Weltwirtschaftskrise_Band_I_V1 - Wirtschaftskrise - Blogworld.at
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Eine ganz normale Krise? Teil I<br />
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das Auktionshaus Ebay jede zehnte der 16.000 Stellen, auch Yahoo will sich von weiteren 1500 Mitarbeitern<br />
trennen. Den Höhepunkt bildet wohl Hewlett Packard, wo gleich 24.600 Posten eingespart werden.“ 55<br />
Wichtiger sind aber nicht die Geschäftsrückgänge, die nicht von der «Finanzkrise» auf direktem Wege<br />
ausgehen, sondern auf indirektem, indem die Banken die Kredite an die Industrie verteuern oder erschweren.<br />
In Island wiederum wird die Investitionskrise einerseits eben dadurch genährt, andererseits<br />
durch die Devisenkrise (die wir weiter unten im Text noch kennenlernen werden). Die Arbeitslosigkeit<br />
in Island wird für 2009 auf 20% prognostiziert.<br />
Aber auch der Zusammenhang Liquidität und Investition muss nicht immer direkt über die Kreditkrise<br />
vermittelt werden. Beispiel Wienerberger. „Der Ausbau von Liquidität sowie die Anpassung unserer<br />
Kapazitäten und Kosten an die Markt- und Abs<strong>at</strong>zgegebenheiten h<strong>at</strong> wieder oberste Priorität“ sagte der scheidende<br />
Vorstandschef Wolfgang Reithofer.“ 56 Der Ums<strong>at</strong>z des Weltmarktführers der Ziegelproduktion<br />
ging im 1. Quartal 2009 um 37% zurück, die Firma schließt heuer 20 Werke, nachdem bereits im Vorjahr<br />
27 geschlossen wurden. Ähnliche Zusammenhänge zwischen Liquidität und Geschäftseinschränkungen,<br />
die nicht direkt über die Banken- und Kreditkrise laufen, konnten bei den Problemen des<br />
Versandhauses Quelle beobachtet werden. Da die Muttergesellschaft Arcandor in Deutschland insolvent<br />
wurde, drohten die Handelskreditversicherer von Quelle, nämlich Prisma, Atradius und Cofra,<br />
den Zulieferhandel der rd. 3.000 Lieferanten nicht mehr zu versichern. Somit wurde einige Zeitlang<br />
die Ware knapp, obwohl Quelle selbst liquide war. Indirekt aber haben die letzten beiden Beispiele<br />
sehr wohl mit der Kreditkrise zu tun.<br />
Fassen wir vorerst zusammen: Zwar gibt es eine direkten Zusammenhang zwischen dem Rückgang<br />
an Aufträge, Output, Investition und dem Austrocknen des Kreditmarktes. Aber es würde ein falsches<br />
Bild entstehen, die Investitionskrise ausschließlich auf die Kreditkrise zurückzuführen. Die eigentliche<br />
Ursache ist die zyklischen Abkühlung der Konjunktur, also Investitionsrückgang nach Auftragsrückgang<br />
nach Überproduktion nach dem Konjunkturaufschwung. Dass die Abkühlung der Konjunktur<br />
am Ende dieses Zyklus besonders harsch geriet – das h<strong>at</strong>te mit der «Finanzkrise» in der t<strong>at</strong> aber nur<br />
zum Teil zu tun. Der andere Anteil sind überzyklische Wachstumshemmer, die diesmal stärker als bei<br />
den letzten zyklischen Downs 2001/03 oder 1991/93 im Abschwung «mitgenommen wurden».<br />
Werfen wir zum Beispiel einen Blick auf die Erdölförderindustrie. Laut OPEC sind 35 der 130 größten<br />
Förderprojekte seit Beginn 2009 eingestellt worden. Die Multis sagen: Hier spielt auch der niedrige<br />
Ölpreis eine Rolle, denn unmittelbar rentiert sich die Förderung neuer Felder nur ab einem Weltmarktpreis<br />
ab 45 US-Dollar pro Barrel. Aber bereits vor dem Preissturz während der Krise reduzierten<br />
die Multis ihre Investitionen in neue Felder von 14% der Gesamtinvestitionen (1993) auf 6% (2007).<br />
Zwischen 2005 und 2007 gaben die Multis fünfmal mehr Geld aus für den Rückkauf eigener Aktien als<br />
für die Investition neuer Ölfelder. Dies alleine ist ein Indiz für eine Überakkumul<strong>at</strong>ionskrise, die bereits<br />
vor der akuten Bankenkrise und Konjunkturkrise quasi überzyklisch angelegt ist. Zweitens gelten<br />
nun auch die üblichen Entwicklungen einer.<br />
Die Investitionskrise wird eigentlich durch zumindest drei unterschiedliche Faktoren angetrieben.<br />
Zum Teil haben wir sie bereits schon kennengelernt: Erstens geben die Banken zumindest in den USA<br />
und in Europa weniger leicht Kredite, die für Käufe von Konsumgütern verwendet werden. So ging in<br />
den USA im September 2008 der Ums<strong>at</strong>z des Lebensmittelhandels um 9% und der - oft kreditfinanzierte<br />
- Kauf von Autos bereits um mehr als 30% zurück. In der EU sind die Autoverkäufe im November<br />
2008 um 25% zurückgegangen, in Spanien sogar um die Hälfte. Die Nachfrage wird einge-<br />
55 Die Presse, 28. Oktober 2008, Seite 22.<br />
56 Der Standard, 7. Mai 2009, Seite 20.<br />
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