinnen, nach dem<br />

Sinn fragen, nach dem Ziel suchen.<br />

Wer sich auf den Weg macht, fragt<br />

nach dem Sinn seines Lebens. Im<br />

Gehen sucht er den Grund und das<br />

Ziel seines Unterwegsseins. Das<br />

Ziel unseres Gehens ist letztlich<br />

nie innerweltlich, wir gehen auf eine<br />

letzte Geborgenheit zu, auf eine<br />

Heimat, in <strong>der</strong> wir uns endgültig<br />

nie<strong>der</strong>lassen können. Novalis hat<br />

diesen Aspekt <strong>des</strong> Gehens in seinem<br />

Roman „Heinrich von Ofterdingen“<br />

in die kurze Frage gefasst:<br />

„Wohin denn gehen wir? – Immer<br />

nach Hause“ (Kap. 24).<br />

Anselm Grün<br />

Entnommen aus: Anselm Grün: Auf<br />

dem Wege: zu einer Theologie <strong>des</strong><br />

Wan<strong>der</strong>ns (11. Aufl.). © Vier-Türme-Verlag,<br />

Münsterschwarzach,<br />

2008, S. 8 f., 34<br />

70 ULTREÏA No 48 -Nov 2011

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