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AUFBRECHEN Warum wir eine Exzellenzgesellschaft ... - jumpxs

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Herstellungskosten der Arbeit! Der Monteur bekommt ja nur 20 Euro Lohn von den 50 Euro, die Sie<br />

bezahlen. Dieser große Unterschied kommt unter Umständen dadurch zustande, dass der Meister nicht<br />

so viele Aufträge hat, um den Monteur <strong>wir</strong>klich acht Stunden am Tag auszulasten. Der Meister muss ihn<br />

aber acht Stunden am Tag bezahlen.<br />

Sie sehen das noch besser beim Friseur: Da ist manche Tage nichts, andere Tage »der Teufel«<br />

los. Die Meisterin ist immer stark gefragt und arbeitet den ganzen Tag durch, die Gesellinnen aber haben<br />

öfter mal Leerlauf. Die Meisterin klagt deshalb: »Wenn ich durchrechne, wie viel Gewinn bleibt, sehe ich,<br />

dass ich den Gewinn fast allein er<strong>wir</strong>tschafte, während die Gesellinnen kaum Überschuss bringen.« Oh je,<br />

da hat die Meisterin aber nicht Wirtschaft studiert. Die Gesellinnen fangen ja die Unregelmäßigkeiten bei<br />

den Kunden ab, sie bilden <strong>eine</strong> notwendige Kapazitätsreserve. Da sie diese Funktion <strong>eine</strong>s »Puffers«<br />

haben, bringen sie auch nicht so viel Gewinn. Ohne Puffer aber würde die Meisterin die Kunden verärgern,<br />

die nun nie mehr »zwischendurch« hereinkommen können, um sich schnell mal das Haar legen zu<br />

lassen.<br />

Stimmen die Preise? Das Waschen der Haare dauert fünf Minuten und das Waschen <strong>eine</strong>s<br />

Handtuchs hinterher <strong>eine</strong> Minute, ergibt also 6 Euro. Bezahlt der Kunde das oder mault er, weil er es<br />

lieber zu Hause selbst machen will? Ein noch besseres Beispiel findet sich an der Wursttheke: Sie<br />

bestellen 100 Gramm hauchdünnen Parmaschinken, der anschließend verehrend zart sorgfältig<br />

geschnitten <strong>wir</strong>d. Dieses Ritual dauert zwei Minuten, kostet also 2 Euro. Der Schinken kostet 3 Euro, also<br />

hat der Supermarkt klar Verlust eingefahren. Wenn der Markt aber k<strong>eine</strong>n Schinken anbietet, gehen <strong>wir</strong><br />

nicht hin. Wenn er das Schinkenschneiden extra berechnet, werden <strong>wir</strong> böse.<br />

Das Messen der Arbeitskosten und das Vergleichen mit den Preisen, die <strong>wir</strong> für die Arbeit<br />

bekommen oder bezahlen, verschafft uns <strong>eine</strong> Menge Transparenz. Nun können <strong>wir</strong> mit den exakten<br />

Messergebnissen mathematisch scharf überlegen, was <strong>wir</strong> besser machen können. Welche Alternativen<br />

haben <strong>wir</strong>?<br />

Man lässt Mitarbeiter, die auf Kunden warten, zwischendurch andere Arbeiten ausführen. Im Supermarkt<br />

räumt das Kassenpersonal bei Kundenebbe Waren in die Regale ein und stürmt sofort wieder an die<br />

Kasse, wenn sich Warteschlangen im Kassenbereich bilden. (»Sie können schon bei Kasse 3 auflegen,<br />

ich komme gleich!«) Nicht ausgelastete Friseurinnen waschen vielleicht Handtücher oder bestellen<br />

Kosmetika nach. Erinnern Sie sich, wo früher die Dienstleistenden auf uns Kunden warteten?<br />

Am Bankschalter, beim Arzt, bei der Passkontrolle, am Check-in-Schalter, am Taxistand, in der<br />

Reinigung, in der Poststelle. Das soll absolut vorbei sein! Das Messen der Wartezeiten förderte extreme<br />

»Verschwendung« zutage. Es folgten Reorganisationswellen überall:<br />

Mitarbeiter bekommen Multijobs, die sie voll auslasten: Wenn kein Kunde kommt, erledigen sie<br />

Aufgaben, die auf Stapel liegen und nicht sofort abgearbeitet werden müssen. Der Arbeitgeber teilt die<br />

Arbeit eben so ein, dass der Mitarbeiter k<strong>eine</strong> Wartezeiten hat.<br />

Mitarbeiter werden nur noch für die Zeit bezahlt, in der sie ihrem Job nachgehen, oder sie bekommen<br />

den Lohn nach der Menge oder Anzahl der erbrachten Leistungen (Flugpersonal, Taxi, Putzdienst,<br />

Computerreparatur). Damit lädt der Arbeitgeber das Risiko der Unterauslastung dem Arbeitnehmer auf.<br />

Der bekommt einfach kein Geld, wenn k<strong>eine</strong> Kunden kommen.<br />

Man stattet <strong>eine</strong>n Dienstleistungsbereich kalt berechnend mit zu wenig Personal aus, sodass immer<br />

viele Kunden warten müssen. In diesem Fall hat das kostenträchtige Personal immer Arbeit am<br />

Abfertigungsschalter. Hier trägt der Kunde das Risiko. Das finden <strong>wir</strong> besonders an Flughäfen, am<br />

besten ein paar Mal hintereinander (Einchecken, Sicherheitskontrolle, Passkontrolle etc.). Dort warten<br />

hoch bezahlte Geschäftsleute, damit Niedriglohnkräfte nicht warten müssen. Damit die Kunden nicht<br />

irgendwann vor Ärger wegbleiben, werden sie periodisch nach ihrer Zufriedenheit befragt, dann lindert<br />

man die Not gegebenenfalls etwas, wenn es sein muss. Das heißt »Auslastungsoptimierung«. Oder<br />

man »informiert« die wartenden Kunden, wie lange es noch dauert. (»Sie haben jetzt den siebten Platz<br />

in der Telefonwarteschleife erreicht.«)

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