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Journal asmac No 6 - décembre 2023

Sauvetage - Histoires d’hôpitaux et de carottes Politique - Un guide sur la santé planétaire Médecine du sport - Prévention et traitement des blessures Déficits immunitaires secondaires - La substitution par immunoglobulines en hématologie

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Déficits immunitaires secondaires - La substitution par immunoglobulines en hématologie

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Perspectives<br />

beträchtliche Nebenwirkungen, wie lang<br />

dauernde Schmerzen an der Injektionsstelle<br />

und nicht selten schwere allergische<br />

Reaktionen. Erst mit der weiteren Optimierung<br />

der Immunglobulinproduktion<br />

wurde es möglich, die Präparate intravenös<br />

zu verabreichen und randomisierte<br />

klinische Studien belegten, dass die<br />

intrave nöse Verabreichung dieser Präparate<br />

gegenüber der intramuskulären Applikation<br />

betreffend Effizienz und Sicherheit<br />

überlegen war [13].<br />

Die Indikation zur Immunglobulin-<br />

Substitutionsbehand lung bei sekundärem<br />

Antikörpermangel stützt sich im klinischen<br />

Alltag auf Empfehlungen, die grösstenteils<br />

auf klinischer Erfahrung und Daten<br />

aus der Behandlung der primären Immundefizienzen<br />

beruhen. Das ist dann<br />

auch der Grund, weshalb nationale Fachgesellschaften<br />

und Autoritäten ihre eignen<br />

Empfehlungen betreffend Indikation<br />

zur Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />

bei sekundärem Antikörpermangel herausgeben.<br />

Es liegen kontrollierte Studien<br />

vor, die zum Beispiel bei CLL den Benefit<br />

einer Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />

zeigen. Eine placebo-kontrollierte,<br />

doppelblinde Studie in 81 Patienten mit<br />

CLL zeigte eindrücklich, dass eine Substitutionsbehandlung<br />

mit Immunglobulinen<br />

zu einer signifikanten Reduk tion der<br />

bakteriellen Infektionen führte [14]. Weitere<br />

kontrollierte, randomisierte Studien<br />

mit einer jedoch bescheidenen Anzahl<br />

CLL-Patienten bestätigten die Resultate<br />

dieser Studie. Eine placebo-kontrollierte<br />

Studie in 82 Patienten mit Multiplem Myelom<br />

mit sekundärer Hypogammaglobulinämie<br />

zeigte eine signifikante Verminderung<br />

der schweren infektiösen Komplikationen<br />

während der Substitutionstherapie<br />

mit Immunglobulinen [15]. Eine Cochrane-Analyse<br />

aus dem Jahr 2008 kam zum<br />

Schluss, dass Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />

bei Patienten mit CLL und<br />

Multiplem Myelom zwar das Auftreten<br />

von infektiösen Komplikationen vermindert,<br />

jedoch keinen Einfluss auf die Mortalität<br />

hat. Die Autoren relativierten ihre<br />

Aussage aber auch, da die Anzahl ausgewerteter<br />

Patienten nicht hoch sei und für<br />

eine verlässliche Aussage eine grössere<br />

Anzahl Patienten benötigt werde [16]. Eine<br />

kürzlich publizierte grosse Kohortenstudie<br />

mit rituximab-behandelten Patienten<br />

zeigte, dass die Immunglo bulin-Substi tutionsbehandlung<br />

das Risiko auf schwere<br />

infektiöse Komplikationen signifikant<br />

ver mindert [17]. Allgemein bleiben nebst<br />

der beschränkten Anzahl der in den placebo-kontrollierten<br />

Studien eingeschlossenen<br />

Patienten auch die Hete rogenizität<br />

der verwendetet Patientengruppen sowie<br />

die verwendeten unterschiedlichen Definitionen<br />

der Hypogammaglobulinämie<br />

ein Problem. Es fehlen aktuellere kontrollierte<br />

Studien mit einer hohen statistischen<br />

Aussagekraft, die eine verlässliche<br />

Aussage des Effekts der Immunglobulin-<br />

Substitution auf die Mortalität respektive<br />

die infektiösen Komplikationen erlauben.<br />

Das dürfte dann auch der Grund sein, weshalb<br />

die Europäische Gesellschaft für medizinische<br />

Onkologie ESMO («European<br />

Society for Medical Oncology») mit ihren<br />

Empfehlungen betreffend Substitutionstherapie<br />

mit Immunglobulinen bei CLL<br />

sehr zurückhaltend ist, da diese zu keiner<br />

bewiesenen Verbesserung des Überlebens<br />

der CLL-Patienten führt. Die ESMO empfiehlt<br />

daher den Einsatz der Immunglobulin-Substitution<br />

nur bei schwerer Hypogammaglobulinämie<br />

und wiederholten<br />

(schweren) Infektion [1].<br />

Welche Patienten profitieren<br />

potenziell von einer Immunglobulin-<br />

Substitutionstherapie, mit welcher<br />

Dosis und wie lange soll man<br />

behandeln?<br />

Angesichts der nicht glasklaren Datenlage<br />

betreffend Wirksamkeit haben in verschiedenen<br />

Ländern nationale Expertengremien<br />

und Autoritäten Empfehlungen<br />

aufgestellt, um festzulegen, welche Patienten<br />

mit sekundärem Antikörpermangel<br />

für eine Immunglobulin-Substi tutionsbehandlung<br />

qualifizieren. Auch die<br />

Europäische Arzneimittelbehörde («European<br />

Medical Agency», EMA) hat kürzlich<br />

ihre Empfehlung zur Behandlung von Patienten<br />

mit sekundärem Antikörpermangel<br />

mit Immunglobulinen angepasst. Den<br />

meisten Empfehlungen ist die Anfor derung<br />

des Nachweises einer Hypogammaglobulinämie<br />

bei einer unter liegenden<br />

hämatologischen Krankheit gemein. Die<br />

Definition einer Hypogammaglobulinämie<br />

hingegen wird sehr unterschiedlich<br />

gehandhabt, wobei IgG-Werte von < 4 g / l,<br />

< 5 g / l oder schlichtweg zweimalig gemessen<br />

unter dem Referenzwert für IgG als<br />

Definition verwendet werden. Viele Empfehlungen<br />

fordern auch, dass die Patienten<br />

schwere und / oder wiederholte infektiöse<br />

Episoden hatten [1, 18]. Angesichts<br />

dieses unübersichtlichen Wildwuchses<br />

an Empfehlung hat sich ein paneuropäisches<br />

Experten panel, zusammengesetzt<br />

aus renommierten Immunologen und<br />

Hämato-Onkologen, bemüht, mittels der<br />

Delphi­ Methode eine «Europäische Expertenempfehlung»<br />

zu erarbeiten. Diese<br />

Empfehlung berücksichtigt sehr gelungen<br />

die einschlägigen nationalen (europäischen<br />

und nicht europäischen) Empfehlungen.<br />

Die Empfehlung beginnt mit der<br />

Defini tion der verschiedenen Schweregraden<br />

der Infektionen (1), gefolgt von einer<br />

Stellungnahme betreffend Zeitpunkt der<br />

Bestimmung der Serum-Immunoglobuline<br />

(2), wann eine Substitutionstherapie<br />

begonnen werden sollte (3) und der zu<br />

wählenden Dosis (4). Abgeschlossen wird<br />

mit einer Empfehlung, wann eine Substitutionstherapie<br />

wieder sistiert werden<br />

kann (5). Nachfolgend ein auf Schweizer<br />

Verhältnisse angepasster Vorschlag, der<br />

die Europäischen Empfehlungen berücksichtigt<br />

[18]:<br />

1. Definition einer Infektion bei<br />

Patienten mit hämatologischen<br />

Neoplasien<br />

– schwere Infektion: erfordert eine akute<br />

intravenöse An tibiotikatherapie und<br />

geht mit einer immediaten und meist<br />

verlängerten Hospitalisation oder gar<br />

der <strong>No</strong>twendigkeit einer intensivmedizinischen<br />

Behandlung einher<br />

– rezidivierende Infektionen: wiederholte<br />

Infektionen, mindestens dreimal pro<br />

Jahr trotz adäquater antimikrobieller<br />

Prophylaxe<br />

– persistierende Infektion: keine Verbesserung<br />

trotz Breitband-Antibiotika oder –<br />

nach erfolgter Keimidentifika tion und<br />

Resistenzbestimmung – gerichteter adäquater<br />

Antibiotikatherapie<br />

2. Zu welchem Zeitpunkt sollten die<br />

Gammaglobulin-Spiegel gemessen<br />

werden und was genau muss<br />

gemessen werden?<br />

– vor dem Start einer Anti-Tumor-Therapie<br />

(z. B. Immuno[chemo]-Therapie,<br />

Stammzelltransplantation, zelluläre<br />

Therapie)<br />

– bei pädiatrischen Patienten ist es wichtig,<br />

die Werte gemäss der altersspezifischen<br />

<strong>No</strong>rmwerten zu interpretieren<br />

– die Autoren empfehlen eine regelmässige<br />

Kontrolle (alle acht bis zwölf Wochen),<br />

auch unter Substitution (Talspiegel)<br />

– die Messung sollte eine Bestimmung<br />

der Isotypen IgG, IgM und IgA beinhalten;<br />

bei Patienten mit / nach Behandlung<br />

eines Multiplen Myeloms ist eine<br />

regelmässige Immunfixation und Bestimmung<br />

der leichten Ketten im Serum<br />

sinnvoll<br />

vsao /<strong>asmac</strong> <strong>Journal</strong> 6/23 47

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