Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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Verbündete der Xiriana.“ 22 Bechers Beobachtungen stammen also aus einem<br />
kulturell und sprachlich relativ verwandten aber politisch heterogenen Gebiet, indem<br />
zwei große und mächtige Stämme um die Hegemonie ringen und dabei alle<br />
anderen Nachbarstämme zu einer politischen Entscheidung für oder wider sich<br />
zwingen konnten. Diese Ausgangslage wird weiter kompliziert durch den Hinweis,<br />
daß die Shiriana und Waika verschiedene Aruaken- und Karaiben-Stämme<br />
in diesem Areal verdrängt haben, was sowohl Scherbenfunde als auch Flußnamen<br />
bestätigen. Wenn man der Einsicht der Ortsnamensforschung folgt, nach der<br />
Landschaftsnamen im Vergleich mit anderen geographischen Namen stets die<br />
älteren sind, dann müßte man die Shiriana und Waika als spätere Eindringlinge im<br />
Verhältnis zu den Aruaken und Karaiben ansehen, was wiederum bedeuten<br />
würde, daß die kulturellen und sprachlichen Übereinstimmungen in dieser Region<br />
eine Konsequenz der politischen Expansion jener beiden großen Yanomami-<br />
Stämme darstellen würden, d.h. daß man auch mit einer ethnischen Heterogenität<br />
der Stämme rechnen müßte, und zwar unterhalb der durch die politische Geschichte<br />
herbeigeführten kulturellen Angleichungen. So könnte der Yanomami-<br />
Name der Identifizierung dienen mit den erfolgreichen Eroberern, denen man sich<br />
politisch unterwerfen mußte, deren Kultur und Sprache also auf diesem Wege<br />
auch die Vorherrschaft in diesem Raume erlangte. Dagegen scheint sich Becher<br />
allerdings in einem späteren Buch 23 auszusprechen, wenn er von den Yanomami<br />
schreibt: „Sie gehören vermutlich zur ältesten Bevölkerungsschicht<br />
Südamerikas.“ 24 Ob sie aber speziell in dieser Region autochton sind oder aber<br />
auch schon vor dem 19. Jahrhundert die ethnische Identität all jener 50 Stämme<br />
behauptet haben, mit denen sie heute politisch durch Krieg oder Frieden in dem<br />
Areal von Rio Urarcuera (Norden), Rio Negro (Süden), Rio Branco (Osten) und<br />
Serra Parima (Westen) verbunden sind, das muß angesichts der Tatsachen fraglich<br />
bleiben. <strong>Das</strong> Verhältnis des Yanomami-Namens zu den Stammeseinzelnamen<br />
gleicht jedenfalls sehr der Relation des Innuit-Namens zu den Namen mit dem<br />
Miut- Affix bei den Eskimo, wo Innuit die gemeinsame Abgrenzung gegenüber<br />
den Nicht-Eskimo herausstellt, während die Miut-Namen die interne Differenzierung<br />
der Innuit-Stämme reflektieren.<br />
So führt uns auch dieser Exkurs zu dem Schluß hinsichtlich des philologischen<br />
Beispiels, germani: Was die Sprachgeschichte zur Kenntnis über dieses <strong>Ethnonym</strong><br />
beiträgt, ist sicher bedeutsam, aber weniger für die Ethnologie und ihre<br />
Fragestellung, der sie als einzig verwertbares Resultat den Hinweis auf die<br />
Fremdbezeichnung liefert. Hält man dieser Auskunft die Informationen entgegen,<br />
welche verschiedene Ethnographen über den Sinn und Zweck eines Sammes-<br />
oder Völkernamens durch einen Informanten erhielten, ganz gleich ob er der<br />
Gruppe der Namengeber oder Namennehmer angehörte, dann wird die Irrelevanz<br />
der sprachgeschichtlichen Problematik für den ethnologischen Gegenstand des<br />
22 H.Becher, Die Surara und Pakidai, Hamburg 1960, S.6<br />
23 siehe H.Becher, Pore/ Perimbo, Hannover 1974, S.XV<br />
24 H.Becher, Pore/ Perimbo, Hannover 1974, S.XV