Weltwirtschaftskrise_Band_I_V1 - Wirtschaftskrise - Blogworld.at
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Eine ganz normale Krise? Teil I<br />
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Wenn es wieder einmal bergauf geht mit den Börsenkursen und die Kredite der Banken wieder<br />
schnell und billig vergeben werden, werden dieselben Experten in denselben Zeitungen und TV-<br />
Runden wieder meinen: Was, Sie wissen das noch immer nicht! Der Markt kann die Wirtschaft doch<br />
viel besser regulieren; sta<strong>at</strong>liche Eingriffe und Verbote verzerren nur das reinigende Spiel der Marktkräfte.<br />
Und so fort. Ja, <strong>Wirtschaftskrise</strong>n sind auch immer Krisen der Wirtschaftstheorien. Das macht<br />
sie für den aufmerksamen Beobachter auch so spannend.<br />
Geht es auf der Achterbahn der Unternehmergefühle wieder abwärts, werden die Ursachen der Krise<br />
wieder flugs zu amerikanischen Usancen erklärt. So konnte es kommen, dass Anfang September 2009<br />
(sic!), nach einem geschlagenen Jahr <strong>Wirtschaftskrise</strong>, die Leitartikler der bürgerlichen Tageszeitung<br />
„Die Presse“ fabuliert: „Dabei sind die Sta<strong>at</strong>en an der Krise mitschuldig: Bei der jüngsten G20-Tagung in<br />
Jackson Hole ist (öffentlich wenig beachtet) eine Studie der beiden amerikanischen Wissenschaftler Pablo Kurl<strong>at</strong><br />
und Ricardo Caballero diskutiert worden, in der der Krise vor allem drei Ursachen zugeschoben werden: die zu<br />
komplex gewordene Struktur des Finanzsystems, die viel zu hohe Risikoübernahme durch die Banken – und die<br />
ursprünglich falsche Reaktion der Politik. Ohne diese drei Punkte wäre die Subprime-krise ein regionales amerikanisches<br />
Problem geblieben, meinten die Wissenschaftler.“ 5<br />
Ja, wenn! Der gute Hr. Urschitz stellt die Sache so dar, als wäre die «Finanzwelt»von der restlichen<br />
Wirtschaft und vor allem von der Industrie durch eine aseptischen Vorhang sauber getrennt und die<br />
Finanzstruktur frei und willentlich von den Marktakteuren gewählt, als hätten die es auf Knopfdruck<br />
auch richtig machen können, bei einiger Einsicht und gutem Willen! Wir werden weiter unten sehen,<br />
dass – langfristig gesehen – die Lage der Industrie die Architektur der Finanzwelt mitprägt. Oder<br />
besser gesagt: Beides, Finanzwelt und Industrie sind bloß zwei miteinander korrespondierenden Teile<br />
eines Ganzen. Sie folgen dem Wertgesetz durchaus konsequent. Unsere Hypothese ist dabei, dass –<br />
von einzelnen prominenten Ausnahmen abgesehen – sich die individuellen Markteilnehmer ganz<br />
r<strong>at</strong>ional verhalten … und dennoch zum kollektiven Chaos gelangen.<br />
Hören wir zur Einstimmung schließlich noch ein anderes Sprechen über die Krise: „Bei Protesten gegen<br />
das Weltwirtschaftsforum in Davos sind gestern in der Schweiz mehr als 60 Menschen festgenommen worden.<br />
In Genf setzte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten ein, die zu einem von den Behörden nicht erlaubten<br />
Marsch durch die Stadt ziehen wollten. (…) In Davos zog eine Gruppe von Demonstranten aus Protest gegen<br />
die an dem Gipfeltreffen teilnehmenden Wirtschaftslenker durch die Straßen. Sie trugen Transparente mit Aufschriften<br />
wie "Ihr seid die Krise" (…)“ 6<br />
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Gehen wir es hübsch eins nach dem anderem durch. Zuerst einmal sind die Bankenkrise und der konjunkturelle<br />
Abschwung zwei unterschiedliche Krisen, die zwar im Sommer 2008 fast synchron begannen,<br />
aber mit doch rel<strong>at</strong>iv unabhängigen Themen. Wenn man so will: beide Krisen hängen zwar in<br />
Wirklichkeit enger miteinander zusammen, als es scheinen mag. Genau das werden wir im <strong>Band</strong> II<br />
unserer Darstellung bewiesen können. Bankenkrise und Industriekrise sind zwei unterschiedliche<br />
Ausdrücke, ein und derselben Sache. Aber gleichzeitig haben sie, einmal losgetreten, ihren eigenen<br />
Antrieb und fallen mit eigener Schwerkraft. Genau das und die Wechselwirkungen der Krisen untereinander<br />
wollen wir nun nachspüren. Dazu fangen wir am besten mit der Bankenkrise an und gehen<br />
dann zur Industrie über – obwohl dies chronologisch nicht ganz richtig ist.<br />
5 Die Presse, 5. September 2009, Seite 1.<br />
6 http://orf.<strong>at</strong>/ (1. 2. 2009)<br />
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