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Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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22<br />

Gleichsetzung auf der Grundlage der Bestimmung eines Menschseins möglich<br />

wäre, welche jene Gleichung: Lokalgruppe= Art, transzendierte.<br />

Die indigene Taxonomie oder das Kategoriensystem der indigenen Weltanschauung<br />

operiert als Maßstab der wahrnehmbaren Gemeinsamkeiten, die es auch<br />

hinsichtlich der Tiere gibt, zugunsten der Überbetonung der Differenzen oder<br />

Unterschiede, welche die Anderen apriori von der Integration in das Menschsein<br />

ausschließen. <strong>Das</strong> Kriterium der Ausschließung ist das einer wie auch immer vorgestellten<br />

Verwandtschaft, die gültige Endogamiegrenze. Wenn demnach der<br />

Fremde weltanschaulich, taxonomisch, ja semantisch unter der Wertschwelle des<br />

Menschlichen situiert ist, weil er nicht zum Kreis der kategorischen Heiratspartner<br />

zählt, kann auch sein Name oder die Benennung seiner Gruppe nur in<br />

Korrespondenz mit dieser Wertabschätzung sein eigenes Wesen oder das seiner<br />

Gruppe als außerhalb dieser Grenzen stehend bezeugen. <strong>Das</strong> scheint die Kernthese<br />

von Plischke zu sein, die er allerdings nicht ausdrücklich zu beweisen<br />

unternimmt.<br />

"Weit mannigfaltiger (als die Selbstbenennungen/ H.S.), reicher an Wahrnehmungen<br />

und Inhalt sind die Benennungen, die auf Nachbarn zurückgehen. Hier<br />

wird lebendig die Beobachtung fremder Art und fremden Kulturlebens.<br />

Oft liegt in der so bedingten Namengebung der Zug des Spottes, ja der Verachtung.<br />

Wirksam in der Stammesnamengebung ist überhaupt die herabblickende Schau<br />

und Würdigung. Die anderen sind gern und leicht die Wilden, die Menschenfresser,<br />

wenn sie nicht die Feinde sind. Nur selten tauchen Einflüsse auf die<br />

Stammesnamen auf, die sich aus dem Wohnraum, seiner Lage und Art, ergeben."<br />

29 <strong>Das</strong> Anderssein des Anderen wird also in allen dem eigenen Kategoriensystem<br />

möglichen Merkmalen, in denen der Andere sich von der ethnozentrischen<br />

Wir-Gruppe unterscheidet, gesucht und danach benannt. Die Fremdbenennung<br />

stellt er dementsprechend unter das kulturbedingte Postulat des Ethnozentrismus,<br />

das auch den Menschheitsvorbehalt der Namen, die nur sich als<br />

Menschen akzeptieren, leitet, den man aber nicht mit dem modernen europäischen<br />

Ethnozentrismus gleichsetzen darf; denn der dem Ethnographen begegnende<br />

indigene Ethnozentrismus ist das Ergebnis konsequenten Gebrauchs des<br />

indigenen Weltanschauungs- und Kategoriensystems, während der moderne<br />

abendländische Ethnozentrismus politische Propaganda ist, die absichtlich im<br />

Widerspruch zum anerkannten abendländischen Wissen über die Menschheit<br />

steht ebenso wie im Gegenesatz zu den Lehren seiner Religion. <strong>Das</strong> Ordnungs-<br />

oder Gliederungsschema von Plischke wird in der Tabelle oben anschaulich.<br />

Plischke erörtert in seinem Aufsatz 88 Stammes- und Völkernamen und 5 Beispiele<br />

(siehe Anhang 1), die nachweislich zu Namen gewordene Hörfehler darstellen,<br />

die er aber zu Unrecht aus der Gruppe der Stammes- und Völkernamen<br />

aussondert. Denn ganz gleich, was eine Fremdgruppe zur Namenswahl veranlaßt<br />

29 H.Plischke, Völkerkundliches zur Entstehung von Stammes- und Völkernamen, in: M.Hesch, G.Spannaus,<br />

Kultur und Rasse, Festschr. für Otto Reche, München, Berlin 1939, S.407

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