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Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum

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Ihre Ausführungen wecken Spannung <strong>und</strong> Interesse,<br />

wie z. B. die Darstellung der vier „Assoziationsfelder“,<br />

die dem Bewusstsein mystische<br />

Erfahrungen eröffnen (vgl. 43<strong>–</strong>50), oder der acht<br />

„kognitiven Operatoren“, die dem Menschen<br />

Orientierung in seiner komplexen Umwelt ermöglichen<br />

(vgl. 71<strong>–</strong>78). Die Gr<strong>und</strong>these lautet:<br />

„Mystische Erfahrung ist biologisch real <strong>und</strong><br />

naturwissenschaftlich wahrnehmbar“ (17).<br />

Das Buch liefert allerdings nicht nur einen Beitrag<br />

zur Gehirnforschung oder zur Erklärung der<br />

Genese des menschlichen Bewusstseins (derzufolge<br />

„das Gehirn gar nicht anders kann, als die<br />

Gedanken <strong>und</strong> Gefühle zu erzeugen, welche die<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Geistes bilden“ [51]), sondern <strong>–</strong> wie<br />

ja der Titel zum Ausdruck bringt <strong>–</strong> eine Theorie<br />

der Entstehung von Religion. Auch wenn durchgehend<br />

betont wird, dass religiöse Erfahrungen nicht<br />

einem Irrtum oder Wahn entspringen (wie das die<br />

klassische Religionskritik behauptete), „sondern<br />

das einwandfreie, erwartbare neurologische Resultat<br />

eines klaren, gefestigten Geistes [sind], der<br />

nach einer höheren spirituellen Ebene strebt“<br />

(158), wird Religion in ihrem Anspruch <strong>und</strong> Vollzug<br />

konsequent neurobiologisch interpretiert. So<br />

verdanken sich Mythen, die die uralte (Todes-)<br />

Angst des Menschen durch erklärende Geschichten<br />

bewältigen möchten, einer „neurologischen<br />

Verankerung“ (109); die wesentlichen Elemente<br />

des Rituals werden „von gr<strong>und</strong>legenden biologischen<br />

Funktionen erzeugt“ (135), <strong>und</strong> Mystik hat<br />

„ihre biologischen Wurzeln in der Maschinerie der<br />

Transzendenz ..., über die der Geist verfügt“ (171).<br />

Für den (F<strong>und</strong>amental-)Theologen entsteht bei der<br />

Lektüre dieses Buches ein Dilemma. Zum einen ist<br />

das Anliegen, die neurobiologischen Dimensionen<br />

einer religiöser Lebenseinstellung aufzuzeigen, zu<br />

würdigen; der Einblick in die „Gehirnarchitektur“<br />

(55) des Menschen ist ja wirklich lehrreich <strong>und</strong><br />

spannend. Zum anderen aber erweist sich das<br />

Verständnis von „Religion“, das Newberg, D’Aquili<br />

<strong>und</strong> Rause <strong>–</strong> explizit oder implizit <strong>–</strong> entwickeln, aus<br />

Sicht der christlichen Offenbarungstheologie als<br />

ungenügend. Die Problematik zeigt sich vor allem<br />

an folgender These: „Wenn Gott tatsächlich existiert,<br />

so ist das Gewirr der neuronalen Leitungen<br />

<strong>und</strong> physiologischen Strukturen des Gehirns der<br />

einzige Ort, an dem er seine Existenz offenbaren<br />

kann“ (79). Im Rahmen der jüdisch-christlichen<br />

Überlieferung hat sich Gott vor allem in der<br />

Geschichte <strong>und</strong> Gemeinschaft von Menschen mitgeteilt,<br />

<strong>und</strong> zwar nicht nur „innerlich“ oder<br />

52<br />

„mystisch“, sondern immer auch durch äußere<br />

Zeichen, <strong>und</strong> vor allem im Wort. Kein W<strong>und</strong>er<br />

also, wenn dieses Buch die Geschichte Jesu als<br />

„Mythos“ interpretiert (vgl. 84, 91).<br />

Auch die Meinung, dass religiöse Menschen „gesünder“<br />

seien als Nichtglaubende (vgl. 179 f.),<br />

dass sich eine gelebte Spiritualität „als absolut<br />

nützlich erwiesen“ (179) habe oder „einen entscheidenden<br />

Vorteil im evolutionären Überlebenskampf“<br />

(190) geboten hätte, erweist sich aus der<br />

Perspektive der jüdisch-christlichen <strong>Glaube</strong>nsgeschichte<br />

als verfehlt. Ohne die medizinisch-neurologische<br />

Kompetenz der Autoren in Frage zu stellen,<br />

muss doch angemerkt werden, dass hier eine<br />

theologische Grenzüberschreitung begangen<br />

wurde; aus christlicher Sicht stellt immer noch die<br />

menschliche Freiheitsgeschichte die „Grammatik“<br />

einer möglichen Selbstmitteilung Gottes dar, <strong>und</strong><br />

nicht bloß der „Geist“ des Menschen, der (neurobiologisch)<br />

als „zwangsläufig mystisch“ (58)<br />

angesehen wird.<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Niewiadomski, Józef <strong>–</strong> Wandinger, Nikolaus (Hg.):<br />

Dramatische Theologie im Gespräch.<br />

Symposion/Gastmahl zum 65. Geburtstag<br />

von Raym<strong>und</strong> Schwager<br />

(Beiträge zur mimetischen Theorie, Band 14).<br />

LIT-Verlag / Druck- <strong>und</strong> Verlagshaus Thaur,<br />

Münster 2003. ISBN 3-8258-6701-3, 252 Seiten.<br />

Was ist denn eigentlich „Dramatische Theologie“?<br />

Diese Frage stellen sich nicht nur Theologen im<br />

<strong>Canisianum</strong>, die sich vermeintlichen (oder tatsächlichen)<br />

„Girardisten“ gegenüber wähnen, sondern<br />

natürlich auch viele andere. Dieser Sammelband,<br />

der auf ein Symposion zum 65. Geburtstag von<br />

Raym<strong>und</strong> Schwager an der Theologischen Fakultät<br />

der Universität Innsbruck am 10./11.November<br />

2000 zurückgeht, gibt darauf eine vielgestaltige<br />

Antwort.<br />

Józef Niewiadomski weist in seinem Beitrag darauf<br />

hin, dass bereits Schwagers Dissertation Das<br />

dramatische Kirchenverständnis bei Ignatius von<br />

Loyola (Zürich 1970) die spannungsreichen<br />

Begegnungen <strong>und</strong> Konfrontationen von glauben-

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