10.01.2013 Aufrufe

Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum

Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum

Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Einheit der Christen wenigstens näher zu kommen.“<br />

29 Rahner akzentuiert <strong>und</strong> schärft diese<br />

Aspekte im Lauf der kommenden Jahre noch<br />

zusätzlich an.<br />

Ein Schlüsseltext für das gesamte Thema sind die<br />

Vorlesungen, die Karl Rahner unter dem Titel „Zur<br />

Theologie des ökumenischen Gesprächs“ in<br />

Skandinavien während des Jahres 1968 gehalten<br />

hat. 30 Sie geben wohl die tiefste <strong>und</strong> am meisten<br />

reflektierte Einsicht in Rahners reife ökumenische<br />

Theologie. So heißt es am Anfang: „Wir müssen in<br />

einer ökumenischen Theologie also darüber nachdenken,<br />

wie sie deshalb möglich ist, weil es sie<br />

faktisch vor einer reflexiven Einsicht in ihrer<br />

Möglichkeit schon als Wirklichkeit gibt.“ 31 Bald<br />

darauf sagt er: „Die letzte Voraussetzung der ökumenischen<br />

Theologie ist die in <strong>Hoffnung</strong> ergriffene<br />

Einheit eines schon auf beiden Seiten bestehenden<br />

selben, aber der Theologie samt dem begrifflich<br />

ausgesagten Bekenntnis noch vorgängigen<br />

<strong>Glaube</strong>ns in der rechtfertigenden Gnade.“ 32 Dieses<br />

Prinzip ist tragend in allen späteren Arbeiten. Es ist<br />

natürlich eine Konsequenz von Rahners Gnadenlehre.<br />

Dieser Ansatz hat im Werk Karl Rahners viele<br />

Komponenten. Ganz gewiss liegt darin, wie soeben<br />

schon erwähnt, eine gnadentheologische Gr<strong>und</strong>überzeugung,<br />

dass nämlich <strong>–</strong> wie beim anonymen<br />

Christen <strong>–</strong> die Gnade Gottes schon in vielen Bereichen<br />

oft verborgen am Werk ist, als wir es in der<br />

„kategorialen“ Realisierung wahrnehmen können.<br />

Dies hat auch etwas damit zu tun, dass im<br />

Spätwerk Rahners, besonders in manchen Phasen,<br />

die man auch an anderen Themen beobachten<br />

kann, das transzendentale Element einen Vorrang<br />

erhält gegenüber dem Kategorialen. Zugleich wird<br />

aber auch Rahners Betrachtung auf manche<br />

Strecken beinahe so etwas wie eine „religionssoziologische<br />

Betrachtung“ der faktischen Situation<br />

der Gläubigen. So kann er z. B. zu Aussagen kommen,<br />

z. B. „dass die amtlichen <strong>und</strong> offiziellen<br />

Gründe der Kirchentrennung religionssoziologisch<br />

bei den verschiedenen Kirchenvölkern nicht oder<br />

fast nicht bekannt sind <strong>und</strong> dass die faktisch religionssoziologisch<br />

kirchentrennenden Gründe theologisch<br />

<strong>und</strong> amtlich größtenteils irrelevant sind“. 33<br />

Rahner will damit nicht die Wahrheitsfrage relativieren,<br />

aber er will genauer den faktischen Bef<strong>und</strong><br />

ausleuchten. 34 Wenn die Theologie die Fragen der<br />

säkularen Welt <strong>und</strong> die Herausforderung des<br />

Christen in der Substanz aufnimmt, also immer<br />

mehr auch ihre künftige Herausforderung ins Auge<br />

8<br />

fasst, dann stimmt ihre Orientierung. 35 Immer<br />

mehr verknüpft sich die Zukunft der Theologie<br />

überhaupt für Karl Rahner mit der künftigen Gestalt<br />

eines gemeinsamen ökumenischen Bemühens<br />

um die Präsenz des Christentums in der modernen<br />

Welt.<br />

VI.<br />

An dieser Stelle kommen viele Gesichtspunkte <strong>und</strong><br />

Perspektiven zusammen. Wie in einem Brennpunkt<br />

bilden sie eine neue Sicht. Es ist nicht ganz<br />

leicht, diese Elemente auf einen Nenner zu<br />

bringen.<br />

Wir sprachen schon davon, dass Karl Rahner nicht<br />

zuletzt aufgr<strong>und</strong> seiner Theologie der Gnade die<br />

Überzeugung vertrat, dass durch die Wirksamkeit<br />

der Gnade Gottes schon vor unseren menschlichen<br />

Bemühungen auf die Einheit der Kirche drängende<br />

<strong>und</strong> sie anfangshaft auch schon realisierende<br />

Elemente am Werk sind. Dies schafft natürlich eine<br />

starke Zuversicht vom bereits wirksamen Eingreifen<br />

Gottes auf dem Weg zur Einheit der Kirche.<br />

„Es gibt viel mehr Dinge, die uns mit diesem<br />

Christen vereinen, als es trennende Aspekte gibt ...<br />

Deshalb können wir jederzeit zu unseren protestantischen<br />

Brüdern sagen, dass wir mit ihnen in der<br />

sichtbaren Einheit der katholischen Kirche vereint<br />

sein wollen, da wir ja wissen bzw. hoffen, eins zu<br />

sein im Bekenntnis zu Jesus Christus, unserem<br />

Herrn <strong>und</strong> Heiland, <strong>und</strong> in der Taufe <strong>und</strong> der<br />

Gnade des Heiligen Geistes.“ 36 Aber es sind auch<br />

andere, fast gegenläufige Motive. Rahner ist der<br />

Überzeugung, dass mit der üblichen Einstellung<br />

<strong>und</strong> Erwartung eines Lehrkonsenses auf längere<br />

Sicht keine wirkliche Einheit erreichbar ist:<br />

„Zunächst strebt man dogmatisch einen Konsens<br />

an, der konkret nicht zu erzielen ist <strong>und</strong> auch in<br />

weiteren 10, 15 Jahren nicht erzielt werden kann;<br />

zweitens hat Rom kirchenrechtlich, also von der<br />

Kirchenverfassung her, noch nie deutlich erklärt,<br />

dass eine wirkliche Kircheneinigung nicht die radikale<br />

Homogenisierung aller Kirchen unter Rom<br />

bedeutet <strong>und</strong> bedeuten muss.“ 37 Schließlich ist<br />

Rahner der festen Überzeugung, dass ein solcher<br />

Konsens auch gar nicht erreicht werden muss.<br />

„Einheit in der Vielfalt“ versteht er als eine<br />

Pluralität von einzelnen „Teilkirchen“, zu denen<br />

z. B. die römisch-katholische Kirche in ihrer jetzigen<br />

Struktur <strong>und</strong> in ihrem Lebensstil, eine mit<br />

Rom unierte Ostkirche mit ihrer eigenen Tradition<br />

<strong>und</strong> schließlich eben doch die evangelischen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!