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AUFBRECHEN Warum wir eine Exzellenzgesellschaft ... - jumpxs

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soll.<br />

Und heute sitzen lauter junge Leute um mich herum. Wenn ich jetzt sagen würde, ich säße lieber<br />

zwischen Büchern, würden sie lächeln. Wer nimmt noch Bücher in die Hand? – Ich selbst auch kaum noch!<br />

– Google und »Digitale Bibliothek«! Wenn ich klagen würde, ein eigenes Büro haben zu wollen, würden<br />

sie lachen, weil <strong>wir</strong> doch kaum »da« sind! Wir kommen höchstens noch zu den seltenen persönlichen<br />

Meetings zusammen!<br />

Und dann schaue ich, sinnierend über die gute alte Zeit, aus dem Fenster und sage mir: »Sie<br />

kennen es eben nicht anders.« Und der Alte in mir stänkert: »Die da wissen gar nicht, wie man gut<br />

arbeiten kann. Sie waren noch nie in <strong>eine</strong>r solchen Situation.« Man hat sie bei ihrer Bewerbung bei IBM in<br />

der Arbeitsfläche herumgeführt und ihnen gezeigt, wie sie arbeiten werden. Das haben sie also gesehen<br />

und gewollt.<br />

Ich nicht. Ich habe seelisch gesehen etwas anderes mit dem Vertrag unterschrieben. Das ist es,<br />

was in mir gräbt …<br />

Ich will Sie nicht mit zu vielen Beispielen langweilen: Verstehen Sie, dass es nicht ganz klar ist,<br />

was berechtigte Klage ist und was nur Jammer? Damals hatte ich kein DSL zu Hause und kein UMTS<br />

überall …<br />

Ich habe für mich selbst beschlossen, die Jungen zu fragen, was sie vom Neuen denken. Ich lebe<br />

bei etwas Glück noch so lange! Ich werde bestimmt nicht alles mitmachen, aber ich sehe, wie die Jungen<br />

<strong>eine</strong> andere Welt erzeugen, die viel mit Fitnesscentern, Event-Hopping und iPods zu tun hat. Die Jungen<br />

essen viel mehr Koriander, weil Jamie Oliver das so will, und fordern als Sympathisanten der<br />

»Piratenpartei« Internet als Bürgerrecht überall. Die Jungen würden zwei Wochenstunden<br />

Persönlichkeits-Einzelcoaching in der Schule ganz normal gut finden und kein Problem mit dem<br />

wegfallenden Latein haben. Aber <strong>wir</strong> Älteren? Wir klappen bei solchen Ideen sofort seelisch zusammen.<br />

Wir Älteren weigern uns implizit, <strong>eine</strong> Zukunft für unsere Kinder zu schaffen. Wir sind immer<br />

dabei, unsere eigene Zukunft zu bauen und zu verbessern, aber <strong>wir</strong> erleben diese gar nicht<br />

mehr richtig.<br />

Unsere Kinder können sehr viel konstruktiver sein, weil sie das Alte nicht kennen und einfach wieder<br />

einmal neu anfangen. Lassen <strong>wir</strong> sie daher viel mehr mitbestimmen und helfen <strong>wir</strong> ihnen, dabei k<strong>eine</strong><br />

groben (uns) bekannten Fehler zu machen.<br />

Bei Unternehmensgründungen beginnen oft ganz junge Erfinder, ein neues Produkt an den Markt<br />

zu bringen. Sie sind in vielen Fällen <strong>wir</strong>klich genial, aber sie haben k<strong>eine</strong> Ahnung von Werbung, Märkten,<br />

Kunden oder Management. Da hat es sich bewährt, schon pensionierte erfahrene Führungskräfte den<br />

Aufsichtsrat leiten zu lassen, sodass sie dem jungen Unternehmen als sogenannte »Business Angels«<br />

helfen können. Im <strong>wir</strong>klichen Leben sollten <strong>wir</strong> Ältere in diesem Sinne auch helfen – als »Future Angels«.<br />

Die Jungen bestimmen weitgehend, wohin sie wollen, und <strong>wir</strong> Älteren zeigen ihnen, wie das zu schaffen<br />

ist. Diese Zusammenarbeit der neuen Richtung mit der alten Erfahrung ist sehr wichtig – Sie kennen ja die<br />

dynamischen Möchtegern-Jungmanager, die alles neu machen und auch selbst können!<br />

Ich koche leidenschaftlich gerne. Mein Sohn Johannes übernimmt dieses Hobby nach und nach.<br />

Er sucht Rezepte im Internet und ist Chefkoch. Er sagt, was es gibt, und ich helfe noch <strong>eine</strong> Weile, dass<br />

es schmeckt. Jetzt essen <strong>wir</strong> oft ganz anders, unsere Welt des Essens ändert sich. Neues kommt, alte<br />

Leibgerichte gehen. Heraklit: Pánta rhei, alles fließt; nichts bleibt, wie es ist. Oder bei Platon<br />

wiedergegeben: Pánta chorei kaì oudèn ménei, alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges<br />

Werden und Wandeln. Glücklich ist, wer dieses Fließen der Welt mit den Jungen zusammen genießen<br />

kann.<br />

Die Jungen könnten sich mit <strong>eine</strong>r Zukunft Deutschlands als führendes Land der Umwelt-, Gen-,<br />

Nano-, Medizin-, Biotechnologie einverstanden erklären – mit allen Konsequenzen. Sie hätten auch die<br />

Selbstsicherheit, die sicher auftretenden Begleitprobleme unter Kontrolle zu halten. Lassen <strong>wir</strong> die<br />

Jungen sagen, wohin es geht, und helfen <strong>wir</strong> Älteren den Jungen, dass sie k<strong>eine</strong> groben Fehler machen.<br />

(Wir haben doch einst auch die Kernkraftwerke gebaut und die Eckpfeiler zur Finanzkrise gesetzt<br />

– nur haben <strong>wir</strong> uns nicht sehr viel von Elder Statesmen dabei helfen lassen, unsere Fehler zu<br />

vermeiden. Und jetzt wollen <strong>wir</strong> lieber gar nichts mehr anfangen, wobei man Fehler machen könnte?!)

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