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Das Ethnonym - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Die Fremdsprache, eine Variation der ethnonymen Projektion<br />

62<br />

Wenn die Identifizierung einer Gruppe über die Herausstellung ihrer eigenen<br />

Sprache und die Referenz auf sie affirmiert wird, dann wird die fremde Sprache<br />

häufig auch zum Inbegriff der Kennzeichnung des Fremden und des Werturteils<br />

über ihn nach der Maßgabe der Selbsteinschätzung.<br />

Bei den Guarani beansprucht „jede einzelne Horde... für sich allein den Namen<br />

der ganzen Nation und lächelt verächtlich über die Anmaßung der anderen, die da<br />

für sich das gleiche Recht beanspruchen. Ebenso behauptet jede Horde von sich,<br />

daß nur sie die echte und richtige Guarani-Sprache spreche, und gibt den anderen<br />

Horden, so gering auch der dialektische Unterschied sein mag, Spitznamen, die in<br />

ihrer Anwendung sehr unbestimmt und schwankend sind... Ein Hordenname in<br />

diesem Sinne (Spitzname/H.S.) ist auch der der Apapocuva<br />

(Langbogenmänner),“ 101 also der Name des Stammes, von dem Nimuendaju-Unkel<br />

dieses berichtet.<br />

Diese Referenz auf die richtige Art zu sprechen, bestimmte auch die Bildung des<br />

<strong>Ethnonym</strong>s der Hottentotten. Die südafrikanischen Khoi-khoin wurden von den<br />

ersten holländischen Siedlern Hüttentüt (Stammler, Stotterer) genannt. Aus diesem<br />

Hüttentüt wurden dann nach lautlicher Anpassung oder durch lautliche Abwandlung<br />

der Name Hottentotten. 102<br />

Auch der Name der Cheyenne gewinnt in diesem semantischen Feld seine Bedeutung:<br />

sha hi' ye na= Sprecher unverständlicher Sprache= Cheyenne.<br />

Daß mit dem Hinweis auf die Unverständlichkeit einer Sprache ein deutlich abwertendes<br />

Urteil über deren Sprecher verbunden wurde, versichert auch Marc de<br />

Civrieux von den Makiritare. „So’to, the member of the tribe or the true human<br />

being, is recognized by his manner of speaking and not by his physical form.<br />

Makiritare mythology is filled with examples of beings considered nonhuman<br />

(animals, invisible spirits, shamans, demons of all sorts) who, in order to fool<br />

people, magically change their forms and adopt that of the So’to. Any species of<br />

being can alter its form, but it is language which identifies it. The apparantly<br />

>human< tribes which speak languages unintelligible to the So’to actually belong<br />

to the nonhuman category. These tribes will occasionally take on fictious forms,<br />

but their strange language will always reveal their true nature. These beings are<br />

the enemies of the real people and can be hunted like animals.” 103<br />

Die eigene Sprache als Maßstab der Differenzierung und die fremde Sprache als<br />

Merkmal des Minderwertigen erscheint auch im griechischen Barbarennamen.<br />

„Alle Griechen, nicht allein den Bewohnern der Balkanhalbinsel, sondern auch<br />

101 C.Nimuendaju-Unkel, Die Sagen von der Erschaffung und Vernichtung der Welt als Grundlagen der<br />

Religion der Apapocuva-Guarani, Zeitschrift für Ethnologie,46, Berlin 1914, S.286<br />

102 Siehe: I.Schapera, The Khoisan Peoples of South Africa, London 1930, S.31<br />

103 M.de Civrieux, Watunna, Berkeley 1980, S.2-3

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