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AUFBRECHEN Warum wir eine Exzellenzgesellschaft ... - jumpxs

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Der Kunde soll selbst arbeiten! Das ist natürlich der Königsweg der Einsparung, denn auf diese Weise<br />

lassen sich viele Jobs ersatzlos streichen.<br />

Dieses Phänomen habe ich schon mehrfach erwähnt: Der Kunde wartet, damit der Service-Geber voll<br />

ausgelastet ist. Oft warten Topverdiener auf Niedriglohndienstleistungen. Das ist im Sinne des vorigen<br />

Abschnittes natürlich absolute Verschwendung. Aber das ist den Unternehmen egal, weil diese<br />

Verschwendung sie nichts kostet, solange der Kunde nicht aufbegehrt.<br />

Man kann Automaten aufstellen, an denen der Kunde die von ihm gewünschte Dienstleistung selbst<br />

erbringen kann: Geld abheben, einchecken, Parktickets bezahlen, Bahnfahrkarten ziehen. Daneben gibt<br />

es <strong>eine</strong>n Schalter, an dem der Kunde »Service bekommt«. Dort lässt man ihn warten, bis er langsam den<br />

Automaten vorzieht. Wenn das nicht klappt, erhebt man <strong>eine</strong>n Serviceaufschlag. Angenommen, Sie<br />

kommen 10 Minuten vor der Abfahrt des Zuges in den Bahnhof und brauchen noch <strong>eine</strong> Fahrkarte. Die<br />

Schlange vor dem Schalter ist lang. Was machen Sie? Sie gehen zum Automaten. Das sind Sie noch<br />

nicht gewöhnt, Sie laufen hektisch entschlusslos herum, werden ganz nervös, stellen sich in die<br />

Schlange und merken, dass es nicht mehr reicht. Sie springen ohne Fahrkarte in den Zug und zahlen dort<br />

<strong>eine</strong>n Serviceaufschlag. Das nächste Mal wissen Sie, dass Sie wegen der Schlange im Bahnhof, die<br />

unkalkulierbar lang ist, nun immer 20 Minuten vorher da sein müssen. Jedes Mal! Das verärgert Sie.<br />

Daraufhin kommen Sie <strong>eine</strong> Stunde zu früh und üben es selbst am Automaten. Von da ab arbeiten Sie<br />

selbst, nicht mehr der Schalterbeamte. In dieser Weise werden Kunden erzogen, die Arbeit selbst zu<br />

übernehmen. Es hat bei den Bankautomaten geklappt, es folgen die Bahnautomaten und bald die Checkin-Automaten.<br />

Bald gewöhnen <strong>wir</strong> uns an Automaten schlechthin.<br />

Wenn die Kunden daran gewöhnt sind, die meisten Probleme direkt mit <strong>eine</strong>m Anruf in <strong>eine</strong>m Callcenter<br />

zu lösen, dann ist der Weg von der Standardisierung der Arbeit im Callcenter zur direkten Erledigung<br />

durch den Kunden selbst im Internet nicht mehr weit.<br />

Der Kunde kauft, überweist, bucht Flüge und Reisen, er bestellt Papierfotos elektronisch durch<br />

Anklicken im Internet, designt Fotokalender und eigene T-Shirts, er trägt s<strong>eine</strong> Einkommensteuerdaten<br />

online beim Finanzamt (ELSTER) ein – das muss jetzt kein Beamter mehr tun. Er beginnt das eigene<br />

Arbeiten zu schätzen, weil er im Internet »in Ruhe« arbeiten kann, er muss nie mehr mit rotem Kopf<br />

nervös unter Termindruck in <strong>eine</strong>r Schlange warten.<br />

Der Check-in für den Flug von zu Hause aus ist toll! Man sucht sich <strong>eine</strong>n Fensterplatz aus. Wer<br />

vor dem Flug wartet und dann den Service <strong>eine</strong> Stunde vor Abflug bekommt, muss in der Mitte<br />

gequetscht sitzen. Der Kunde bestellt Arznei im Internet und holt sie an der Tankstelle ab – damit hat sich<br />

<strong>eine</strong> Apotheke erübrigt. Der Kunde sucht sich Theaterplätze und Sitze im Fußballstadion aus.<br />

Manchmal ist aber auch der an sich arbeitswillige Kunde bei der eigenen Serviceerbringung<br />

überfordert. Er kommt zum Beispiel nicht mit dem Internet zurecht und muss anrufen. Das kostet den<br />

Dienstleister wieder Geld für die Betreuung und den Service des Kunden. Deshalb werden die<br />

Internetprozeduren mit erheblichem Aufwand über die Zeit besser und besser programmiert – am besten<br />

überall einheitlich, damit der Kunde möglichst breit einsatzfähig ist und viel selbst erledigen kann.<br />

Die Infrastrukturen der Automaten bieten dem arbeitswilligen Kunden <strong>eine</strong>n immer komfortableren<br />

Arbeitsplatz. Der Kunde erbringt den Service selbst und hat dabei sogar noch ein Serviceerlebnis. Die

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