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Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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aufgedrängt oder aufgezwungen, so die xenophoben oder weltanschaulichen<br />

Pejorative. Es scheint noch immer so zu sein: nomen est omen. Name zeigt geistige<br />

Berufung, soziale Kür, sozialen Rang oder soziale Stellung, er nennt<br />

Prominenz, Selbstempfehlung, Auszeichnung, er offenbart Wesentliches, macht<br />

bekannt, berühmt. Der Name ehrt, liebkost, spottet, verachtet, mißachtet oder<br />

beleidigt, er beschwört, verehrt oder verflucht. Er wehrt auch ab, verhüllt, verbirgt,<br />

versiegelt, verschlüsselt.<br />

Aktuell in unserer Gesellschaft soll der Name vor allem aufklären, erklären, erschließen,<br />

aber auch in ihr lenkt der Name von der Wahrheit ab, verdunkelt er<br />

und dient dann der Verwirrung und Täuschung; der Name fixiert Meinung, er<br />

behauptet Emanzipation, er wertet grundsätzlich und akzentuiert oder übertreibt,<br />

er wirbt, er überredet, er markiert Interessen, Eigenschaften und Gesichtspunkte.<br />

Einige der einst signifikanten sozialen und kulturellen Funktionen hat der Personen-<br />

und Familienname in unserer Gesellschaft bereits verloren. Mit dem Vornamen<br />

wird in unserer Gesellschaft kein Status mehr ausgedrückt, selbst die<br />

engere Konfessionszugehörigkeit läßt sich nicht mehr aus dem Vornamen ableiten,<br />

wohl aber das christliche Umfeld, das aber auch den Atheisten nicht von der<br />

Wahl christlicher Namen ausschließt. Die christlichen Vornamen demonstrieren<br />

heute kein Bekenntnis mehr, sondern erfüllen vor allem die Funktion eines Pränomens.<br />

Auch der Familienname hat in unserer Gesellschaft nicht mehr die<br />

Funktion der Statusanzeige, obwohl die Hinweise auf vorväterlichen Beruf<br />

(Müller, Schneider, etc.) oder Stand (Münk, Fürst, Buhr, etc.) unüberhörbar sind.<br />

Mit der Aufgabe der Vererbung von Status und Privilegien hörte auch die Funktion<br />

des Personen- und Familiennamens auf, diese auszuweisen. Aber die<br />

Zustimmung zur Mode und damit zum Handeln der Meisten oder das durch die<br />

Mode bedingte Ansehen wollen diese Namen noch konjunkturgerecht vermitteln.<br />

Reputation (reputatio= Erwägung, Ansehen) hat, wer von Vielen geschätzt (putare=<br />

schätzen, dafürhalten) wird, wer etwas tut, was Viele schätzen. Renommée<br />

ist "(aufgekommen in der Studentensprache der Goethe- Zeit) das wiederholte<br />

Nennen eines Namens im guten oder schlechten Sinn, die aus der Meinungsbildung<br />

hervorgehende Begutachtung eines Menschen" 11 Der namentliche Hinweis<br />

auf den vererbten Status ist heute dem interessierten Konjunkturhinweis, der modischen<br />

Signatur, dem Hinweis auf aktuelles, öffentliches Ansehen gewichen.<br />

Die Hinweise, Ausdrücke und Apelle des Namens erscheinen in den entsprechenden<br />

Dimensionen der Kommunikation stets im Dienste der Identifizierung<br />

und Projektion, der Solidarität und des Konflikts, der Aufklärung und der Verschleierung.<br />

Auch die Benennung von Stämmen und Völkern läßt sich genauso wie die Benennung<br />

von Personen und Familien nur begreifen in dem Kontext der Kommunikation,<br />

der ihren Gebrauch bestimmt.<br />

Der Namengeber (Subjekt, Sender) zählt stets zur eigenen oder fremden Gruppe,<br />

genauso wie der Benannte (Adressat, Empfänger) zur Gemeinschaft oder zu den<br />

11 H.Dietz, Im Westen gehen die Sterne unter, ibid, S.20

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