Es geht um ein Stück Kultur - Treffpunkt Bibliothek
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Urheberrecht: Rückfall in die analoge St<strong>ein</strong>zeit? - Spektr<strong>um</strong>.de http://www.spektr<strong>um</strong>.de/alias/urheberrecht/rueckfall-in-die-analoge-ste...<br />
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Hintergrund | 11.09.2012 | Drucken<br />
URHEBERRECHT<br />
Rückfall in die analoge St<strong>ein</strong>zeit?<br />
Digitale Medien erleichtern den Zugang zu Informationen für Schüler und<br />
Studierende, Verlage sehen allerdings ihre Rechte bedroht. Der Gesetzgeber ist<br />
gefordert, den Konflikt zu beenden.<br />
VON CHRISTINE XUÂN MÜLLER<br />
eit Jahren schwelt <strong>ein</strong> Konflikt zwischen der deutschen Bildungs- und Wissenschaftsszene<br />
S<strong>ein</strong>erseits und der Verlagsszene andererseits. In der nun startenden neuen Bundestagssaison<br />
könnte er sich entladen. Ursache des Streits sind das Internet und das Zeitalter der Digitalisierung.<br />
Denn was viele Forscher, Hochschulen, Lehrende schon lange tun – Artikel, Texte, Lehrmaterialien auf<br />
Onlineplattformen zur Verfügung stellen und austauschen –, steht rechtlich auf wackeligen B<strong>ein</strong>en.<br />
Das wissen die Verleger und machen massiv Front gegen das freie Veröffentlichen von Printprodukten<br />
durch PDF und Co. Die neue technische Option gilt als Hauptursache für den Umsatzrückgang im<br />
Fach- und Lehrbuchgeschäft sowie bei gedruckten Zeitschriften. Viele Wissenschaftsverlage wollen<br />
solche Art von Veröffentlichungen am liebsten verbieten lassen und verweisen dazu auf das<br />
Urheberrecht.<br />
Der Konflikt ähnelt in groben Zügen dem Streit, den sich auch die Musikindustrie, Künstler,<br />
Klubbetreiber und die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische<br />
Vervielfältigungsrechte) liefern. <strong>Es</strong> <strong>geht</strong> <strong>um</strong> die Frage: Wer hat die Urheberrechte an <strong>ein</strong>em kreativen<br />
Produkt? Wer darf damit Geld verdienen? Und was ist im gelebten Alltag sinnvoll und praktikabel?<br />
Beziehungsweise welche drakonischen Schranken gehen an der technischen Wirklichkeit vorbei?<br />
Anders als beim Konflikt zwischen der GEMA und Klubbetreibern ist das Duell zwischen<br />
Verlagsindustrie sowie Bildungs- und Wissenschaftsinstitutionen von der Öffentlichkeit aber bislang<br />
ka<strong>um</strong> wahrgenommen worden. Der Schlagabtausch verlief leiser und auch eher in Expertenkreisen.<br />
Denn wer sich mit dem Thema Urheberrecht in Bildung und Wissenschaft aus<strong>ein</strong>andersetzen wollte,<br />
musste <strong>ein</strong>en Dschungel von Paragrafen, Absätzen und Sonderregelungen durcharbeiten. Wirklich<br />
verstanden wurde der sperrige Stoff nur von juristischen Kennern.<br />
Ende <strong>ein</strong>es Sonderrechts<br />
Doch nun drängt die Zeit. Denn <strong>ein</strong>e dieser Klauseln, Paragraf 52a des Urheberrechtsgesetzes mit<br />
dem offiziellen Titel "Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung", läuft Ende 2012<br />
aus. Die Regelung erlaubte es bislang unter anderem, "veröffentlichte Teile <strong>ein</strong>es Werkes, Werke<br />
geringen Umfangs sowie <strong>ein</strong>zelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften ausschließlich für <strong>ein</strong>en<br />
bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung öffentlich<br />
zugänglich zu machen" – so der Wortlaut. Ein anderer Absatz beschreibt Gleiches für<br />
Unterrichtsmaterialien an Schulen, Hochschulen und anderen Bildungs<strong>ein</strong>richtungen.<br />
Wissenschaft und Bildung bekamen mit § 52a <strong>ein</strong> Privileg in Sachen Urheberrecht <strong>ein</strong>gerä<strong>um</strong>t. Ab<br />
dem 1. Januar 2013 ist damit Schluss, wenn sich im politischen Berlin nichts Neues tut. Im Klartext:<br />
Professoren dürften ab nächstem Jahr k<strong>ein</strong>e digitalen Semesterapparate mehr anbieten, Forscher<br />
dürften in Blogs, Foren und anderen Plattformen k<strong>ein</strong>e Zeitschriftenartikel mehr online stellen oder<br />
per E-Mail verschicken. <strong>Bibliothek</strong>en dürften k<strong>ein</strong>e Bücher oder Texte mehr elektronisch kopieren und<br />
z<strong>um</strong> Lesen zur Verfügung stellen. Digitale Lernplattformen stünden vor dem Aus. Neben Hochschulen<br />
und Forschungs<strong>ein</strong>richtungen stehen Schulen vor dem gleichem Problem.<br />
Einen Vorgeschmack, was das für den akademischen Alltag bedeutet, gab es schon vor <strong>ein</strong>igen<br />
Monaten. An der Fernuniversität Hagen hatte <strong>ein</strong> Professor auf <strong>ein</strong>er eLearning-Plattform <strong>ein</strong>en<br />
Auszug <strong>ein</strong>es Psychologie-Fachbuchs z<strong>um</strong> Lesen und Herunterladen online gestellt. Das Vorhaben lag<br />
in der Natur der Sache, denn Fernstudierende reisen ka<strong>um</strong> z<strong>um</strong> Lesen <strong>ein</strong>es Buchs nach Hagen in die<br />
<strong>Bibliothek</strong>. Das vom Professor veröffentlichte PDF <strong>um</strong>fasste 91 der insgesamt 476 Seiten des<br />
Fachbuchs. Das war aber selbst mit § 52a offenbar viel zu lang. Der Alfred-Kröner-Verlag sah s<strong>ein</strong>e<br />
Ansprüche verletzt, klagte und bekam Recht. Im April 2012 entschied das Oberlandesgericht<br />
Stuttgart, maximal drei Seiten wären zulässig gewesen, mehr nicht.<br />
Der Börsenver<strong>ein</strong> des Deutschen Buchhandels frohlockte, nannte es <strong>ein</strong> "Musterverfahren" und legte<br />
bei der Gelegenheit gleich noch nach, indem er forderte: "<strong>Es</strong> wird höchste Zeit, dass § 52a<br />
Urheberrechtsgesetz am Ende dieses Jahres ausläuft." Tatsächlich war § 52a der Verlagsbranche<br />
schon immer <strong>ein</strong> Dorn im Auge. Dass es diese Sonderregelung überhaupt gibt, war <strong>ein</strong> politischer<br />
Kraftakt. Schon zweimal bekam der Paragraf <strong>ein</strong>e Gnadenfrist: Zuerst sollte er nur von 2003 bis 2006<br />
gelten, dann wurde er verlängert bis 2008 und schließlich bis Ende 2012.<br />
"Der Gesetzgeber wollte die Medienkompetenz der Bevölkerung stärken und die Möglichkeit eröffnen,<br />
Lehr- und Forschungsmaterialien digital bereitzuhalten. Dafür sollte der Paragraf 52a die Plattform<br />
bilden", erklärt Harald Müller vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und<br />
Völkerrecht in Heidelberg und stellvertretender Sprecher des Aktionsbündnisses "Urheberrecht für<br />
Bildung und Wissenschaft". Das Bündnis engagiert sich seit vielen Jahren für <strong>ein</strong> bildungs- und<br />
wissenschaftsfreundliches Urheberrecht. <strong>Es</strong> wird unterstützt von großen Wissenschaftsorganisationen<br />
sowie Fachgesellschaften, Forschungsverbänden und <strong>Bibliothek</strong>en.<br />
Millionen <strong>um</strong>sonst investiert?<br />
Müller berichtet, dass die Bildungs- und Wissenschaftscommunity <strong>ein</strong> paar Jahre benötigte, <strong>um</strong> sich<br />
auf die neuen technischen Möglichkeiten <strong>ein</strong>zurichten und sich diese nutzbar zu machen. "Um den<br />
Paragrafen 52a mit Leben zu füllen, brauchte man zuerst <strong>ein</strong>mal die entsprechende Hard- und<br />
Software", sagt Müller. Ein unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag des Bundesministeri<strong>um</strong>s für<br />
Justiz (BMJ) zeigt, dass zunehmend mehr Geld und Arbeitskräfte an Bildungs<strong>ein</strong>richtungen in<br />
digitale Lernplattformen fließen. "Wenn Paragraf 52a wegfällt, dann hätten insbesondere die für<br />
Bildung zuständigen Bundesländer gigantische Fehlinvestitionen getätigt, und man fällt zurück in die<br />
analoge St<strong>ein</strong>zeit", sagt Müller.<br />
Dass das k<strong>ein</strong> Wunschszenario s<strong>ein</strong> kann, ist nun offenbar auch im politischen Berlin angekommen.<br />
Nachdem monatelang Schweigen herrschte in Sachen Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft, ist<br />
das Thema vor der Sommerpause plötzlich in Bewegung geraten. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />
veröffentlichte Ende Juni <strong>ein</strong> Positionspapier z<strong>um</strong> "Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft", in dem<br />
sie unter anderem explizit für <strong>ein</strong> "bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht" plädiert.<br />
Wie das genau aussehen soll, wird zwar nicht erklärt. Mit Blick auf Paragraf 52a heißt es allerdings:<br />
"Auf Grund der voranschreitenden Digitalisierung sind viele dieser Regelungen nicht mehr passgenau<br />
und teilweise technisch überholt. Auch könnten sich <strong>ein</strong>ige Regelungen vor Gericht als nicht<br />
praktikabel herausstellen."<br />
"Wenn Paragraf 52a wegfällt, dann hätten insbesondere die für Bildung<br />
zuständigen Bundesländer gigantische Fehlinvestitionen getätigt, und<br />
man fällt zurück in die analoge St<strong>ein</strong>zeit"<br />
(Harald Müller)<br />
Die Fraktion dringt deshalb auf <strong>ein</strong>e "kurzfristige Überarbeitung" sowie die Einführung <strong>ein</strong>er so<br />
genannten <strong>ein</strong>heitlichen Wissenschaftsschranke. "Ziel ist es, alle Belange für Bildung und<br />
Wissenschaft in <strong>ein</strong>em Paragrafen zusammenzuführen. Auch Themen wie Open Access und das<br />
Zweitverwertungsrecht müssten darin mit <strong>ein</strong>gebaut werden, damit die Belange der Wissenschaft<br />
klarer und transparenter sind", sagt Michael Kretschmer, stellvertretender Vorsitzender der<br />
Bundestagsfraktion und Mitautor des CDU/CSU-Urheberrechtspapiers.<br />
Kurzfristig sei dies allerdings nicht zu schaffen. Kretschmer plädiert deshalb für <strong>ein</strong>e erneute<br />
Verlängerung des Paragrafen 52a. "Parallel dazu sollten die Arbeiten aufgenommen werden, <strong>um</strong><br />
daraus <strong>ein</strong>e <strong>um</strong>fassende Änderung für die Wissenschaft im nächsten Jahr zu verabschieden." Denn<br />
als Dauerlösung tauge die jetzige Praxis nicht, die technologische Entwicklung verlange <strong>ein</strong>e<br />
grundlegende Überarbeitung.<br />
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