Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Plischkes theoretischer Entwurf<br />
14<br />
Dem <strong>Ethnonym</strong> wurde unter ethnologischem Gesichtspunkt, soweit ich sehen<br />
kann, in deutscher Sprache bislang nur ein Aufsatz von Hans Plischke 12 gewidmet.<br />
Er nannte es darin zwar ein Thema der ethnologischen Betrachtung, die er<br />
allerdings, vielleicht der Form (Aufsatz) und dem Anlaß (Festschrift) geschuldet,<br />
zugunsten der linguistischen Perspektive, der sprachgesichtlichen Auslegung von<br />
Völkernamen und ihrer Verifizierung einklammerte. Obwohl der Kontext, in dem<br />
die Gruppennamen erscheinen, nämlich die Funktion des Namens als Focus der<br />
Identifizierung und der Projektion, in Plischkes Revue der Stammesnamen unausgesprochen<br />
durchklingt, stellt er in seinem Aufsatz neben den Gesichtspunkten,<br />
unter denen er die bekannt gewordenen Namen gliedert, das Problem<br />
der Zuverlässigkeit der ermittelten Bedeutungen, welche die indigenen Sprecher<br />
selbst anbieten, methodisch in den Vordergrund.<br />
Vorsicht gegenüber den meisten Namensdeutungen mahnt er vor allem deshalb<br />
an, weil ihre analphabetische Tradition es weder erlaubt, zuverlässig das Alter der<br />
Namen zu ermitteln noch den Ursprung der Namensgebung festzustellen, und 2)<br />
weil die gesetzlich auftretenden Laut- und Bedeutungswandel der Sprache, die<br />
sich im Laufe der langen oralen Überlieferung einstellen, von den Trägern oder<br />
Nutzern des Namens nicht registriert oder beachtet werden.<br />
"Stammes- und Völkernamen sprachlich, damit inhaltlich sowie aus dem Ursprunge<br />
zu erklären, ist eine zumeist schwierige, oft sogar unlösbare Aufgabe.<br />
Denn solche Namen entstammen vorwiegend kulturellen Zuständen, wo in den<br />
fraglichen menschlichen Gemeinschaften schriftliche Aufzeichnungen noch nicht<br />
erfolgten, wo solche überdies auch von den Nachbarn noch nicht gegeben werden<br />
konnten." 13<br />
Deswegen glaubt er, daß die aus dem griechischen und römischen Altertum<br />
überlieferten und philologisch bearbeiteten Völkernamen ebenso wie die im<br />
Rahmen der Kolonialisierung und Europäisierung verteilten und angenommenen<br />
Völkernamen, ihres historiographischen Belegs wegen, besser geeignet seien als<br />
die indigenen Selbstauslegungen, die gesuchten Gründe der Benennung von<br />
Stämmen und Völkern aufzuklären. "Stammes- und Völkernamen werden von<br />
Mund zu Mund, von Altersfolge zu Altersfolge weitergegeben und entfernen sich<br />
dabei gelegentlich vom ursprünglichen Laut- und Bedeutungszustand so, daß der<br />
Inhalt und damit der Anlaß der Namengebung nicht mehr zu erkennen oder zu<br />
erschließen ist." 14 Beide von ihm herausgestellten Probleme setzten aber voraus,<br />
daß man im Falle der Sprache zwischen ihrer Geschichte und ihrem System problemlos<br />
unterscheiden könne. Die Evidenz seiner Problemstellung ist daher auch<br />
12 H.Plischke, Völkerkundliches zur Entstehung von Stammes- und Völkernamen, in: M.Hesch, G.Spannaus,<br />
Kultur und Rasse, Festschr. für Otto Reche, München, Berlin 1939<br />
13 H.Plischke, Völkerkundliches zur Entstehung von Stammes- und Völkernamen, in: M.Hesch, G.Spannaus,<br />
Kultur und Rasse, Festschr. für Otto Reche, München, Berlin 1939, S.394<br />
14 H.Plischke, Völkerkundliches zur Entstehung von Stammes- und Völkernamen, in: M.Hesch, G.Spannaus,<br />
Kultur und Rasse, Festschr. für Otto Reche, München, Berlin 1939, S.394