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Es geht um ein Stück Kultur - Treffpunkt Bibliothek

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sten profitiert, die Verlage, die Suchmaschinen,<br />

die Leser? Aber es <strong>geht</strong> auch<br />

<strong>um</strong> <strong>ein</strong> <strong>Stück</strong> <strong>Kultur</strong>, das man mit aller<br />

Konsequenz bewahren muss. Mir fehlt<br />

dazu <strong>ein</strong>e offensive Politik, die klipp<br />

und klar sagt: Am freien Zugang wird<br />

nicht gerüttelt und wenn <strong>ein</strong> E-Book-<br />

Publizist hier in Deutschland tätig wird,<br />

muss er das akzeptieren. Ansonsten<br />

würde Wissen sehr schnell zu <strong>ein</strong>er<br />

kommerziellen Ware pervertiert werden.<br />

Genau das steht in krassem Widerspruch<br />

zu unserer <strong>Kultur</strong>. Wie können<br />

sich <strong>Bibliothek</strong>en in dieser Debatte verhalten?<br />

Ich glaube, wir stehen da ganz<br />

am Anfang. Der Nutzer muss bestimmte<br />

Inhalte kostenlos haben können, zwar<br />

zeitlich befristet, aber auch zu Hause am<br />

eigenen Bildschirm. Was <strong>Bibliothek</strong>en<br />

derzeit über die E-Ausleihe anbieten,<br />

finde ich genau richtig. Dazu brauchen<br />

sie aber entsprechende Lizenzen von<br />

den Verlagen. Darauf müssen sie drängen.<br />

Das sage ich auch als Autor. Bei<br />

m<strong>ein</strong>en Lesungen sage ich den Zuhörern<br />

ganz klar: Kaufen Sie das Buch<br />

nicht, wenn Sie es nicht lesen und<br />

bedenken Sie, dass es das Buch auch<br />

hier <strong>um</strong> die Ecke in der <strong>Bibliothek</strong> gibt.<br />

Da schimpft m<strong>ein</strong> Verleger oft auf mich.<br />

Aber auch im Printsektor haben wir<br />

<strong>ein</strong>en Wandel, bei dem es immer weniger<br />

<strong>um</strong> Inhalte <strong>geht</strong> und immer mehr <strong>um</strong><br />

Bestseller-Listen und Umsätze. Das ist<br />

nicht m<strong>ein</strong>e Haltung. Weimarer Neubau<br />

hat fantastische Arbeitszonen Sie setzen<br />

in Ihren Fernsehsendungen auf <strong>ein</strong>e<br />

moderne Art der Wissensvermittlung.<br />

Könnten <strong>Bibliothek</strong>en davon etwas lernen?<br />

Also Tipps möchte ich nicht<br />

geben, das wäre vermessen. Wir haben<br />

schon sehr gute <strong>Bibliothek</strong>en in<br />

Wörter: 1518<br />

Deutschland. Ich bin z<strong>um</strong> Beispiel mit<br />

Michael Knoche, dem Direktor der Herzogin<br />

Anna Amalia <strong>Bibliothek</strong> in Weimar,<br />

befreundet. Dort können Sie gerade<br />

im Neubau in fantastischen Arbeitszonen<br />

sehr ruhig, sehr fokussiert arbeiten.<br />

Also, wenn ich in Weimar leben würde,<br />

dann würde mich das richtig jucken,<br />

dorthin zu gehen. Die <strong>Bibliothek</strong> ist<br />

zudem <strong>um</strong>fangreich mit elektronischen<br />

Medien ausgestattet. Das sind Pfunde,<br />

mit denen sie wuchern sollten. Zudem<br />

sind sie nach wie vor Nestor von Inhalten,<br />

also <strong>ein</strong>e Orientierungshilfe im<br />

Ozean der digitalen Daten. Da brauchen<br />

wir Experten, die sich auskennen. Aber<br />

das alles kostet viel Geld. Woher soll<br />

das kommen? Das Geld ist doch da. <strong>Es</strong><br />

ist vielmehr so, dass die politische Prioritätenliste<br />

falsch ist. Mir soll k<strong>ein</strong>er<br />

erzählen, dass in <strong>ein</strong>em der reichsten<br />

Länder der Welt nicht genug Geld für<br />

<strong>Bibliothek</strong>en vorhanden ist. Gerade in<br />

Deutschland <strong>geht</strong> es <strong>um</strong> Köpfe. <strong>Bibliothek</strong>en<br />

spielen dabei <strong>ein</strong>e zentrale Rolle,<br />

gerade in ihrer Arbeit vor Ort in der<br />

Kommune. Sie haben <strong>ein</strong>en offensiven<br />

<strong>Kultur</strong>auftrag. Da sollte es <strong>ein</strong>e politische<br />

Selbstverständlichkeit s<strong>ein</strong>, dass sie<br />

dazu in die Lage versetzt werden. Stattdessen<br />

kämpfen viele <strong>Bibliothek</strong>en mit<br />

ihrer katastrophalen Ausstattung. Sie<br />

erhalten nicht genügend Mittel und werden<br />

im Stich gelassen. Neben der politischen<br />

ist es aber auch <strong>ein</strong>e Frage der<br />

gesellschaftlichen Haltung. Nehmen Sie<br />

m<strong>ein</strong>e Familie und mich. Wir könnten<br />

uns natürlich Bücher auch <strong>ein</strong>fach kaufen.<br />

Aber m<strong>ein</strong>e Kinder gehen regelmäßig<br />

bei uns in die Stadtbibliothek. Weil<br />

sie diese Haltung haben. Ihre Kinder<br />

gehen regelmäßig in die <strong>Bibliothek</strong>.<br />

Urheberinformation: Zeitungsgruppe Thüringen GmbH & Co.KG<br />

© 2012 PMG Presse-Monitor GmbH<br />

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten<br />

<strong>Bibliothek</strong>sbesuch? Ja, das war in<br />

Luxemburg-Stadt. Dort bin ich aufgewachsen<br />

und die <strong>Bibliothek</strong> befand sich<br />

neben der Kathedrale. Ich erinnere mich<br />

an die Katalog-Kästen. Ich war überwältigt<br />

von den Kärtchen, weil es zu jeder<br />

Karte auch <strong>ein</strong> Buch gab. Das fand ich<br />

faszinierend und habe zu Hause gleich<br />

für m<strong>ein</strong>e wenigen Bücher auch <strong>ein</strong>en<br />

solchen Katalog angelegt. Sie sind z<strong>um</strong><br />

Teil auch in Indien aufgewachsen. Ist<br />

das <strong>Bibliothek</strong>ssystem dort mit dem in<br />

Deutschland vergleichbar? Ich glaube,<br />

die Idee der <strong>Bibliothek</strong>en ist im kollektiven<br />

Bewussts<strong>ein</strong> der Menschen in<br />

Indien präsenter und dominanter. <strong>Es</strong> gibt<br />

z<strong>um</strong> Beispiel viele <strong>Bibliothek</strong>en, die<br />

Tag und Nacht geöffnet sind. <strong>Es</strong> ist für<br />

mich schon <strong>ein</strong> wenig absurd, dass hier<br />

in Deutschland Tankstellen oder Kioske<br />

rund <strong>um</strong> die Uhr geöffnet haben, nicht<br />

aber <strong>Bibliothek</strong>en. Wann waren Sie das<br />

letzte Mal in <strong>ein</strong>er <strong>Bibliothek</strong>? Das war<br />

vor unserem Urlaub. Da haben wir uns<br />

mit Lektüre <strong>ein</strong>gedeckt. Ich muss aber<br />

ehrlicherweise sagen, dass ich unsere<br />

Stadtbibliothek heute eher mit m<strong>ein</strong>en<br />

Kindern nutze. Für die Fachliteratur, die<br />

ich brauche, gehe ich in der Regel in<br />

wissenschaftliche <strong>Bibliothek</strong>en. Zurzeit<br />

stehe ich auch in Kontakt mit <strong>ein</strong>er<br />

<strong>Bibliothek</strong> in Lissabon. Dort werde ich<br />

demnächst hinreisen, <strong>um</strong> mir <strong>ein</strong>ige Originalschriften<br />

anzusehen. Was wünschen<br />

Sie den <strong>Bibliothek</strong>en für die<br />

Zukunft? Ich wünsche ihnen, dass sie<br />

<strong>ein</strong>e Zukunft haben. Eine, die intensiv in<br />

dieser Gesellschaft verankert ist, und die<br />

mit all der Liebe, derer die <strong>Bibliothek</strong>en<br />

bedürfen, gefördert wird.

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