Jahresbericht 2010/2011 - EMW
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Mittlerer Osten<br />
Mittlerer Osten<br />
In der Zeitenwende: Kleine Kirchen stärken<br />
Der Mittlere Osten steht mitten in einer politischen Zeitenwende.<br />
Die noch nicht abgeschlossenen revolutionären Prozesse<br />
von Tunesien bis Syrien werden nicht nur die (geo)<br />
politischen Rahmenbedingungen verändern, sondern stellen<br />
auch die Christen vor große Herausforderungen. In den<br />
vergangenen Jahrzehnten haben ihnen die diktatorischen<br />
Regimes zumindest eine fragile Sicherheit geboten – nun<br />
fürchten sich die Christen und ihre Kirchen vor den Unge-<br />
Radikale Islamisten versuchen, Spannungen zwischen Christen und<br />
Muslimen zu schüren. So steckten sie am 7. Mai <strong>2011</strong> eine koptische<br />
Kirche in Kairo in Brand. Auch wenn es nach solchen Gewaltakten<br />
immer wieder zu gemeinsamen christlich-muslimischen Demonstrationen<br />
gegen Gewalt kommt, so sind die ägyptischen Christen<br />
dennoch besorgt, was ihnen die Zukunft der Revolution bringt.<br />
wissheiten, die der Umbruch mit sich bringt. Das Beispiel<br />
Irak, wo erst seit dem Ende der Herrschaft Saddam Husseins<br />
Christen vielerorts als Freiwild gelten, beunruhigt<br />
alle Kirchen.<br />
Gerade in solchen Zeiten des Umbruchs sind funktionierende<br />
ökumenische Strukturen wichtig. Der Mittelöstliche<br />
Kirchenrat (MECC) befindet sich derzeit in einer organisa-<br />
52 | <strong>EMW</strong>-<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong><br />
STR/AFP/Getty Images<br />
torischen und finanziellen Krise und war bis jetzt nicht in<br />
der Lage, eine Position der Kirchen zu den aktuellen Umwälzungen<br />
zu finden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass<br />
die Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen im Mittleren<br />
Osten (Fellowship of the Middle East Evangelical Churches<br />
– FMEEC) die langfristige Stärkung der christlichen Minderheiten<br />
anstrebt.<br />
1974 gegründet, sind in ihr 15 Kirchen unterschiedlicher<br />
konfessioneller Herkunft zusammengeschlossen, jedoch<br />
gehören ihr, anders als beim MECC, die orthodoxen und<br />
die katholische Kirche nicht an. Die Mitgliedschaft umfasst<br />
evangelisch-reformierte, lutherische und episkopale<br />
Kirchen vom Persischen Golf im Osten bis nach Algerien<br />
im Westen und dem Sudan im Süden. Die meisten dieser<br />
Kirchen sind auch Mitglieder im MECC.<br />
Der FMEEC, langjähriger Partner des <strong>EMW</strong>, geht es darum,<br />
die Einheit innerhalb der evangelischen Kirchen der Region<br />
zu fördern. Dies sehen die Kirchen als Voraussetzung für<br />
die umfassende Mitwirkung in der weiteren ökumenischen<br />
Struktur des MECC. 2006 einigten sich die FMEEC-Kirchen<br />
auf die gegenseitige Anerkennung von Taufe, Abendmahl,<br />
Amt und Ordination. <strong>2010</strong> wurde die Frauenordination<br />
offiziell anerkannt, da der Ausschluss von Frauen aus<br />
der gesellschaftlichen und kirchlichen Verantwortung als<br />
Problem mit gemeinschaftsschädigenden Folgen erkannt<br />
worden war.<br />
Die FMEEC bietet den Kirchen in der Region Seminare für<br />
Laien in theologischer und praktischer Ausbildung an, die<br />
in Kooperation mit den beiden bestehenden protestantischen<br />
Seminaren der Region (Near East School of Theology,<br />
Beirut und Evangelical Theological Seminary, Kairo)<br />
durchgeführt werden. Mit diesen auch vom <strong>EMW</strong> geförderten<br />
Seminaren soll eine neue Generation von ökumenisch<br />
engagierten Führungskräften in den Kirchen aufgebaut<br />
werden, deren Zahl durch Kriege und Emigration stark<br />
dezimiert worden ist.<br />
Auch bei seinen Bildungsprogrammen in den Bereichen<br />
Frauen, Jugend und Kinder geht es der Gemeinschaft vor<br />
allem um die Stärkung von Laien in den kleinen protestantischen<br />
Kirchen. Damit setzt die Gemeinschaft einen deutlichen<br />
Kontrapunkt zu anderen Kirchen in einer Region,<br />
die traditionell patriarchalisch, hierarchisch und klerikal<br />
ausgerichtet sind. | Dr. Owe Boersma