14.01.2013 Aufrufe

Jahresbericht 2010/2011 - EMW

Jahresbericht 2010/2011 - EMW

Jahresbericht 2010/2011 - EMW

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hochzeitsgottesdienst in<br />

der afrikanischen „New Life<br />

Fellowship“-Gemeinde<br />

in Düsseldorf. Nachdem die<br />

Migrationsgemeinden lange<br />

meist unter sich blieben,<br />

besuchen inzwischen<br />

auch Gäste aus deutschen<br />

Gemeinden die Gottesdienste,<br />

denn sie sind in ihrer<br />

Lebendigkeit attraktiv.<br />

heimische Kirchengemeinden existieren neben Migrationsgemeinden,<br />

selbst wenn die Migranten Gaststatus in einer<br />

anderen Gemeinde haben. Zu einem Miteinander kann es<br />

auch gar nicht kommen, da viele dieser Gemeinden von der<br />

ersten Migrationsgeneration getragen werden und sich in<br />

der Phase der Isolierung befinden – sie dienen der Selbstversicherung<br />

und der Lebensorganisation in der Fremde.<br />

Warum soll sich Kirche aber auf das Projekt eines transkulturellen<br />

ökumenischen Lernens einlassen? Will man<br />

nicht die Evangeliumsbezogenheit der Kirche aufs Spiel<br />

setzen, ist dies alternativlos. Deshalb bemühen sich die<br />

verschiedenen Konfessionen um Rahmenbedingungen,<br />

die qualifizierte Begegnungen mit Migrantengemeinden<br />

fördern.<br />

In Deutschland gibt es seit zehn Jahren interkonfessionelle<br />

und interkulturelle Fortbildungskurse in Zusammenarbeit<br />

mit Migrationspastoren. Wenn die Anwesenden einander<br />

erleben als um eine lebensrelevante Bedeutung des Evangeliums<br />

Ringende, die durch unterschiedliche Traditionen<br />

geprägt und in ihrem Sosein einzigartig sind, dann lässt<br />

das die anderen nicht unbeeindruckt. Das kann ein Rechnen<br />

mit der erfahrbaren Gegenwart des Geistes Gottes in<br />

meinem Leben zur Folge haben und daraus mag eine vertiefte<br />

Spiritualität resultieren, die neue Kraft, Trost und<br />

Hoffnung zu geben vermag. Es kann Menschen ermutigen,<br />

ihre Gaben in Gottesdienste einzubringen und gerade junge<br />

Menschen zum Mittun anregen. Charismatisch-pfingstlerische<br />

Christen aus Afrika könnten von uns lernen, dass<br />

christlicher Glaube und Theologie auch eine gesellschaftsrelevante<br />

und -gestaltende Dimension haben. Wir hören von<br />

afrikanischen Christen, dass Gott als vollmächtig handelnd<br />

bzw. verändernd erfahrbar sein kann. Allerdings ist eine<br />

ungebrochene Übertragung von Glaubensinhalten, Gottesdienstelementen<br />

und Missionsstrategien in evangelische<br />

Gottesdienste in Deutschland zum Scheitern verurteilt.<br />

Das Lernen setzt die Bereitschaft und Fähigkeit voraus,<br />

Ausdrucksformen von dem zu unterscheiden, was durch<br />

sie zum Ausdruck kommt (Funktion). Ausdrucksformen<br />

sind kulturell gebunden und kaum direkt zu übertragen<br />

(vgl. etwa afrikanischer Tanz, Trommel, Lautstärke versus<br />

Orgelmusik, andächtige Stille). Wenn aber z.B. durch<br />

afrikanische Ausdrucksformen Aspekte des Evangeliums<br />

zum Ausdruck kommen, die im NT benannt werden bzw.<br />

durchscheinen – das zugesagte Heil betrifft den Menschen<br />

lebensbejahend und transformierend in all seinen bzw. ihren<br />

Bezügen, d.h. den Körper, die Gemeinschaft usw. – und<br />

die in unserer Tradition vernachlässigt werden, dann können<br />

wir Impulse empfangen, die auch dazu beitragen, das<br />

Bild von Kirche in der Öffentlichkeit zu verändern.<br />

Viele christliche Migranten und Migrantinnen verharren<br />

in der ersten Generation in ihrer Heimatenzyklopädie.<br />

Sie bleiben an die Familie in der Heimat gebunden, auch<br />

weil sie Ahnenflüche befürchten. Das Erlernen der hiesigen<br />

Sprache ist conditio sine qua non für eine gelingende<br />

Kommunikation des Evangeliums. Dies und die Aufnahme<br />

in die hiesige Gesellschaft nimmt Zeit in Anspruch.<br />

Hier und da wächst eine lebendige Ökumene vor Ort, Lokales<br />

und Globales überlappt sich und bringt neues Leben<br />

hervor. Menschen mit Migrationshintergrund werden in<br />

Deutschland geboren und wachsen heran. In Migrationskirchen<br />

beginnen junge Menschen, die eine hohe Kompetenz<br />

im „floaten“ in verschiedenen Kulturen erworben<br />

haben und etwas Neues verkörpern, das zur Norm wird,<br />

Leitungsaufgaben zu übernehmen. Für viele behält praktizierte<br />

Religiosität eine große Bedeutung. Die verfasste<br />

Kirche hier sollte Foren kreieren, um den Prozess des Zusammen-Wachsens<br />

zu fördern. Solches kirchliches Engagement<br />

dürfte eine Signalwirkung auf die weitere Gesellschaft<br />

haben.<br />

In der interkulturellen Begegnung von Christen fungieren<br />

die jeweils anderen sowohl als Spiegel als auch als Fenster:<br />

Ich lerne, mich besser zu verstehen und gleichzeitig sehe<br />

ich Veränderungsmöglichkeiten. Einheimische Kirchen<br />

und Migrationsgemeinden können durch ökumenisches<br />

Kennenlernen christlich angemessene Verhaltensweisen<br />

angesichts der veränderten Situation von Kirche und Gesellschaft<br />

lernen.<br />

| Prof. Dr. Werner Kahl ist Studienleiter in der Missionsakademie<br />

an der Universität Hamburg.<br />

<strong>EMW</strong>-<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong> | 21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!