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Auch wenn er im 18. Jahrhundert spielt, war die Protagonistin, eine<br />
spanische Sängerin, für den Freundeskreis unverkennbar:<br />
„Das blasse, stille Gesicht – fast leblos, wie man auf den ersten Blick<br />
meinen könnte –, die geschmeidigen, ungezwungenen Bewegungen,<br />
der erstaunliche Mangel an jeder Art von Gehabe – wie verändert und<br />
erleuchtet erscheint das alles, wenn sie sich auf den Flügeln des<br />
Gesangs von ihrem Genie forttragen lässt.“<br />
Und wie klang Pauline Viardots Stimme? Heute würde man sie als<br />
Mezzosopranistin bezeichnen; das Repertoire, das sie sang – die Heldinnen<br />
Rossinis, Bellinis und auch Donizettis, bisweilen Mozart (Zerlina und<br />
Donna Anna) und dann später Opern von Meyerbeer, Gounod und Verdi –<br />
geben uns eine Ahnung davon. Ihren größten Erfolg hatte sie mit Berlioz’<br />
Bearbeitung von Glucks Orphée, eine Rolle, die sie 150 Mal sang. Der<br />
Kritiker Henry Chorley schrieb:<br />
„Durch die eigentümliche Qualität ihrer Stimme – ihre<br />
Unebenheit, die gelegentliche Schroffheit und Schwäche gepaart mit<br />
Klängen zartester Sanftheit – verstand Mme. Viardot es, mit selten<br />
glücklicher Fügung jedem Wort eines Monologs, jeder Wendung<br />
eines Dialogs Licht und Schatten zu verleihen.“<br />
Als Pauline Viardot ihren Abschied von der Bühne nahm, tat sie es als<br />
Orphée. Damals war sie 42 Jahre alt (und damit fast im selben Alter, in dem<br />
Maria Callas sich zurückzog).<br />
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