CERCLE DIPLOMATIQUE - issue 02/2023

SAVOIR VIVRE VISION DIALOGUE
„Wir haben die Aufgabe, brennende Themen zu diskutieren.“ |
“We have the responsibility to discuss pressing issues.”
Georg Hoffmann über die Relevanz des Heeresgeschichtlichen Museums | Georg Hoffmann on the relevance of the Museum of
Military History
Interview: Rois & Stubenrauch
„Belagerung und
Entsatz von Wien
1683“, anonym.
“Siege and relief of
Vienna 1683“,
anonymous.
INFO
GEORG HOFFMANN
wirkte als Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter im
Bundesministerium für Landesverteidigung und an der
Landesverteidigungsakademie. Von 2017 bis 2019 war der
Militär- und Zeithistoriker und Milizoffizier als Kurator am
Haus der Geschichte Österreich (hdgö) tätig. Seit Februar
2023 ist Georg Hoffmann neuer Direktor des Heeresgeschichtlichen
Museums.
Bei Ihrem Antritt als Direktor haben Sie als primäres Ziel
genannt, dem Heeresgeschichtlichen Museum wieder die
Bedeutung zu geben, die ihm zusteht.
Das HGM ist eines der ältesten und größten historischen
Museen Österreichs und Europas, mit einer
einzigartigen Sammlung von europäischer
Strahlkraft. Vor diesem Hintergrund wird das Haus
vor allem die Rolle des Militärs in der Gesellschaft,
sowie gesellschaftliche Wahrnehmungen von Krieg
und Konflikt im Wandel der Epochen und Zeiten
verstärkt diskutieren und dabei Kraft seiner Sammlung
in den europäischen Diskurs integrieren. Das
HGM versteht sich als Diskussions- und Verhandlungsort
demokratischer Werte in der Gesellschaft.
Die Wichtigkeit und Relevanz dessen erschließt
sich uns aktuell nicht zuletzt durch den Krieg in der
Ukraine mitsamt seinen gesellschaftlichen Folgewirkungen.
Welche Punkte möchten Sie mit dem zur Verfügung
stehenden Budget von 4,3 Mio. Euro primär umsetzen?
Das HGM steht vor den Herausforderungen einer
inhaltlichen, aber auch baulichen Weiterentwicklung.
Dabei gilt es die musealen Displays zu
modernisieren und neue Formen der inhaltlichen
Diskussion zu finden. Die Ausweitung des Museums
auf eine Betrachtung der Zeit nach 1945 ist
ebenso ein Ziel.
Welche Rolle spielt dabei die Errichtung von Wechselausstellungsräumen?
Sonderausstellungen sind der Schwungfuß jedes
Museums, anhand derer brennende gesellschaftliche
Fragen verhandelt werden können. Wechselausstellungen
garantieren dem HGM auch in Zukunft
am Puls der Zeit zu sein.
Wie begegnen Sie den zahlreichen kritischen Stimmen zum
Umgang des Museums mit der militärischen Vergangenheit
Österreichs, insbesondere der Zeit 1918-1945?
Eine der ersten Maßnahmen, die wir setzen werden,
ist die Überarbeitung des Saales „Republik
und Diktatur“, der den besagten Zeitraum zwischen
1918 und 1945 umfasst. Ziel ist es, gerade zu dieser
Thematik ein deutliches Zeichen zu setzen. Der
Faktor Mensch soll dabei in den Vordergrund gerückt
und der nachträgliche Umgang mit Vergangenheit
(Erinnerung und Gedächtnis) beleuchtet
werden. Dabei geht es uns auch darum, Kooperationen
mit unterschiedlichen Institutionen zu
PHOTOS: HGM / LECHNER, N. MEISTER (4)
schaffen und so eine Vielstimmigkeit zu erzeugen.
Wie möchten Sie auf brennende Themen reagieren - Stichwort:
Krieg in der Ukraine?
Das HGM hat als Teil des kulturellen Gedächtnisses
der Gesellschaft die Aufgabe, brennende gesellschaftliche
Themen zu diskutieren – vor allem
wenn diese mit Militär, Krieg oder Sicherheitspolitik
in Verbindung stehen. Die Stärkung demokratischer
Werte ist dabei ein wichtiges Ziel. Aktuelle
Themen sollen nicht nur vor Ort im Museum selbst,
sondern auch im digitalen Raum und im Vermittlungsprogramm
aufgegriffen werden.
Vor Ihrem Antritt als Direktor des Heeresgeschichtlichen
Museums waren Sie auch im Haus der Geschichte
Österreich als Kurator tätig. Sehen Sie thematische
Überschneidungen der beiden Museen?
Ich sehe grundsätzlich Überschneidungen zu allen
historischen Museen und damit selbstverständlich
auch zum Haus der Geschichte Österreich. Besondere
Anknüpfungspunkte ergeben sich hier
natürlich in der Betrachtung des 20. Jahrhunderts
und der gegenwartsbezogenen Diskussion. Hier
werden wir verstärkt gerade in den Schnittfeldern
auf eine breite Zusammenarbeit und einen gegenseitigen
Austausch setzen.
As director, your primary goal was to restore the Museum of
Military History to its rightful place of importance.
The HGM is one of Austria and Europe’s oldest
and largest historical museums, boasting a unique
and influential collection. Against this backdrop,
the museum is increasingly focusing on the role of
the military in society and examining how society’s
perception of war and conflict has evolved, incorporating
its collection into the wider European discourse.
The HGM aims to serve as a platform for
the discussion and negotiation of democratic values
in society. Its importance and relevance are currently
highlighted by events such as the ongoing
conflict in Ukraine and its social aftermath.
What are the main priorities you would like to address with
the available budget of 4.3 million euro?
The HGM faces significant challenges in terms
of both content and infrastructure development.
This includes modernising the museum displays
and exploring new ways of engaging visitors with
the museum’s exhibits. Additionally, the museum
aims to expand its focus to include the post-1945
era.
How important is the establishment of temporary exhibition
spaces in achieving these goals?
Temporary exhibitions are a vital component of
any museum, providing a platform for exploring
pressing social issues. Through these exhibitions,
HGM will remain relevant and up to date in the future.
How do you respond to the many criticisms of the museum’s
handling of Austria’s military past, particularly the period
from 1918-1945?
One of our first actions will be to revise the “Republic
and Dictatorship” exhibit, which covers the
aforementioned period from 1918 to 1945. Our
goal is to make a clear statement on this topic. We
will focus on the human factor and examine how
we deal with the past through memory and commemoration.
We also aim to foster partnerships with
various institutions to promote diversity of perspectives.
How do you plan to respond to pressing issues, such as the
war in Ukraine?
As part of society’s cultural memory, HGM has a
responsibility to discuss pressing social issues, particularly
those related to military, war, and security
policies. Strengthening democratic values is a crucial
goal. We aim to address current topics not only
within the museum but also through our digital
channels and educational programmes.
Before your appointment as director of the Museum of Military
History, you worked as a curator at the House of Austrian
History. Do you see any topical overlaps between the two museums?
I see overlaps with all historical museums, including
the House of Austrian History. In particular,
there are many points of intersection in the examination
of the 20th century and current societal issues.
We will focus on fostering broad collaboration
and mutual exchange, particularly in these areas of
intersection.
Kriege gehören
ins Museum
Wars Belong in
Museums
Die Dauerausstellung des
HGM rollt anhand von
Artefakten wie einem
türkischen Audienzzelt
oder dem Automobil des
Tronfolgers Franz
Ferdinand in Sarajevo die
Geschichte des
österreichischen
Militärwesens von den
kriegerischen Konflikten
der Habsburgermonarchie
bis zum Zweiten Weltkrieg
auf.
The permanent exhibition
at HGM traces the history
of the Austrian military,
from the warring conflicts
of the Habsburg monarchy
to World War II, through
artefacts such as a Turkish
audience tent and the
automobile of Crown Prince
Franz Ferdinand in Sarajevo.
hgm.at
was a historian and research associate at the Federal
Ministry of Defence and the National Defence Academy.
Hoffmann is a military and contemporary historian as well
as a reserve officer. He also worked as a curator at the
House of Austrian History from 2017 to 2019. He has been
the new director of the Museum of Military History since
February 2023.
Der von Theophil Hansen
geplante Museumsbau
wurde 1856 eröffnet.
The museum building
planned by Theophil Hansen
was opened in 1856.
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