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Österreichischer Rechtspfleger Juni 2011 - ZA Justiz

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Der Österreichische Recht§pfleger Fachbereich Exekution<br />

C. Wichtiges zur<br />

Beweisaufnahme<br />

1. Allgemein<br />

a) Erste Überlegungen müssen<br />

immer in Richtung der<br />

Notwendigkeit gehen, uzw<br />

Allgemein: Ist dieses<br />

Beweismittel überhaupt<br />

notwendig und<br />

Konkret: Ist es notwendig,<br />

dass dieser Beweis<br />

im Ausland aufgenommen<br />

wird.<br />

1. Zulässige (nicht mit Aussicht<br />

bekämpfbare) Abweisungsgründe<br />

(= verfehlte<br />

Beweisanträge):<br />

Beweismittel ist abstrakt<br />

ungeeignet;<br />

Erkennendes Organ ist<br />

von den behaupteten<br />

Tatsachen (nicht von<br />

deren Gegenteil!) schon<br />

überzeugt;<br />

Das Beweisthema ist<br />

irrelevant<br />

Es handelt sich um<br />

einen „Erkundungsbeweis“:<br />

wenn kein konkretes<br />

Thema genannt<br />

wurde.<br />

Eine Abweisung in „vorgreifenderBeweiswürdigung“<br />

(weil dem Zeugen<br />

ohnehin nicht zu<br />

glauben sein wird) ist<br />

hingegen unzulässig!<br />

2. Keine Vernehmung Minderjähriger,<br />

wenn dies das<br />

Kindeswohl belastete<br />

(§ 289b Abs 1 ZPO idF<br />

2.GeSchG; § 13, 35<br />

AußStrG).<br />

b) Dann ist die Beweismethode<br />

zu überlegen:<br />

■ Beweismittelbeschaffung<br />

(„Import“): Ladung zum<br />

erkennenden Gericht;<br />

Auftrag zur Vorlage der<br />

Urkunde oder<br />

■ Eigene Beweisaufnahme<br />

im Ausland: Art 17<br />

EuBVO. Antrag an die<br />

aus dem <strong>Justiz</strong>atlas<br />

ersichtliche Behörde<br />

(z.B. Präsident des OLG<br />

München für Bayern,<br />

<strong>Justiz</strong>ministerium Abtei-<br />

lung internationale Angelegenheiten für die<br />

tschechische Republik, Ministry of Justice of<br />

the Slovak Republic – Division for Private<br />

International Law And International Judicial<br />

Co-operation, ungarisches <strong>Justiz</strong>ministerium.<br />

Abteilung Kollisionsrecht). Die ausländischen<br />

Behörden dulden die Beweisaufnahme<br />

(„passive Rechtshilfe“).<br />

ADRESSE:<br />

http://ec.europa.eu/justice_home/<br />

judicialatlascivil/html/te_centralbody_<br />

hu_de.htm<br />

■ Mittelbare Beweisaufnahme durch das Ausland:<br />

Rechtshilfeersuchen an das zuständige<br />

Gericht (nicht über die Zentralstelle).<br />

Das ausländische Gericht nimmt die Beweise<br />

auf („aktive Rechtshilfe“).<br />

■ Eigene Beweisaufnahme mittel Videokonferenz<br />

(§ 277 ZPO)<br />

Verwendung technischer Einrichtungen zur<br />

Wort- und Bildübertragung bei der Beweisaufnahme<br />

277. Das Gericht hat nach Maßgabe der technischen<br />

Möglichkeiten statt der Einvernahme<br />

durch einen ersuchten Richter eine unmittelbare<br />

Beweisaufnahme unter Verwendung<br />

technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung<br />

durchzuführen, es sei denn, die<br />

Einvernahme durch einen beauftragten oder<br />

ersuchten Richter ist unter Berücksichtigung<br />

der Verfahrensökonomie zweckmäßiger oder<br />

aus besonderen Gründen erforderlich.<br />

2. Grundlagen der zwischenstaatlichen Beweisaufnahme<br />

Global kann sich Österreich auf das HPÜ 1954<br />

bzw. auf bilaterale Abk stützen, unionsweit<br />

(außer gegenüber DK) auf die EuBVO.<br />

Beweisaufnahmen mit Auslandsbezug lassen sich<br />

nach folgenden Modellen regeln: Das Beweismittel,<br />

das sich im Ausland befindet, wird in das<br />

Inland geschafft („Beweismittelimport oder<br />

-transfer“), also z.B. ein Zeuge „aus dem Ausland<br />

geladen“, der Auftrag erlassen, eine Urkunde „aus<br />

dem Ausland“ vorzulegen u.ä. Aber auch eine<br />

Beweisaufnahme im Ausland kommt in Frage.<br />

Dabei war vor der EuBVO – vom Weg konsularischer<br />

Beweisaufnahme abgesehen – ausschließlich<br />

die „klassische Rechtshilfe“ als mit der staatlichen<br />

Souveränität vereinbar erachtet worden,<br />

also die Rechtshilfe, bei der die Gerichte des<br />

Ortes, an dem die Beweisaufnahme stattfinden<br />

soll, für die Gerichte des Staates, in dem das Verfahren<br />

geführt wird, tätig werden („aktive Rechtshilfe“).<br />

Erst mit der EuBVO wird unter den MS<br />

(außer DK) auch eine unmittelbare Beweisaufnahme<br />

des erkennenden Gerichts im Ausland<br />

zugelassen. Die Gerichte des Beweisaufnahmeor-<br />

tes dulden die Beweisaufnahme<br />

durch das ersuchte Gericht<br />

(„passive Rechtshilfe“). Welchen<br />

dieser Wege ein Gericht<br />

im Einzelfall wählt, gibt die<br />

EuBVO nicht vor; dies bleibt<br />

allein dem innerstaatlichen<br />

Recht überlassen (s. dazu<br />

§ 291a ZPO).<br />

a) Grundregeln der klassischen<br />

aktiven Rechtshilfe<br />

Keine erheblichen Änderungen,<br />

nur organisatorische<br />

Erleichterungen bringt die<br />

EuBVO im Verhältnis zur<br />

„klassischen Rechtshilfe“. Der<br />

„Beweismittelimport“ und die<br />

„konsularische oder diplomatische<br />

Beweisaufnahme“ bleiben<br />

überhaupt außerhalb des<br />

Regelungsbereichs der<br />

EuBVO. Ladungen, die sich an<br />

Personen im Ausland richten,<br />

berührt die VO ebenso wenig<br />

wie etwa eine Urkundenedition.<br />

Echtes Neuland wird bei<br />

der unmittelbaren Beweisaufnahme<br />

im Ausland (s unter b)<br />

betreten.<br />

Die Regeln für die aktive<br />

Rechtshilfe lassen sich wie<br />

folgt zusammenfassen:<br />

die Übermittlung der<br />

Ersuchen erfolgt unmittelbar<br />

von Gericht zu Gericht<br />

(Art 2 Abs 1 EuBVO); nur<br />

ausnahmsweise unter<br />

Beteiligung der Zentralstelle;<br />

die zuständigen Gerichte<br />

sind elektronisch abfragbar;<br />

die Kommunikation zwischen<br />

den Gerichten wird<br />

durch die zehn standardisierten<br />

Formblätter (Anhänge<br />

A bis J) erleichtert;<br />

Ersuchen sind in der Amtssprache<br />

des ersuchten<br />

Gerichts, allenfalls in weiteren,<br />

vom ersuchten Staat<br />

zugelassenen Sprachen (in<br />

Österreich: Englisch) abzufassen<br />

(Art 5 Satz 2<br />

EuBVO);<br />

die Durchführung der<br />

Beweisaufnahme geschieht<br />

grundsätzlich nach dem<br />

Recht des ersuchten<br />

Staates (Art 10 Abs 2<br />

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