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Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum

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schen Landlosen <strong>und</strong> der Polizei oder den Privatmilizen<br />

der Großgr<strong>und</strong>besitzer. Brachte früher<br />

Indianermord keine Haft, scheint sich heute dieselbe<br />

Praxis bei der Ermordung von Landlosen, von<br />

Vertretern der Landarbeitergewerkschaft oder<br />

anderer Organisationen zur Verteidigung der<br />

Rechte der Landlosen zu wiederholen. Kaum einmal<br />

kommt es zu einer Gerichtsverhandlung <strong>und</strong><br />

die Verurteilung der Auftraggeber für die Mordkommandos<br />

ist so selten, dass sie eine echte Ausnahme<br />

bilden. Besonders Frauen <strong>und</strong> Kinder sind<br />

die wehrlosesten Opfer der Landkonzentration in<br />

den Händen einiger weniger Privilegierter! Es<br />

bleibt zu hoffen, dass es der neuen brasilianischen<br />

Regierung gelingt, der Bodenspekulation <strong>und</strong> in<br />

dem in konzentrischen Kreisen sich ausbreitenden<br />

Größtgr<strong>und</strong>besitz einen Riegel vorzuschieben <strong>und</strong><br />

endlich die seit Jahrzehnten versprochene <strong>und</strong><br />

immer wieder aufgeschobene Agrarreform durchzuführen.<br />

1954 sprach mein Onkel aber nicht nur von den<br />

armen Gummisammlern <strong>und</strong> Fischern, den Vorfahren<br />

der heutigen so benachteiligten Siedler oder<br />

Bauern ohne Land. Einen großen Teil seiner<br />

Ausführungen widmete Pater Erich den, wie es damals<br />

noch hieß, „wilden“ Indianern. Entsprechende<br />

Dias untermalten seine Ausführungen <strong>und</strong><br />

ließen einen bleibenden Eindruck zurück. Die Missionare<br />

sahen diese Kinder des Urwaldes natürlich<br />

nur aus der Sicht der Gummisammler, die unendliche<br />

Angst vor ihnen hatten, <strong>und</strong> dies nicht ohne<br />

Gr<strong>und</strong>. Jederzeit konnten sie angreifen <strong>und</strong> tödliche<br />

Pfeile durch die Luft schwirren lassen oder<br />

dann im Nahkampf mit einem einzigen Keulenschlag<br />

ein menschliches Leben auslöschen. Der<br />

Xingu war berühmt-berüchtigt ob solch grausamer<br />

Szenen. Die Indios widersetzten sich mit allen<br />

Mitteln, ihr angestammtes Land den Christen abzutreten,<br />

<strong>und</strong> beantworteten das Eindringen der<br />

Weißen mit Totschlag aus dem Hinterhalt <strong>und</strong><br />

Frauenraub. Keinem Menschen kam es damals in<br />

den Sinn, dass die Indianer, wenn auch auf sehr<br />

grausame Art, im Gr<strong>und</strong>e nur ihr angestammtes<br />

Gebiet vor unbefugten Eindringlingen verteidigten.<br />

Noch weniger wurden die Massenmorde an<br />

den Indios der Weltöffentlichkeit bekannt <strong>und</strong> die<br />

dafür verantwortlichen Gummibarone zur Rechenschaft<br />

gezogen, verurteilt <strong>und</strong> eingesperrt. Ganze<br />

Volksgruppen wurden ausgelöscht. „Matar índio<br />

não traz cadeia“ hieß es: Indianermord bringt keine<br />

Haft! Einer, der diese Szene sehr gut kannte, hat<br />

einmal ausgerufen: „Ich w<strong>und</strong>ere mich, dass das<br />

Wasser des Xingu immer noch grün ist. Es müsste<br />

18<br />

längst rot sein vom Blut der ermordeten Indios!“<br />

Dabei war es ein ungleicher Kampf zwischen den<br />

Weißen <strong>und</strong> den Indios. Während die Indios mit<br />

Pfeil <strong>und</strong> Bogen <strong>und</strong> ihren Holzkeulen gegen die<br />

Gummisammler Krieg führten, hatten die<br />

Gummibarone ihre Milizen längst mit Feuerwaffen<br />

ausgestattet. Über kurz oder lang mussten die<br />

Indios den Kürzeren ziehen. Dennoch, sie gaben<br />

nie auf.<br />

Die Missionare waren ausgesandt, die Indianervölker<br />

zum wahren <strong>Glaube</strong>n zu führen. Ohne dass<br />

wir nun Steine auf die heroischen Ordensleute der<br />

Vergangenheit werfen wollen, sahen diese es dennoch<br />

als ihre erste Aufgabe an, die Indianer zu<br />

„zivilisieren“, um sie in der Folge taufen zu können.<br />

Von vornherein wurde den Indios entweder<br />

jede Art von Religion abgesprochen oder die indigenen<br />

religiösen Ausdrucksformen waren als<br />

Teufelskult <strong>und</strong> Aberglaube auszurotten. Bei dem<br />

Unternehmen der Zivilisierung, oder auch Pazifizierung,<br />

konnten die <strong>Glaube</strong>nsboten mit der Unterstützung<br />

aller Barone rechnen, seien es Gummi-,<br />

Edelmetall- oder Zuckerbarone. Sie waren sich<br />

alle in der Überzeugung eins, dass nur die Kirche<br />

einigermaßen Aussichten hatte, diese Völker zu<br />

„zähmen“, das heißt, sie untertänig, willfährig,<br />

ergeben zu machen. Nur so sei es letztendlich<br />

möglich, an die Naturreichtümer heranzukommen,<br />

ohne allzu hohen Blutzoll bezahlen zu müssen.<br />

Darum ging es den politisch <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

Mächtigen damals <strong>und</strong> geht es im Gr<strong>und</strong>e auch<br />

heute noch.<br />

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begann die<br />

Kirche schön langsam, ihre Missionsarbeit zu<br />

überdenken <strong>und</strong> neue Wege zu suchen. Die II.<br />

Lateinamerikanische <strong>Bischofs</strong>konferenz in<br />

Medellín 3 hatte das Ziel, die Beschlüsse <strong>und</strong><br />

Inhalte des Zweiten Vatikanischen Konzils in den<br />

lateinamerikanischen Kontext zu stellen. Auf dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> einer umfassenden Sicht der Realität<br />

Lateinamerikas sollte die theologische Reflexion<br />

im Lichte des Evangeliums <strong>und</strong> des Konzils die<br />

Kirche auf diesem Kontinent zu entsprechenden<br />

pastoralen Schwerpunkten <strong>und</strong> Aktivitäten führen.<br />

Im Schlussdokument 4 hat Medellín den neuen Weg<br />

<strong>und</strong> einen Standortwechsel vorgezeichnet. Die<br />

Kirche Lateinamerikas erklärt ihre Option für die<br />

Armen: „Als Bischöfe möchten wir in Ehrlichkeit<br />

<strong>und</strong> aufrichtiger Brüderlichkeit den Armen immer<br />

mehr näherkommen (...). Das Bewusstsein der<br />

Verpflichtung zur Solidarität mit den Armen muss<br />

unter uns immer stärker werden. Diese Solidarität

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