Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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oder im Falle der Fremdbenennungen Projektionen zusammenfassen, die auf eine<br />
Skala rekurrieren, deren Pole sich zwischen Bewunderung und Verabscheuung<br />
spannen. Obwohl er selbst den Beweis nicht führt, daß die Funktion der<br />
Identifizierung oder der Projektion den Sinn der Bedeutungen von Stammes- und<br />
Völkernamen zusammenfaßt, läßt sich die Theorie, der er sich implizite angeschlossen<br />
hat, exemplarisch belegen.<br />
Diese Hypothese erweist sich daher auch als der wirkliche Beitrag von Plischke<br />
zu diesem Thema, der durch seine sprachgeschichtlich vorgetragene Problematisierung<br />
und besonders durch sein von Jakob Grimm beeinflußtes Resumé über<br />
die Dominanz der Fremdbezeichnungen nur abgelenkt wird. Dieser Auffassung<br />
von Jakob Grimm über das Subjekt der Völkernamengebung hat sich auch die<br />
Germanistik in der Zeit von Plischkes Wirken angeschlossen. Als Beispiel für<br />
viele kann das die Auffassung von Rudolf Much hier bezeugen: "Namen gehen in<br />
der Regel nicht von dem durch sie Bezeichneten selbst, sondern von ihrer<br />
Umwelt, ihrem Verkehrskreis, aus. Völkerschaftsnamen werden von anderen<br />
Völkerschaften derselben Sprachgenossenschaft geprägt, umfassende Namen von<br />
Nachbarvölkern. Dabei tritt aber eben besonders häufig der Fall ein, der auch<br />
beim Germanennamen vorliegt, daß die Nachbarn den Namen eines Grenzstammes<br />
aufgreifen und ihn auf seine gleichsprachigen Hintermänner ausdehnen." 31<br />
Da Plischke das Thema im Kontext der Ethnologie neu aufgegriffen hatte, konnte<br />
er Anregungen nur von Nachbarwissenschaften, von der historischen Linguistik,<br />
von der Altphilologie und der geographischen Namensforschung beziehen.<br />
Auch die geographische Namensforschung seiner Zeit hatte sich an die Ergebnisse<br />
der historischen Sprachwissenschaft angeschlossen und die Auslegung der<br />
Ortsnamen aus dem Geiste der Sprache und ihrer Weltanschauung gefordert. So<br />
skizzierte Egli z.B. das methodische Vorgehen, das seinem Lexikon der Ortsnamen<br />
zugrunde lag, kurz so: 1) Namenssammlung, 2) Auffinden des weltanschaulichen<br />
Systems, in dem die Namengebung stattgefunden hat, und 3) Ablei-<br />
Ortsnamen<br />
Naturnamen Kulturnamen<br />
Inhärenz Adhärenz Relation physische ökonomische intellekt. moralische religiöse politische<br />
tung der toponomastischen Gesetze. 32 Abb. 4: Ortsnamengliederung nach Egli<br />
In diesem Kontext glaubte er auch noch<br />
zwei Alternativen der Orientierung bei der Benennung unterscheiden zu können,<br />
die für ihn die Unterscheidung der Namen in Natur- und Kulturnamen rechtfertigten.<br />
1) Wenn die zu benennende Erscheinung den Namengeber sehr stark beeindruckt,<br />
dann prägt dieser Eindruck oder das Gefühl, das er hervorruft, auch die<br />
Namengebung oder Wortschöpfung. 2) Erscheint das Objekt der Benennung dagegen<br />
mehr sachlich als Aufgabe der Integration in einen kategorialen oder<br />
31 R.Much, Die Germania des Tacitus, Darmstadt 1959, S.42-3<br />
32 Siehe: J.J.Egli, Geschichte der Geographischen Namenskunde, Leipzig 1886, S.396