ultreïa - Schweizerischen Vereinigung der Freunde des Jakobsweges
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Pilgern mit dem Hund?<br />
Nachdem ich den Pilgerweg zweimal<br />
in Etappen vom Bodensee ans<br />
Cap Finisterre zurückgelegt hatte,<br />
wollte ich ihn unbedingt einmal „in<br />
einem Zug“ gehen. Es interessierte<br />
mich, was 67-jährige Knochen,<br />
Gelenke und Muskeln zu einem<br />
dreimonatigen „Spaziergang“ meinen.<br />
Während unsere Söhne mein<br />
Vorhaben anzweifelten, war unsere<br />
damals 31-jährige Tochter Regula<br />
Feuer und Flamme, ersuchte<br />
als Kin<strong>der</strong>gärtnerin um einen unbezahlten<br />
Urlaub, sagte mir in<strong>des</strong><br />
klipp und klar, sie wolle ihren Schäferhund<br />
Miro mitnehmen. Mir war<br />
nicht wohl bei dieser Absicht, willigte<br />
jedoch schliesslich ein: „Notfalls<br />
reisen Regula und Miro nach<br />
Hause und ich wan<strong>der</strong>e allein ans<br />
Ziel“, sagte ich mir egoistisch.<br />
Regula traf umfangreiche Vorbereitungen.<br />
Miro lernte, ohne Wi-<br />
Miro macht es sich bequem<br />
<strong>der</strong>stand mit vier Pfotenschuhen,<br />
wie sie Schlittenhunde tragen, zu<br />
gehen. Er liess alle Impfungen (vor<br />
allem Tollwut) und das Einpflanzen<br />
eines Chips über sich ergehen. Später<br />
passte man ihm eine Hunde-<br />
Tragetasche an, denn Regula fand,<br />
sein Futter könne er allein tragen.<br />
Sie beschaffte sich auch die nötigen<br />
Medikamente. Das war gut, denn<br />
ULTREÏA No 48 - Nov 2011<br />
PILGERN UND TIERE<br />
erst später merkten wir, dass Tierärzte<br />
im Ausland bedeutend teurer<br />
sind als Humanmediziner. Bezüglich<br />
Übernachtens liessen wir die<br />
Probleme auf uns zukommen. Ich<br />
erkundigte mich hinter ihrem Rücken<br />
bei einem Hundefachmann,<br />
ob ein Hund überhaupt täglich 25<br />
bis 30 km gehen könne. Die Antwort<br />
erstaunte mich: „Ein Wolf legt<br />
auf Futtersuche Nacht für Nacht an<br />
die 50 km zurück: Wenn ihr so weit<br />
gehen könnt wie euer Hund, dürft<br />
ihr euch glücklich schätzen.“ Die<br />
Aussage wurde bestätigt – mit einer<br />
Ausnahme: War es mehr als 37<br />
Grad warm, trottete unser vierbeiniger<br />
Begleiter nur noch äusserst<br />
missmutig mit. So lernten wir von<br />
ihm. Wie die Spanier schalteten<br />
wir an heissen Nachmittagen eine<br />
Siesta ein und wan<strong>der</strong>ten erst am<br />
Abend noch drei bis vier Stunden<br />
weiter.<br />
Ich bin nach anfänglicher Skepsis<br />
überzeugt: Unser Unternehmen<br />
gelang nur <strong>des</strong>halb so gut,<br />
weil Miro dabei war. Fühlte sich<br />
<strong>der</strong> Hund wohl, ging es auch uns<br />
gut. Miro entpuppte sich zum Alleinunterhalter;<br />
er fand je länger,<br />
<strong>des</strong>to mehr Gefallen an den täglichen<br />
Riesen-„Spaziergängen“, er<br />
bellte freudig beim Start und freute<br />
sich königlich an <strong>der</strong> „Spielstunde“<br />
kurz vor dem Ziel. Hingegen passte<br />
ihm sein Packsack ganz und gar<br />
nicht. Bereits vor Rapperswil trugen<br />
meist wir den Sack. Übereinstimmend<br />
fanden wir darum, es sei<br />
einfacher, <strong>des</strong>sen Inhalt auf unsere<br />
beiden Rucksäcke zu verteilen und<br />
den Hundepacksack nach Hause zu<br />
schicken. Während eines Kirchen-<br />
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