Weltwirtschaftskrise_Band_I_V1 - Wirtschaftskrise - Blogworld.at
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Teil I Eine ganz normale Krise?<br />
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umgekehrt und die Bank Nr. 2 nimmt einen Betrag von der Bank Nr. 1 in Anspruch. Alle Banken profitieren<br />
davon.<br />
Normalerweise. Aber nun wird Geld gehortet; nur ja keine Buchungswerte, die in anderen Instituten<br />
stecken und vielleicht zu einer uneinbringlichen Forderung werden. Deswegen werden nun Interbankenkredite<br />
nur noch mit einer extrem kurzfristigen Laufzeit und mit extrem hohen Zinsen (als profitables<br />
Risikogeschäft) vergeben. Wenn nur irgendwie möglich, wird daher auf diesen Kredit in der<br />
Praxis verzichtet. Das Paradoxe dabei: Obwohl das Motiv bei der Verweigerung der Interbankenkredite<br />
war, liquide zu bleiben, bewirkt dies gerade das Gegenteil. Nun ist eine Situ<strong>at</strong>ion, wie im vorhergehenden<br />
Abs<strong>at</strong>z beschrieben, plötzlich ein Problem.<br />
Die Interbankenkreditkrise dauerte immerhin zumindest ein halbes bis dreiviertel Jahr. Die ersten<br />
Berichte konnten aufmerksame Beobachter zwischen den Zeilen Anfang Oktober 2008 lesen. Aber<br />
noch Ende November war der Kreditmarkt trotz umfangreicher Bankenrettungsprogramme noch<br />
immer verkrampft. So erfahren wir anlässlich der Herabstufung des R<strong>at</strong>ings der RZB von A+ auf A<br />
durch Standard & Poor. „Marktkreise sehen dadurch vorerst keinen gravierenden Effekt, da derzeit kaum<br />
langfristig Geld zu bekommen sei.“ 24 Noch Ende Dezember 2008 heißt es unvermindert: „Banken leihen<br />
einander kein Geld mehr“ 25 .<br />
Doch hören wir selbst, was die Bürgerlichen dazu berichten: „Das Problem ist im Prinzip das gleiche wie<br />
überall sonst auf der Welt: Wegen des Misstrauens der Banken untereinander ist der Interbankenmarkt praktisch<br />
zum Stillstand gekommen. Die Banken leihen einander also kein Geld mehr. Weil die Banken den Spag<strong>at</strong><br />
zwischen langfristigen Ausleihungen (beispielsweise 20-jährigen Hausbaukrediten) und kurzfristigen Einlagen<br />
(etwa täglich fälligem Spargeld) schaffen müssen, sind sie gezwungen, in Sachen Liquidität eine ständige Loch-<br />
auf-Loch-zu-Politik zu fahren. Das setzt einen funktionierenden Interbankenmarkt mit kurzfristiger Verfügbarkeit<br />
von (geborgter) Liquidität voraus. Ist dieser Kreislauf, wie jetzt, blockiert, haben auch gesund aufgestellte<br />
Institute ernste Probleme. Mit den Sta<strong>at</strong>sgarantien will auch Russland diesen Interbankenmarkt wieder in<br />
Schwung bringen: Geldinstitute unter diesem Schirm müssen sich keine Sorgen mehr machen, ob ihr (Banken-)<br />
Geschäftspartner das Darlehen auch zurückzahlt. Im Notfall springt die Zentralbank ein. Ähnliche Garantiemodelle<br />
haben praktisch alle europäischen Sta<strong>at</strong>en (darunter auch Österreich) eingeführt.“ 26<br />
Weitere Folge: Haben die Kreditinstitute schon untereinander ein Problem, so verengt die Interbankenkreditkrise<br />
erst recht den Spielraum für die Vergabe von Firmenkrediten und Priv<strong>at</strong>krediten. Das<br />
wiederum h<strong>at</strong> zur Folge, dass von Industrieinvestition – im konjunkturellen Abschwung so oder so<br />
selten – erst recht Abstand genommen werden. Wie gesagt, es gibt schon Kredite, aber teurer als<br />
sonst, mit langwierigen Prüfungen oder mit zusätzlichen Besicherungen. Laut einer Umfrage (Österreich)<br />
würde jedes zweite Industrieunternehmen lieber auf einen solcherart verteuerten Kredit verzichten.<br />
Und damit sind wir bereits bei der Industriekrise und der Investitionskrise, denn mit weniger Kreditzugang<br />
werden Investitionen aufgeschoben. Aber bevor wir zu dieser Teilkrise übergehen, sei noch<br />
vermerkt, dass die Abschaffung des Fremdwährungskredites durch die österreichische FMA nicht<br />
bloß der Sorge um die kleinen Häuselbauer, die diese Form des Kredites in Yen oder SFR gerne in<br />
Anspruch nahmen, geschuldet war, sondern … „Die Beschaffungskosten sind so teuer geworden, dass es<br />
24 Der Standard, 27. November 2008, Seite 1.<br />
25 Der Standard, 27., 28. Dezember 2008, Seite 20.<br />
26 Die Presse, 12. November 2008, Seite 18.<br />
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