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Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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und macht auch die Dialektik der Projektion sichtbar, welche nämlich die eigenen<br />

Mängel oder Schwächen gern dem Anderen unterstellt.<br />

Abweichung von der eigenen Sprache deuten auch die Guarani als Mangel, als<br />

herabwürdigendes Merkmal, aber von den Guarani wird der Begriff angewandt<br />

auf verwandte Stämme oder auf Nachbarn, die zur eigenen Kultur und Sprachgruppe<br />

gehören und in dieser Hinsicht auch anerkannt werden. Für sie ist Dialektabweichung<br />

zwar ein Makel, aber noch kein Merkmal schwer überbrückbarer<br />

Fremdheit oder Feindschaft. Im Gegensatz zum Barbarenschema dient hier die<br />

Dialektabweichung als Merkmal interner Differenzierung. „Nur wer genau den<br />

gleichen Dialekt spricht, gilt unter den Guarani als zum Stamme gehörig. Sobald<br />

einer nur ein wenig im Tonfall von dem Dialekt der Horde abweicht, wird er deshalb<br />

verspottet und als Fremder angesehen. Spricht man einen anderen Dialekt, so<br />

wollen ihn die Indianer häufig nicht verstehen, obwohl sie es könnten.“ 106 Diese<br />

Haltung appelliert an das Schamgefühl, sie geißelt das abweichende Verhalten,<br />

das sie durch diese Reaktion auf den rechten Pfad des gegenseitigen Verkehrs<br />

zurückbringen will.<br />

Während die Namen der Hottentotten und Cheyenne echte <strong>Ethnonym</strong>e geworden<br />

sind, bezeichnen die erwähnten Abgrenzungen der Guarani und der Griechen das<br />

Anderssein überhaupt, und zwar gemessen an ihrem verabsolutierenden Selbstverständnis<br />

und ihrer Selbstwertschätzung und dementsprechend auch wiederum<br />

mit anderen Konsequenzen als bei dem Hinweis auf interne Differenzierung. Die<br />

Guarani heben es ausdrücklich hervor zur internen Differenzierung, die Griechen<br />

des Altertums dagegen zur Abgrenzung ihrer selbst von allen fremden Völkern<br />

und Kulturen. Der Name der Barbaren fungiert also nicht mehr als <strong>Ethnonym</strong>,<br />

sondern als generischer Name für alle nichtgriechischen Völker und später steht<br />

er dann für jene Gruppe nichtgriechischer Völker, denen gegenüber man sich<br />

immer noch überlegen fühlt, als Merkmal verachteter Kultur. In diesem Sinne<br />

bedienen sich auch die Makiritare ihrer eigenen Sprache, welche die Sprachverwandtschaft<br />

auch zur Bedingung ihrer überstammlichen Allianzen und Handelsbeziehungen<br />

machen. „The influence of this linguistic factor can be seen in the<br />

instinctive distrust of the So’to toward all foreign tribes (human animals) as well<br />

as in their choice of commercial and military alliances. There is no doubt that<br />

their libguistic affinity with the eastern Cariban tribes (the Arekuna, Taulipang,<br />

and Makushi) who dwell in the plains of Mt Roraima and the Uraricoera basin,<br />

has led to their traditionally excellent relations.” 107<br />

Diese Form der Reflexion seines Verhältnisses zu anderen Stämmen wurde auch<br />

in Australien beobachtet. Howitt berichtet, daß Kurnai, der Stammesname und<br />

die Selbstbezeichnung eines Gipslandstammes in Südostaustralien, >Mensch<<br />

bedeutet. <strong>Das</strong> gleiche, also ebenfalls >Mensch

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